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Wissenschaft braucht Freiheit
Eine Kooperation der Freien Universit?t Berlin, der Humboldt-Universit?t zu Berlin und des Exzellenzclusters SCRIPTS
Freiheit ist das Fundament wissenschaftlicher Arbeit. Ohne sie gibt es keine unabh?ngige Forschung, keine kontroverse Debatte, keinen gesellschaftlichen Fortschritt. Doch genau diese Freiheit ger?t zunehmend unter Druck ¨C weltweit und auch hierzulande. Politische Einflussnahme, Forderungen nach der Absage unliebsamer ½ð±´ÆåÅÆ, internationale Spannungen und ethische Konfliktlinien stellen Wissenschaftler*innen und ½ð±´ÆåÅÆn vor wachsende Herausforderungen.
Die Geschichte unserer beiden Universit?ten ist eng mit Fragen von Demokratie, Verantwortung und internationaler Zusammenarbeit verkn¨¹pft ¨C und macht das Thema Wissenschaftsfreiheit f¨¹r unsere akademischen Gemeinschaften besonders relevant. Die Freie Universit?t Berlin wurde 1948 von Professoren und Studierenden gegr¨¹ndet ¨C als Antwort auf die Verfolgung systemkritischer Studierender an der Universit?t Unter den Linden im damaligen sowjetischen Sektor des geteilten Berlins. Seit ihrer Gr¨¹ndung versteht sich die Freie Universit?t als Ort des offenen Austauschs und der kritischen Reflexion. Die Humboldt-Universit?t zu Berlin ¨C 1809 als Friedrich-Wilhelms-Universit?t und 1949 in Humboldt-Universit?t umbenannt wurde mit dem Anspruch gegr¨¹ndet, Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung zu denken ¨C und als gestaltende Kraft f¨¹r die Zukunft zu wirken.
(Gr¨¹ndungs-)Geschichte verpflichtet ¨C gerade heute, in einer Zeit, in der Wissenschaftsfreiheit unter Druck ger?t: durch politische Erwartungen, durch Debatten ¨¹ber sogenannte ?Cancel Culture¡°, durch internationale Abh?ngigkeiten oder wirtschaftlichen Einfluss.?Mit dem gemeinsamen ½ð±´ÆåÅÆschwerpunkt ?Wissenschaftsfreiheit¡° wollen wir informieren, sensibilisieren und den Diskurs st?rken. Was bedeutet Wissenschaftsfreiheit heute ¨C individuell wie institutionell? Wo liegen ihre Grenzen, wo wird sie bedroht? Und welche Verantwortung tr?gt die Wissenschaft selbst?
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?In Deutschland ist die Wissenschafts- und Forschungsfreiheit im Grundgesetz verankert und als Grundrecht gesch¨¹tzt. Sie kennt keine Grenzen au?er den fundamentalen Verfassungswerten. Wie wichtig das ist, sehen wir an den aktuellen Entwicklungen in den USA und andernorts. Wer Gesellschaft und Wirtschaft durch Forschung und neue Erkenntnisse voranbringen will, muss frei arbeiten k?nnen. Die Freiheit der Wissenschaft und die fundamentalen Werte der Verfassung sind hohe G¨¹ter, f¨¹r die wir an der Humboldt-Universit?t einstehen und die wir verteidigen.¡°
Julia von Blumenthal, Pr?sidentin der Humboldt-Universitat zu Berlin
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Im laufenden Sommersemester geben wir Einblicke in aktuelle Debatten, beleuchten rechtliche, politische und ethische Dimensionen und bieten Wissenschaftler*innen beider Universit?ten eine Plattform, um ihre fachlichen Perspektiven, ihre Expertise, sichtbar zu machen. Mit dem Ziel: Wissenschaftsfreiheit greifbar zu machen ¨C f¨¹r Forschende, Studierende, f¨¹r alle, die Wissenschaft mit gestalten wollen. Freie Universit?t und Humboldt-Universit?t stehen f¨¹r ein starkes, offenes Wissenschaftssystem, das auf Autonomie, Verantwortung und kritischen Diskurs baut.?
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?Gesellschaften entwickeln sich am st?rksten und sind am leistungsf?higsten, wenn Menschen ihre M?glichkeiten und Talente frei, unabh?ngig und reflektiert entfalten k?nnen. Die Basis daf¨¹r ist. dass ihnen unabh?ngige ½ð±´ÆåÅÆ und breite wissenschaftliche Expertise zur Verf¨¹gung stehen. Wissenschaftsfreiheit ist deshalb eine Grundvoraussetzung f¨¹r innovatives, selbstwirksames Miteinander - und f¨¹r die Demokratie.¡°
G¨¹nter M. Ziegler, Pr?sident der Freien Universit?t Berlin
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Wissenschaftsfreiheit ist kein Privileg. Sie ist ¨C wie sich weltweit beobachten l?sst ¨C auch keine Selbstverst?ndlichkeit. Sie ist aber die Voraussetzung daf¨¹r, dass Universit?ten bleiben, was sie sein sollen: Orte der Erkenntnis, der Innovation ¨C und des Widerspruchs. Nur eine freie Wissenschaft kann die gro?en Fragen unserer Zeit beantworten.
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Zum? ½ð±´ÆåÅÆschwerpunkt ?Wissenschaft braucht Freiheit¡° der
Freien Universit?t Berlin
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Die Academic Freedom Week 2025 an der HU Berlin stellte die weltweite Bedrohung der Wissenschaftsfreiheit in den Fokus. Mit internationalen G?sten und gef?hrdeten Forschenden setzte die Universit?t ein starkes Zeichen f¨¹r Solidarit?t, Werte und Verantwortung.
Zum Gru?wort von HU-Pr?sidentin Julia von Blumenthal (auf Englisch)
Deutschlandfunk-Podcast Kulturfragen: Ist die Wissenschaftsfreiheit in Gefahr?
Angesichts des Gaza-Kriegs wurden Unis besetzt, antisemitische Parolen geschmiert und kontroverse ½ð±´ÆåÅÆ abgesagt. Ist die Wissenschaftsfreiheit in Gefahr? Diese Frage diskutierten im Podcast Kulturfragen des Deutschlandfunks zum Thema ?Lehre und Demokratie ¨C Krise der Wissenschaftsfreiheit¡° am 23. M?rz 2025 die Pr?sident*innen der Humboldt-Universit?t Berlin und der Freien Universit?t Berlin mit dem Moderator Dr. Sebastian Engelbrecht.
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Die Wissenschaftsfreiheit sch¨¹tzt nicht nur einzelne Forschende, sondern auch ½ð±´ÆåÅÆn. Trotz staatlicher Finanzierung sichert Art. 5 Abs. 3 GG ihre Autonomie in Forschung und Lehre. Politische Einflussnahme bleibt eine Gefahr ¨C Selbstverwaltung, Rechtsschutz und Solidarit?t sind gefragt.
