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Fast ohne Spuren

Die Klassische Arch?ologin Margarete Bieber wirkte am Winckelmann-Institut. Am 6. Februar wurde ihr Portr?t in der Bibliothek enthüllt


Die Handschrift aus den Inventarbüchern
der Bibliothek ist eines der wenigen
Indizien, dass Bieber am Institut wirkte.
Foto: Antonia Wei?e, Winckelmann-Institut

Eine Frau spielte bei der Entstehung der arch?ologischen Fachbibliothek des heutigen Winckelmann-Instituts eine entscheidende, aber bis heute kaum wahrnehmbare Rolle: Margarete Bieber (1879 bis 1978). Die promovierte Klassische Arch?ologin, die am Beginn des 20. Jahrhunderts in vielen Stationen ihrer akademischen Karriere zu den ersten Frauen überhaupt geh?rte, kam sp?testens im April 1915 an das Institut. Hier lehrte ihr Doktorvater, der aus Bonn nach Berlin berufene Georg Loeschcke. Allerdings erhielt Margarete Bieber keine offizielle Anstellung als Mitarbeiterin, sondern füllte lediglich die Lücke, die aufgrund von Milit?rdienst im Ersten Weltkrieg im durchweg m?nnlichen Personal des damaligen Arch?ologischen Seminars entstanden war. Sie verzichtete sogar auf ein Vertretungsgehalt, da sie durch das v?terliche Verm?gen finanziell abgesichert war. Margarete Bieber hat deshalb in den Personalakten der Universit?t keinerlei Spuren hinterlassen. Dennoch ist sie greifbar: Ihre Handschrift in den originalen Inventarbüchern der Bibliothek und der Sammlung ist ein klares Indiz für ihre Anwesenheit, ihre intensive Mitarbeit und ihr pers?nliches Engagement in einer Zeit, in der sich das heutige Winckelmann-Institut zu einer der weltweit führenden universit?ren Einrichtungen für Klassische Arch?ologie etablierte.

Der damalige Ordinarius Georg Loeschcke, auf dessen Berufungsverhandlungen das heutige Raumensemble des Winckelmann-Instituts zurückzuführen ist, verstarb jedoch im November 1915 und erlebte die Fertigstellung von Bibliothek und Sammlung nicht mehr. Margarete Bieber übernahm die Seminargesch?fte in Lehre und Verwaltung, weiterhin ohne offizielle Anstellung. Im Sommer 1916 musste sie jedoch ihre T?tigkeiten auf Wunsch des neuen Ordinarius, Ferdinand Noack, aufgeben.

Ruth Tesmar
Die Künstlerin?Ruth Tesmar enthüllt das Portr?t.
Foto: Martin Ibold

Dennoch ging Margarete Bieber ihren Weg unbeirrt weiter: Nach einer Habilitation an der Universit?t Gie?en wurde sie dort im Jahr 1931 als erste Frau in Deutschland zur planm??igen au?erordentlichen Professorin ernannt. Dieses Glück w?hrte nur kurz, da sie als Jüdin galt und unter den Nationalsozialisten bereits 1933 in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wurde. Mit Hilfe eines internationalen Netzwerks konnte sie emigrieren und in den USA eine ?zweite“ Karriere beginnen. Sowohl vor als auch nach ihrer erzwungenen Auswanderung widmete sie sich einem breiten Forschungsfeld im Bereich der antiken Ikonographie und Skulptur sowie des antiken Theaters. Margarete Bieber verk?rpert damit eine bedeutende wie auch charakteristische akademische Laufbahn im frühen 20. Jahrhundert, die es im Zuge der Geschichte und Zukunft des heutigen Winckelmann-Instituts zu ehren gilt.

Am 6. Februar 2019 wurde im Rahmen des Jubil?ums ein Portr?t Margarete Biebers von der Künstlerin Ruth Tesmar in der Bibliothek feierlich enthüllt.

Autorin: Agnes Henning