Zum Artikel von Prof. Christoph M?llers
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Wissenschafts- in Abgrenzung zu Meinungsfreiheit: Der berufsethische Leitfaden der Humboldt-Universit?t bietet Orientierung. Die Meinung von Wissenschaftler*innen zu aktuellen ½ð±´ÆåÅÆ ist mehr denn je gefragt. Die Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU) bietet als ?ffentliche Institution Raum f¨¹r Diskurs und Debatte. Dabei kann insbesondere bei konfliktbeladenen ½ð±´ÆåÅÆ ein Spannungsfeld von Wissenschaft und ?ffentlichkeit bzw. von Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit entstehen.
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Innovative Projekte: Wie Berliner Forschung B¨¹rger*innen f¨¹r die Zukunft begeistert
Ob Klimawandel, Kreislaufwirtschaft oder urbane Emotionen ¨C die Berlin University Alliance vernetzt B¨¹rger*innen und Wissenschaftler*innen. In spannenden Formaten wie ?Flussgeschichten¡° oder ?Trash Games¡° gestalten sie gemeinsam L?sungen f¨¹r die Herausforderungen der Zukunft.
Was macht es mit Berlin und den Berliner*innen, wenn das Wasser der Spree in Zukunft immer knapper wird? Wie werden sich Landschaft und Leben im Spreewald durch den Klimawandel ver?ndern? F¨¹r das Projekt ?Flussgeschichten¡° lie?en Wissenschaftler*innen Menschen Textnachrichten und Briefe an die Spree schreiben??Lass mich dir erz?hlen, was deine Ver?nderungen in mir ausl?sen und wie es w?re,wenn du nicht mehr da w?rst.¡° Das war eine der Anregungen, die sie den Briefeschreiber*innen mitgegeben haben. Deren Gedanken und Denkanst??e haben Kulturanthropolog*innen dann analysiert. ?Flussgeschichten¡° ist ein Projekt des Experimentallabors AnthropoScenes, das sich auch mit Installationen oder Theater bisher wenig erreichten Zielgruppen n?hert. ?Wir konnten sehen: Da drau?en ist eine besorgte ?ffentlichkeit, die sich ¨¹ber den Klimawandel austauschen und ¨¹ber ,wicked problems' nachdenken will, also ¨¹ber vielschichtige, schwer l?sbare Herausforderungen¡°, sagt Pauline M¨¹nch. Sie ist Forscherin am Integrative Research Institute IRI THESys der Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU).
Im November ist Pauline M¨¹nch vom ?Tagesspiegel¡° zu den 100 wichtigsten K?pfen der Berliner Wissenschaft 2024 gek¨¹rt worden ¨C vor allem wegen des ?Flussgeschichten¡°-Projekts der Berlin University Alliance. Das ist nur eines von sechs erfolgreichen Austauschformaten f¨¹r Wissenschaftskommunikation, das die BUA in den letzten Jahren gef?rdert hat. Sie alle fanden innovative Wege, B¨¹rger*innen f¨¹r ihre Forschungsthemen zu interessieren, sich auszutauschen oder zu kollaborieren.
Spannende Projekte der BUA f¨¹r Studierende und Sch¨¹ler*innen
Die Bedeutung von Mathematik f¨¹r die Gesellschaft war in der Corona-Pandemie erstmals vielen Menschen ins Bewusstsein gedrungen. Das Schule@DecisionTheatreLab wendet sich mit seinem spannenden Projekt an Sch¨¹ler*innen. In Workshops k?nnen sie erste Erfahrungen mit mathematischer Modellierung machen. Sie erstellen spekulative Szenarien f¨¹r gesellschaftliche Herausforderungen wie eine sich ausbreitende Infektionskrankheit, Big Data oder umweltschonende Mobilit?t. Dann diskutieren sie und beschlie?en politische Ma?nahmen. Deren m?gliche Folgen k?nnen sie dann in einer interaktiven Darstellung anschauen.
In den von der BUA unterst¨¹tzen Formaten gewannen die Forscher*innen auch neue Einsichten zu ihrem Selbstverst?ndnis. Zum Beispiel bei ?Sci.com¡°. ?Nach dem Projekt identifizierten sich die Studierenden noch mehr mit ihrem Fach und mit ihrer Uni¡°, erkl?rt Tobias Schubert, Physiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Technischen Universit?t (TU). ?Viele Studis haben berichtet, sie hatten super viel Spa? und es war ein Schl¨¹sselerlebnis f¨¹r sie, mit Leuten zu reden, die nichts mit ihrem Fach zu tun haben.¡° Der Austausch und die Dialogerfahrung mit ihren Zielgruppen habe sie befl¨¹gelt. ?Einige sagten auch, man k?nne noch sie viel Theorie kennen, die Praxis habe sie noch ein entscheidendes?St¨¹ck weitergebracht.¡° Eines ihrer Projekte ist eine Murmelbahn, die sie auf ½ð±´ÆåÅÆ und Festivals aufgestellt haben. Die Besucher*innen bestimmen den Weg der Murmel, indem sie bei jeder Weggabelung eine Frage beantworten: Wird die KI-Zukunft toll oder b?se? Lieber Hands-on oder Zuschauen? ?Das war viel spannender f¨¹r die Leute als Frageb?gen auszuf¨¹llen.¡°
Auch die Forscher von ?Trash Games¡° haben die B¨¹rger*innen in die Rolle von Entscheider*innen versetzt, mit dem Kartenspiel ?Waste What?. ?Wir hatten uns ¨¹berlegt: Wie k?nnen wir die Mechanismen der Kreislaufwirtschaft begreifbar und erlebbar machen?¡°, sagt Johannes Scholz, Umweltingenieur an der TU. Die Spieler leiten eine M¨¹llverbrennungsanlage, ein Gebrauchtwarenkaufhaus, einen Second-Hand-Laden oder ein Repaircaf¨¦. ?Berlin wird von einer Welle von M¨¹ll ¨¹berrollt, allein 650.000 Tonnen Haushaltsabf?lle m¨¹ssen pro Jahr entsorgt werden¡°, sagt Scholz, ?das m¨¹ssen die Spieler schaffen¡°. In Teamarbeit versuchen sie, Dinge wie ein paar Kisten??pfel, ein abgelegtes Kleid oder ein altes Fahrrad zu reparieren, zu?spenden oder weiterverkaufen.
Emotionale und lebenswerte St?dte der Zukunft
Um die Frage, wie ein ges¨¹nderes Berlin aussehen soll, geht es im Citizen-Science-Projekt ?Deine emotionale Stadt¡°. Das Interdisziplin?re Team von Charit¨¦, HU, TU und Futurium wollte wissen, wie sich unterschiedliche Punkte im st?dtischen Umfeld auf unser psychisches Wohlbefinden auswirken. Daf¨¹r hat es eine App entwickelt.??Sieben Tage lang antworten B¨¹rger*innen auf Fragen wie: Wo hast du dich in Berlin einsam gef¨¹hlt, wo verbunden, wo wohl, wo gestresst?¡°, sagt HU-Forscherin Sephira Kolbe, Psychologin und Koordinatorin des Projekts. Parallel dazu werden ihre GPS-Daten erhoben. ?Die Teilnehmer*innen werden so selbst zu Stadt- und Emotionsforscher*innen, sie beforschen sich selbst und ihre Gef¨¹hlswelt in ihrer Umgebung.¡°
Wie die lebenswerte Stadt der Zukunft aussehen soll, ergr¨¹ndet auch ?Collactive Materials¡°, zusammen mit B¨¹rger*innen in kostenlosen Workshops im Futurium. Sie ¨¹berlegen, wie aktive intelligente Materialien wie Holz oder Luft in m?glichen Zukunftsszenarien eingesetzt werden k?nnten und bauen Modelle. ?Uns war ein niedrigschwelliges Angebot wichtig, denn alle haben ja Alltagserfahrungen mit diesen Stoffen¡°, sagt L¨¦a Perraudin. Projektleiterin am Exzellenzcluster ?Matters of Activity¡° der Humboldt-Universit?t. In einem der Workshops haben sich die Teilnehmer*innen sandfarbene Pilzkulturen in Petrischalen angeschaut. ?Das sind Netzwerkstrukturen, die sich gegenseitig versorgen, wie eine Stadt. Pilze haben eine bestimmte Art zu wachsen, zu kommunizieren, sich zu vernetzen. Das war ein sehr inspirierendes Material, um Fragen der F¨¹rsorge und der Kooperation auf urbane Strukturen zu ¨¹bertragen¡°, sagt die Medientheoretikerin. Wie?in allen der von der Berlin University Alliance gef?rderten Austauschformate auch: Hier lernen Forscher*innen und B¨¹rger*innen voneinander beim gemeinsamen Entwickeln von Ideen f¨¹r Herausforderungen?der Zukunft.
Aufgezeichnet von Vera G?rgen.
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OPEN HUMBOLDT
OPEN HUMBOLDT ist eine Initiative der Humboldt-Universit?t, um den Austausch zwischen Wissenschaft und Zivilgesellschaft zu f?rdern. Dazu z?hlen in Berlin das Humboldt Labor und das Tieranatomische Theater, aber auch zahlreiche digitale Angebote.
Innovative Kommunikations- und Austauschformate sowie?die Fokussierung auf?multidirektionalen Austausch sollen den Dialog zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Kultur intensivieren und verstetigen. Durch Einbindung von und Austausch mit diversen gesellschaftlichen Akteuren soll transdisziplin?re Forschung so langfristig auf ein neues Level gehoben werden.
Mit innovativen, neuen Austauschformaten will ?die Humboldt¡° nun neue Akzente in diesem fortw?hrenden ?ffnungsprozess setzen. Dabei versteht sich OPEN HUMBOLDT auch als ein Experiment: Wie kann dieser so wichtige Austausch mit der Gesellschaft gelingen? Wer sucht mit unseren Forschenden den Dialog? Welche neuen Formate und Kan?le der ?ffnung finden den Weg aus dem Elfenbeinturm?
Weitere ½ð±´ÆåÅÆ
Gut vernetzt und mit klaren Zielen
Das an der HU entwickelte ?Leadership-Programm f¨¹r Professorinnen¡° unterst¨¹tzt seit mehr als zehn Jahren Frauen, zun?chst an der HU, seit 2019 an der Berlin University Alliance

Prof. Dr. Aileen Edele,
Foto: Stefan Klenke
F¨¹r sie kam die F?rderung gerade rechtzeitig vor einem wichtigen Karriereschritt. Aileen Edele ist eine von zw?lf Professorinnen der Berlin University Alliance (BUA), die gerade das ?Leadership-Programm f¨¹r Professorinnen¡° durchlaufen haben. Die Professorin f¨¹r Lehr-Lernforschung war bislang am Institut f¨¹r Erziehungswissenschaften der HU und am Berliner Institut f¨¹r Integrations- und Migrationsforschung (BIM) t?tig. Anfang 2025 ¨¹bernimmt sie dessen Leitung.
Das Programm sei dringend n?tig, um sich f¨¹r F¨¹hrungsaufgaben an der Universit?t zu qualifizieren, sagt die Wissenschaftlerin, die zum Lernen an? Schulen forscht, in denen Menschen aus verschiedenen Herkunftskulturen zusammenkommen. ?In der Wirtschaft und in NGOs ist diese F?rderung selbstverst?ndlich, aber die Uni sieht das strukturell nicht vor.¡° Um diese L¨¹cke zu f¨¹llen, hat Ursula Fuhrich-Grubert das Programm 2012 an der Humboldt-Universit?t entwickelt. Denn wer neu auf eine Professur berufen wird, bringe nur einen Teil der n?tigen Kenntnisse mit. ?Er oder sie hat gelernt, Forschungsmittel einzuwerben, zu forschen und zu lehren¡°, erkl?rt die zentrale Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte der HU. ?Professor*innen werden in diese Situation geworfen und m¨¹ssen damit klarkommen, wenn es im Team zum Beispiel Konflikte gibt.¡°
Workshops zu F¨¹hrungskompetenz und Networking
In der Anfangszeit f?rderte das Programm jedes Jahr f¨¹nf Professorinnen. Seit dem Zusammenschluss von FU, HU, TU und Charit¨¦-Universit?tsmedizin zur BUA sind es jedes Jahr zw?lf Frauen ¨C drei pro Standort. Auch um nicht miteinander zu konkurrieren, unterscheiden sie sich im Alter und in der Fachrichtung. Und werden in zwei Gruppen aufgeteilt: ?Die Idee war und ist bis heute, dass sie sich in einer kleinen Gruppe regelm??ig ¨¹ber ein Jahr hinweg mit dem Thema F¨¹hrung in der Wissenschaft besch?ftigen¡°, betont Fuhrich-Grubert, die an der HU seit kurzem auch das ?Zentrum Chancengerechtigkeit¡° leitet und zudem im Vorstand der ?Berlin Leadership Academy¡° sitzt.
Zu Beginn wird der F¨¹hrungsstil jeder Teilnehmerin analysiert, wobei auch die Wahrnehmung ihrer Mitarbeitenden einflie?t. In sechs ¨¹ber das Jahr verteilten eint?gigen Workshops besch?ftigen sie sich mit den ½ð±´ÆåÅÆ F¨¹hrungsverst?ndnis, Rollenkl?rung und Hochschulkultur, Kommunikation, Teamarbeit sowie Au?enwirkung. Am Ende reflektieren sie in f¨¹nf Einzelcoachings ihre pers?nlichen Ziele.
Networking bildet dabei das Querschnittsthema. Auf vier gro?en ½ð±´ÆåÅÆ k?nnen sich die Professorinnen mit Ehreng?sten, ehemaligen Teilnehmerinnen und Frauen aus Politik und Wirtschaft vernetzen. ?Mir ist wichtig, dass diese ½ð±´ÆåÅÆ in einem sch?nen Rahmen, an exklusiven Orten mit Dinner stattfinden¡°, betont Frauenbeauftragte Fuhrich-Grubert: ?Die Professorinnen sollen sich dadurch gewertsch?tzt f¨¹hlen, denn ein Dankesch?n bekommen sie in ihrem beruflichen Alltag eher selten zu h?ren.¡°
Au?erdem sei ein weitverzweigtes, interdisziplin?res Netzwerk die Grundvoraussetzung, um erfolgreich f¨¹hren und zuk¨¹nftig mit anderen kooperieren zu k?nnen. Denn Ursula Fuhrich-Grubert m?chte mit dem Leadership-Wissenschaft-Programm, das sich an Abteilungsleiterinnen und Gesch?ftsf¨¹hrerinnen der BUA-Verwaltung richtet, einen h?heren Frauen-Anteil auf Spitzenpositionen erreichen. Bislang ist ein Drittel der Professorenschaft an der BUA weiblich. Auf der Pr?sidial-Ebene seien es im bundesweiten Durchschnitt etwa genauso viel Frauen.?
?Es ist eine Illusion zu glauben, dass man alles ¨¹bernehmen kann¡°

Ursula Fuhrich-Grubert das Leadership-Programm 2012 an der
Humboldt-Universit?t entwickelt.
Foto: Barbara Herrenkind
Das Interesse an den beiden F?rderprogrammen sei gro?. ?Das Leadership-Programm f¨¹r Professorinnen hat regelm??ig dreimal so viel Bewerbungen wie Pl?tze¡°, so Fuhrich-Grubert. ?Das spricht schon B?nde.¡° Tats?chlich entst¨¹nden infolge der Vernetzung nicht nur interdisziplin?re Forschungsvorhaben ¨C Fr¨¹here Teilnehmerinnen haben sp?ter Positionen wie Dekanin, Vizepr?sidentin und Pr?sidentin ¨¹bernommen und sind weiterhin in diesen Funktionen t?tig. Aileen Edele bemerkt bereits jetzt eine positive Auswirkung. Ihre Haltung zu den vielen Aufgaben als Professorin habe sich ver?ndert: ?Mir ist klar geworden, dass wir uns in jedem Karriereabschnitt entscheiden m¨¹ssen, wo unsere Priorit?ten liegen. Es ist eine Illusion zu glauben, dass man alle Aufgaben ¨¹bernehmen und gut machen kann.¡° Nein zu sagen und dies nicht begr¨¹nden zu m¨¹ssen, sei kein Zeichen von Schw?che, sondern k?nne von St?rke zeugen: ?Das haben wir ge¨¹bt.¡°
Auch das pers?nliche Coaching habe ihr dabei geholfen, ihre Aufgaben als Forschende, Lehrende und Vorgesetzte zu kl?ren. ?Es gibt unterschiedliche Arten, die Rolle als Professorin auszu¨¹ben. Manche haben eine sehr enge Expertise, manche sind eher Generalistinnen¡°, betont sie. Beides k?nne richtig sein. ?Ich bin eher Generalistin und mache gerne mal etwas Neues. Und das ist kein Nachteil.¡°
Offener Austausch untereinander ein ?Riesengewinn¡°
Nicht zuletzt wird auch der Umgang mit Konflikten und Machtstrukturen in der Universit?t trainiert. ?Wir sind es gew?hnt, auf der sachlichen Ebene zu agieren¡°, stellt Edele fest. H?ufig w¨¹rden sich hinter dem Austausch von Argumenten aber Machtkonflikte verbergen. ?Es ist wichtig zu erkennen, worum es eigentlich geht, um angemessen zu reagieren.¡° Insbesondere in den MINT-F?chern mit geringem Frauenanteil unter den Lehrenden werde Macht manchmal subtil ausge¨¹bt, erg?nzt Frauenbeauftragte Fuhrich-Grubert und nennt ein Beispiel: ?Wie gehe ich damit um, wenn mein Kommentar einfach ¨¹bergangen wird? Spreche ich das an? Wie spreche ich das an?¡°
Als besonders wertvoll empfindet Aileen Edele die Vernetzung mit den anderen Frauen: ?Es ist ein Riesengewinn, dass wir uns sehr offen und vertrauensvoll miteinander austauschen k?nnen. Uns besch?ftigen ?hnliche ½ð±´ÆåÅÆ und Herausforderungen.¡° Das sei hier besonders gut m?glich, ?weil wir unabh?ngig voneinander sind, neutral und ohne Eigeninteressen kommunizieren k?nnen.¡° Die M?glichkeit dazu gibt es nicht nur bei den eint?gigen Weiterbildungen, sondern auch mal bei einem Mittagessen. ?Und auch nach dem Endes des Programms im Dezember wollen wir uns regelm??ig treffen, austauschen und supporten.¡°
?Autorin:?Isabel Fannrich-Lautenschl?ger
F?rdern, st?rken vernetzen
Vom Schreibworkshop f¨¹r Promovierende bis zum Leadership-Program f¨¹r Professorinnen: Die BUA f?rdert Karrieren im Wissenschaftsbereich mit ganz unterschiedlichen Angeboten

Was kann ich f¨¹r meine psychische St?rke in herausfordernden Phasen der Promotion tun? Wie f¨¹hre ich mein Team erfolgreich und gleichzeitig wertsch?tzend? Und wie stelle ich mir meine berufliche Zukunft ¨¹berhaupt vor? Ob Doktorand*in, Postdoc oder Professor*in ¨C jede Stufe der wissenschaftlichen Karriere bringt eigene Herausforderungen mit sich. Die Berlin University hat die jeweiligen Bed¨¹rfnisse im Blick und unterst¨¹tzt die berufliche und pers?nliche Weiterentwicklung in der Forschung und im Wissenschaftsmanagement mit ma?geschneiderten Programmen. Egal, ob es darum geht, die richtigen Worte f¨¹r die Dissertation zu finden oder die passenden ¨C manchmal unerwarteten ¨C Entscheidungen f¨¹r die eigene Karriere zu treffen. Der berufliche Erfolg ist dabei ebenso wichtig wie Zufriedenheit und mentale Gesundheit. In der Rubrik ?Einblick¡° zeigen zwei Beispiele, wie die angebotenen Programme dabei helfen, wichtige Ziele zu erreichen und Lebensqualit?t und Karriere miteinander zu verbinden.
Mehr ½ð±´ÆåÅÆ
?Es gibt kaum einen Bereich unseres Lebens, der nicht gamifiziert ist¡°
In virtuellen Welten f¨¹hlt sich Christian Stein zuhause, ein VR-Headset ist sein wichtiges t?gliches Arbeitsmittel. Warum das so ist und was er damit macht, erz?hlt er in der f¨¹nften Folge unserer Reihe ?Die BUA und ich ¨C Protokolle aus dem Exzellenzverbund¡°.
?Die BUA und ich¡° ¨C Folge 5 mit Dr. Christian Stein, Exzellenzcluster Matters of Activity
In das Innere von Wolken und Steinen reisen oder eine Schulklasse in Kenia besuchen ¨C das und noch viel mehr ist ganz einfach ¨¹ber ein VR-Headset m?glich. Dr. Christian Stein entwickelt am Exzellenzcluster Matters of Activity die virtuellen Umgebungen f¨¹r diese digitalen Ausfl¨¹ge. Er erforscht, wie Nutzer*innen damit interagieren und wie Gamification dabei hilft, Wissen auf neue Weise zu vermitteln.

Dr. Christian Stein erforscht im Exzellenzcluster
?Matters of Activity¡°, wie mit Virtual Reality Wissen
vermittelt werden kann.?Foto: Stefan Klenke
Ich habe Germanistik und Informatik studiert, in den Literaturwissenschaften promoviert und bin gerade im Endspurt meiner Habilitation in der Kulturwissenschaft. Damit bin ich so etwas wie ein interdisziplin?res Mischwesen. Es gibt aber ein Thema, das mich fach¨¹bergreifend seit vielen Jahren fasziniert: das Spielen. Spielen ist f¨¹r mich die wichtigste Kulturtechnik des Menschen. Wir alle spielen zu fast jeder Zeit ¨C auch wenn wir es oft gar nicht erkennen. Spielen kann Wissen vermitteln und erzeugen. Spiele erreichen und ber¨¹hren uns intensiver als Musik, Texte oder Filme. Und es gibt kaum einen Bereich unseres Lebens, der nicht gamifiziert ist.
Im Exzellenzcluster Matters of Activity arbeite ich im Projekt ?Object Space Agency¡°, in dem es um spielerische Formate des Wissensaustauschs zwischen Forschung und Gesellschaft geht. Wir entwickeln innovative Ausstellungsformate, die nicht nur Ergebnisse pr?sentieren, sondern das Forschen selbst in die Ausstellung hineinbringen. Nat¨¹rlich nehmen Elemente und Prinzipien aus dem Spiel dabei eine gro?e Rolle ein. Uns besch?ftigt die Frage, welche Ankn¨¹pfungspunkte f¨¹r gesellschaftliche Debatten die Wissenschaft bietet, wie Besucher*innen sich mithilfe von neuen Konzepten der Wissensvermittlung an der Forschung beteiligen k?nnen. Wir wollen zeigen: Wissenschaft ist eine Geisteshaltung, zu der auch Zweifeln, Irren, Scheitern und Nichtwissen geh?ren. Damit k?nnen wir in eine andere Art des Dialogs eintreten, der f¨¹r unsere Gesellschaft ganz wichtig ist.
Mit VR mittendrin im Geschehen
Das VR-Headset ist f¨¹r mich ein wichtiges t?gliches Werkzeug. Mit Virtual Reality erweitern wir den physischen Raum und bauen einen virtuellen Raum mit ganz neuen M?glichkeiten auf. Wir k?nnen Dinge haushoch zeigen, die eigentlich unvorstellbar klein sind. Oder sehr langsam ablaufende Prozesse wie die Verwitterung von Gestein so beschleunigen, dass Jahrhunderte innerhalb weniger Sekunden ablaufen und somit von Menschen beobachtet werden k?nnen. Ich kann sogar die Gr??e eines Wassermolek¨¹ls einnehmen und mich in eine Wolke katapultieren, um sie von innen zu betrachten. Oder in einen Stein. Alles ist m?glich.
Menschen sind r?umliche Wesen und verstehen die Welt sehr stark ¨¹ber die Raumwahrnehmung. Das gilt auch f¨¹r abstrakte Konzepte. Das VR-Headset ist wie ein r?umlicher Computer, in den ich eintauchen kann und der ganz neue Lerneffekte erzeugt. Um solche virtuellen R?ume zu erschaffen, arbeiten wir mit sogenannten Game Engines ¨C das sind Entwicklungsumgebungen, die die notwendigen technologischen Grundlagen f¨¹r dreidimensionale R?ume liefern. Mit diesen Anwendungen kann man quasi alles programmieren und r?umlich gestalten, was man sich vorstellen kann.
In einer VR-Umgebung sitzt man nicht vor einem Bildschirm, sondern man befindet sich mittendrin im Geschehen. Das ver?ndert die M?glichkeiten von Interaktionen radikal. In der VR kann ich mit meinem Kopf in verschiedene Richtungen blicken, mit den H?nden greifen, werfen oder tasten und so mit verschiedenen Objekten interagieren. In diesem Setting erforsche ich, an welchen Stellen die Nutzer*innen durch dieses neue Medium neugieriger werden und mehr ¨¹ber die vorgestellten ½ð±´ÆåÅÆ wissen wollen. Wie k?nnen wir die Umgebungen so gestalten, dass sie diese Neugier f?rdern und Interesse wecken und verst?rken? Wo liegt der Mehrwert gegen¨¹ber bisherigen Formaten der Wissensvermittlung?
Das Digitale und das Materielle verbinden
Eine unserer Ausstellungen haben wir k¨¹rzlich in Buenos Aires gezeigt und dabei eng mit einer K¨¹nstlerin zusammengearbeitet. Die Besucher*innen konnten an einer virtuellen Reise teilnehmen und mit einem Fahrstuhl auf sechs verschiedene Etagen fahren. Jede Etage zeigte verschiedene aktive Materialien: eine digitale Abbildung von Bimsstein aus realen Daten eines CT-Scans, Gestein, das gerade verwittert und dabei an Echtzeitdaten des Wetters in Berlin gekoppelt ist oder Wolkenstrukturen, die unglaublich formenvielf?ltig sind und sich je nach Temperatur und Luftbewegungen ver?ndern. Wir haben mit einer Vernebelungsmaschine und Ventilatoren sogar echte Wolken erzeugt.
Dabei wurde mit Sensoren gemessen, wie sich die Personen in der VR-Umgebung bewegten. Aus diesen Bewegungsdaten erschuf die K¨¹nstlerin mit F?den live eine netzartige, gewobene Struktur. Damit entstand eine Verbindung zwischen dem Digitalen und dem Materiellen. Nach zwei Wochen hatten wir lange Warteschlangen, die bis vor das Museum reichten. Viele Menschen wollten an dieser Performance teilnehmen. Offenbar haben zahlreiche Besucherinnen und Besucher von ihrer Erfahrung erz?hlt und andere Menschen daf¨¹r begeistert.
In dieser Ausstellung entstanden zahlreiche spannende Gespr?che zwischen den Besuchenden, den Kurator*innen und der K¨¹nstlerin. Was bedeutet eigentlich aktive Materie? Wie sehen wir die Welt um uns herum? Wie sehen wir uns selbst? In unserer kulturell tief verwurzelten Perspektive ist das Leben aktiv, die Materie dagegen leblos und passiv. Im Exzellenzcluster Matters of Activity verschieben wir diese Perspektive und fragen, welche Eigenaktivit?t Materie besitzt und wie sie unsere Welt gestaltet. Damit verschwimmen die wahrgenommenen Grenzen zwischen lebendig und nicht lebendig.
Virtuelle Formate f¨¹r den Unterricht

Eine Schulstunde in Kenia erleben oder als Wassermolek¨¹l mit den Wolken
reisen? Mit einem VR-Headset und der passenden VR-Umgebung ist das
m?glich.?Foto: Stefan Klenke
Eine unserer erfolgreichsten VR-Anwendung haben wir gemeinsam mit dem Verein ?Wasser f¨¹r Kenia e.V.¡° f¨¹r Schulen erarbeitet. Viele Tausende Sch¨¹lerinnen und Sch¨¹ler haben sie bereits genutzt. Wenn die Sch¨¹ler*innen die Headsets aufsetzen, sitzen sie mit kenianischen Kindern in einer Klasse, erleben den Unterricht, lernen Wasserbauprojekte kennen, erkunden die Umgebung und erfahren, wie man vor Ort Wasser spart und speichert. Anschlie?end wird der Stoff in einer Unterrichtseinheit aufgearbeitet. F¨¹r dieses Projekt, das seit 2018 l?uft, sind drei Koffer mit Klassensets von VR-Headsets kontinuierlich im Einsatz und bleiben jeweils einige Wochen an den Schulen.
Nach dieser Unterrichtseinheit veranstalten die Schulen Sponsorenl?ufe. F¨¹r jeden Kilometer, den die Sch¨¹ler*innen laufen, zahlen die Familien einen Euro f¨¹r Wasserprojekte in Kenia. Dabei haben wir einen ¨¹berraschenden Effekt beobachtet: Wenn die Sch¨¹ler*innen vor dem Sponsorenlauf an der Unterrichtseinheit mit dem VR-Lernmaterial teilgenommen haben, liefen sie durchschnittlich doppelt so weit. Durch das immersive VR-Erlebnis waren sie viel motivierter und engagierter.
Ein ?hnliches Format entwickeln wir gerade f¨¹r eine Unterrichtseinheit zum Thema Klimawandel. Mit einer 360 Grad-Kamera machen wir daf¨¹r Aufnahmen an Schulen in Kenia, in denen holzsparende ?fen gebaut werden. Diese ?fen, mit denen das Schulessen zubereitet wird, verbrauchen nur etwa halb so viel Holz wie traditionelle ?fen und mindern damit den Aussto? von Treibhausgasen. Das Filmmaterial bauen wir in eine App ein, die f¨¹r den Unterricht an Schulen in Deutschland genutzt wird.
Versteckte Sch?tze mit interaktiven Formaten heben
Um solche Projekte zu verwirklichen, arbeiten wir mit vielen Partnerinnen und Partnern aus dem Gamedesign, der Programmierung, Anthropologie, Architektur, den Materialwissenschaften oder der Kunstgeschichte zusammen. Und es kommen nat¨¹rlich Partner*innen aus der Praxis dazu: aus Museen und Theatern, aus Schulen und Vereinen. Bei einem weiteren Projekt kooperieren wir derzeit mit Mediziner*innen aus der Charit¨¦. Hier filmen wir mit Spezialkameras neurochirurgische Operationen und entwickeln daraus Lehrmaterial. In virtuellen Umgebungen k?nnen junge Mediziner*innen damit die schwierigen Operationen ¨¹ben.
Der gesamte Kulturbereich ist eine weitere Goldmine f¨¹r interaktive Systeme. Museen haben unfassbar spannende Kultursch?tze, die aber h?ufig gar nicht mehr richtig wahrgenommen werden, oft in Archiven versteckt sind oder keine zeitgem??en Repr?sentationsformen haben und damit viele Nutzer*innen ausschlie?en. Mit neuen interaktiven Formaten k?nnen wir kulturelle Teilhabe auf ein anderes Niveau heben. Wissensvermittlung kann spannend sein und zu einem richtigen Abenteuer werden ¨C dieses Gef¨¹hl wollen wir wiedererwecken und weiterentwickeln.
Daf¨¹r sind technische Hilfsmittel hilfreich, aber gar nicht zwingend notwendig. Wichtiger ist die Perspektive auf das Spiel, das f¨¹r mich das wichtigste Medium unserer Zeit ist. Es wird unsere globale Gemeinschaft k¨¹nftig stark pr?gen und ver?ndern. Damit sind nat¨¹rlich starke kommerzielle Interessen verbunden und es haben sich m?chtige Akteure auf diesem Feld positioniert. Alle Institutionen m¨¹ssen darauf reagieren und ¨¹berzeugende Anwendungen entwickeln. Gerade deshalb sollte sich auch die Wissenschaft intensiv mit dem Medium besch?ftigen, Herausforderungen und Chancen erkennen, Orientierung bieten und beispielsweise Richtlinien f¨¹r Entwickler*innen im kulturellen Bereich erarbeiten.
Zum Exzellenzcluster Matters of Activity
Was k?nnen wir von der Natur und traditionellen Kulturtechniken lernen???Wie kann man die Eigenaktivit?t von Materialen gezielt nutzen, um nachhaltigere, widerstandsf?higere und gerechtere Herstellungs-, Produktions- und Lebensweisen zu erforschen und zu beeinflussen? Damit besch?ftigen sich Forschende aus mehr als 40 Disziplinen im Exzellenzcluster?Matters of Activity. Biologie und Technik, Geisteswissenschaften und Material, Natur und Kultur verschr?nken sich dabei auf neue Art und Weise und bringen ¨¹berraschende L?sungen hervor.
?ber die Reihe ?Die BUA und ich¡° ¨C Protokolle aus dem Exzellenzverbund
Die Humboldt-Universit?t bildet gemeinsam mit der Freien Universit?t Berlin, der Technischen Universit?t Berlin und der Charit¨¦ ¨C Universit?tsmedizin Berlin den Exzellenzverbund Berlin University Alliance (BUA). In der Reihe ?Die BUA und ich¡° berichten Forschende und Mitarbeitende der HU von ihren Projekten, die mit Exzellenzmitteln gef?rdert werden.
?Die BUA und ich¡° ¨C Folge 1: Dr. Yong-Mi Rauch
?Die BUA und ich¡° ¨C Folge 2: Prof. Dr. Manuela Bojad?ijev
?Die BUA und ich¡° ¨C Folge 3: Dr. des. Desir¨¦e Hetzel
?Die BUA und ich¡° ¨C Folge 4: Bharath Ananthasubramaniam
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?Die Menschen wollen, dass ihre Alltagsexpertise wahrgenommen, anerkannt und wertgesch?tzt wird¡°
Was bedeutet das Leben am Wasser im Alltag der Menschen in Berlin und Brandenburg? Und welche Ver?nderungen entstehen durch den Klimawandel? Dar¨¹ber spricht die Anthropologin Dr. des. Desir¨¦e Hetzel in der dritten Folge unserer Reihe ?Die BUA und ich ¨C Protokolle aus dem Exzellenzverbund¡°.

Die Anthropologin Dr. des. Desir¨¦e Hetzel erforscht im
Projekt CliWaC, wie Menschen auf Umweltver?nderungen
reagieren.?Foto: Falk Wei?
Die BUA und ich ¨C Folge 3 mit Dr. des. Desir¨¦e Hetzel
Desir¨¦e Hetzel ist Sozial- und Kulturanthropologin am Institut f¨¹r Europ?ische Ethnologie und dem IRI THESys. Sie forscht im Bereich Umweltanthropologie und untersucht Mensch-Umwelt-Beziehungen. Hier berichtet sie ¨¹ber ihre Arbeit im Projekt ?CliWaC¡°, das die Folgen des Klimawandels auf den Wasserhaushalt in der Modellregion Berlin-Brandenburg erforscht.
Es flie?t und m?andert, f¨¹llt tiefe oder flache Senken, ist tr¨¹b oder klar, zeigt sich an der Oberfl?che oder flie?t versteckt im Untergrund: In Berlin und Brandenburg ist Wasser nahezu allgegenw?rtig. Gleichzeitig ist die Region eine der trockensten in Deutschland und der Klimawandel versch?rft bereits bestehende Wasserprobleme: In den vergangenen Sommern sind Flie?gew?sser teilweise ausgetrocknet, durch intensive D¨¹rreperioden und eine h?here Verdunstung sind die Wasserpegel der Seen stark gesunken. Auf der anderen Seite nehmen Unwetter mit Starkregen zu, setzen etwa in Berlin Stra?en und Tunnel unter Wasser und ¨¹berfordern die Kanalisation.
Die Bev?lkerung nimmt Ver?nderungen sehr sensibel wahr
Das Forschungsprojekt CliWac nimmt die Ver?nderungen des Wasserhaushalts in drei Modellstudien in den Blick. An der Spree und in ihrem Einzugsgebiet, am Sacrower und Gro? Glienicker See und in der Metropolregion Berlin untersucht es, welche Probleme bereits heute beobachtet werden und welche k¨¹nftig noch zu erwarten sind. Rund 50 Wissenschaftler*innen aus allen vier Verbundpartnerinnen der BUA sind Teil des Konsortiums. Gemeinsam wollen wir herausfinden, wie sich die Region anpassen kann und welche L?sungen es f¨¹r die Wasserprobleme geben k?nnte.
Das Wissen ¨¹ber den Wasserhaushalt ist sehr divers: Auf der einen Seite gibt es die wissenschaftliche Expertise verschiedener Disziplinen ¨C mit einer naturwissenschaftlichen und einer sozialwissenschaftlichen Gruppe in CliWaC, die sich untereinander austauschen. Au?erdem gibt es die fachlichen Expertinnen und Experten, die sich beruflich mit dem Thema Wasser, mit Fl¨¹ssen, Seen oder Niederschl?gen besch?ftigen und zu denen viele Entscheidungstr?ger*innen in ?mtern und Beh?rden geh?ren. Und dann gibt es die Menschen vor Ort, die ebenfalls wichtiges Wissen beisteuern k?nnen. Zu den Gew?ssern vor ihrer Haust¨¹r hat die Bev?lkerung eine allt?gliche, sehr direkte Verbindung und sie nimmt Ver?nderungen sehr sensibel wahr. Es ist notwendig, eine Br¨¹cke zwischen diesen ganz unterschiedlichen Expertisen zu schaffen, die nebeneinander stehen und alle gleich wichtig sind. Und genau das versuchen wir in CliWaC.
Anthropologische Forschung liefert umfassende Einblicke
Die Basis meiner Untersuchungen ist die ethnografische Arbeit. Das hei?t, ich arbeite mit den Menschen vor Ort zusammen und hole sie als ?Alltagsexpert*innen in das Projekt. Ich frage sie, was Wasser in ihrem Alltag bedeutet, welche Ver?nderungen sie beobachten, was das f¨¹r Folgen hat und was aus ihrer Sicht wichtig w?re, zu tun.
In den vergangenen Monaten war ich daf¨¹r oft an den Gew?ssern unserer Modellregion unterwegs und habe mit vielen Menschen gesprochen. Zum Teil habe ich viel Zeit mit ihnen verbracht und bin mehrere Tage bei ihnen zu Hause geblieben, um ihren Alltag kennenzulernen. Das ist in der anthropologischen Forschung g?ngige Praxis und f?rdert h?ufig ½ð±´ÆåÅÆ zutage, die in einem nur einst¨¹ndigen Gespr?ch oder bei kurzen Besuchen nicht auftauchen w¨¹rden. Als Forscherin zeige ich damit auch Interesse am Leben und Alltag, den Sorgen, N?ten und W¨¹nschen der Menschen. Sie erz?hlen mir, was in ihrem Leben gerade wichtig ist und warum das so ist. Das ergibt dann ein umfassendes Bild ¨¹ber ?konomische, soziale und kulturelle Bereiche des Lebens in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Wasser ist eine lebenswichtige Ressource. Was bedeutet sie im Alltag
der Menschen in Berlin und Brandenburg??Foto: Stefan Klenke
Wasser bedeutet Gemeinschaftsleben
In diesen Gespr?chen zeigt sich: Das Thema Wasser ist sehr pr?sent. Die Anwohner*innen am Gro? Glienicker und am Sacrower See bemerken deutliche Ver?nderungen. Die Uferlinie verschiebt sich, weil die Wasserpegel sinken. F¨¹r die Menschen am Westufer des Gro? Glienicker Sees markierte das Wasser lange Zeit eine un¨¹berwindbare Grenze zwischen DDR und BRD. Nach dem Mauerfall hatte man hier pl?tzlich wieder Zugang zum Wasser. Hier lernten die Kinder schwimmen und man traf sich zu Silvester am See mit der Dorfgemeinschaft, um das neue Jahr zu begr¨¹?en. Im Sommer gibt es Kino auf einer Wiese, Badem?glichkeiten und Treffpunkte zum Grillen oder Angeln. Das Wasser ist immer wieder ein zentraler Ankn¨¹pfungspunkt f¨¹r das Gemeinschaftsleben.
Das alles ver?ndert sich gerade, da der Wasserspiegel massiv sinkt. Die einstigen Treffpunkte sind nun weit entfernt vom Ufer. Das macht den Menschen Sorge und sie haben viele Fragen. Es gibt dadurch aber auch neue Solidarit?ten ¨¹ber den See hinweg, die Menschen schlie?en sich zusammen, um gemeinsam etwas zu tun. Dieses Nachdenken ¨¹ber Ver?nderungen in der n?herenUmgebung gibt h?ufig auch den Ansto?, ¨¹ber andere Umweltver?nderungen nachzudenken, die ¨¹ber die Region hinausgehen.
Gartenzaungespr?che im Spreewald
In meinen Gespr?chen geht es oft auch um Umweltver?nderungen und menschliche Einfl¨¹sse. Das wird besonders in der Spreewaldregion deutlich, die sich durch den Kohleabbau stark ver?ndert hat. Die Region befindet sich heute im Umbruch. Mit dem Ende der Kohle wird auf lange Sicht weniger Wasser in die Spree geleitet, da das Grundwasser in den Tagebauen nicht mehr abgepumpt wird. Das ist spannend, da die Spree auch f¨¹r die Wasserversorgung Berlins entscheidend ist. Gleichzeitig steigt an anderen Stellen das Grundwasser und setzt wohlm?glich Grundst¨¹cke unter Wasser. Wie nehmen die Anwohner*innen diese potenziellen Konflikte wahr? Wie kann ein geeignetes Wassermanagement in der Zukunft aussehen? Und was macht das alles mit der Landschaft, die sie ¨¹ber Generationen hinweg kennen?
Im vergangenen Mai war ich dort lange mit dem Fahrrad unterwegs und habe unter anderem ?Gartenzaungespr?che¡° mit Leuten, die dort wohnen oder einen Kleingarten haben, gef¨¹hrt. Meine Erfahrung war durchweg positiv: Die Menschen waren froh, dass jemand vorbeikommt, ihnen zuh?rt und auch ihre Sorgen wahrnimmt. Sie wollen wissen, was los ist, sie wollen mitreden und sie wollen Zugang zum Wasser in ihrer Region haben. Es ging oft auch um andere ½ð±´ÆåÅÆ, die den Leuten gerade auf den N?geln brennen.
Auch Forschende k?nnen nicht vorhersagen, was passiert
Die Aussage ?Wir leben in unsicheren Zeiten¡° h?re ich bei meinen Besuchen ?fter. Die Menschen haben das grundlegende Gef¨¹hl, etwas tun zu m¨¹ssen. Gleichzeitig sp¨¹ren sie aber, dass das sehr schwierig ist. Wir leben in Zeiten von multiplen Krisen und die Leute sind sich unsicher, was sie als Einzelpersonen oder als Gemeinschaften ¨¹berhaupt noch dagegen tun k?nnen.
Wir k?nnen auch als Forschende nicht vorhersagen, was passiert. Und wir haben kein Patentrezept f¨¹r eine L?sung. Aber trotz aller Unsicherheiten es ist wichtig, dar¨¹ber zu sprechen und zu kommunizieren, wie m?gliche L?sungswege aussehen k?nnten. Die Menschen wollen, dass ihre Alltagsexpertise, ihr Wissen ¨¹ber das Leben am und mit dem Wasser in diesem Diskurs wahrgenommen, anerkannt und wertgesch?tzt wird. Wie k?nnen wir besser miteinander ins Gespr?ch kommen? Wo erhalten wir verl?ssliche ½ð±´ÆåÅÆ? Diese Fragen bewegen die Menschen.
Die Erkenntnisse meiner ethnografischen Forschung nutze ich, um Empfehlungen f¨¹r die Politik abzuleiten und ich bringe sie auch in ein Wissenschaftskommunikationsprojekt ein, das mit ½ð±´ÆåÅÆ vor Ort pr?sent ist. Das Projekt ?AnthropoScenes¡°, gleitet von Pauline M¨¹nch, arbeitet mit K¨¹nstler*innen und Schauspieler*innen zusammen, um wissenschaftliche Erkenntnisse auf neue Art und Weise zu vermitteln. Dazu geh?rt etwa eine partizipative Kunstinstallation im Spreewald, die verschiedene Perspektiven einf?ngt und die Menschen vor Ort einbindet. Es geht immer darum, miteinander ins Gespr?ch zu kommen, Impulse und Denkanst??e zu liefern und einen Dialog aufzubauen. Denn nur gemeinsam werden wir L?sungen finden.
Zum Projekt
Das Forschungsprojekt ?Climate and Water under Change¡° (CliWaC) erforscht durch den Klimawandel verursachte Risiken zur Verf¨¹gbarkeit und Qualit?t von Wasser. Gemeinsam mit Wirtschaft, Verwaltung, Wirtschaft und Politik sucht das Konsortium nach L?sungen f¨¹r eine nachhaltige Nutzung der Ressource Wasser. Das Vorhaben Projekt wird von 2021 bis 2024 als Einstein Research Unit von der Berlin University Alliance (BUA) und der Einstein Stiftung Berlin gef?rdert. Beteiligt sind alle vier Verbundpartnerinnen der BUA.
?ber die Reihe ?Die BUA und ich¡° ¨C Protokolle aus dem Exzellenzverbund
Die Humboldt-Universit?t bildet gemeinsam mit der Freien Universit?t Berlin, der Technischen Universit?t Berlin und der Charit¨¦ ¨C Universit?tsmedizin den Exzellenzverbund Berlin University Alliance (BUA). In der Reihe ?Die BUA und ich¡° berichten Forschende und Mitarbeitende der HU von ihren Projekten, die mit Exzellenzmitteln gef?rdert werden.
?Die BUA und ich¡° ¨C Folge 1: Dr. Yong-Mi Rauch
?Die BUA und ich¡° ¨C Folge 2: Prof. Dr. Manuela Bojad?ijev
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?Bei Krankheiten spielt das innere Orchester nicht mehr harmonisch zusammen¡°
Was haben Krebszellen mit unserer inneren Uhr zu tun? Das erforscht der Chronobiologe Dr. Bharath Ananthasubramaniam gemeinsam mit Studierenden in einem besonderen Kurs und berichtet davon in der vierten Folge unserer Reihe ?Die BUA und ich ¨C Protokolle aus dem Exzellenzverbund¡°.

Dr. Bharath Ananthasubramaniam. Foto:Stefan Klenke
?Die BUA und ich¡° ¨C Folge 4 mit Dr. Bharath Ananthasubramaniam
Dr. Bharath Ananthasubramaniam besch?ftigt sich als theoretischer Biologe mit Modellen, die biologische Ph?nomene beschreiben. Ihn fasziniert besonders, wie der menschliche Organismus an den Tagesrhythmus angepasst ist. F¨¹r eines seiner Forschungsthemen arbeitet er in einem von der Berlin University Alliance initiierten Programm eng mit Studierenden zusammen, die durch forschungsbasiertes Lernen mehr ¨¹ber die innere Uhr unterschiedlicher Krebstypen erfahren. Hier berichtet er, was die Studierenden in seinem Kurs lernen und wie er selbst als Forschender davon profitiert.
Wir alle haben eine innere Uhr, die unseren Tagesrhythmus bestimmt und vorgibt, wann wir m¨¹de werden, wann wir Hunger haben oder wann wir voller Energie sind. Fachleute nennen diesen inneren Taktgeber die zirkadiane Uhr. Bei jedem Menschen ist diese Uhr anders eingestellt: Der Lerchentyp steht gern fr¨¹h auf und ist daf¨¹r abends schnell m¨¹de. Der Eulentyp ist am liebsten bis sp?t in die Nacht aktiv, kommt aber morgens schlecht aus dem Bett. Das Fachgebiet, das sich mit diesem Thema besch?ftigt, hei?t Chronobiologie. Dabei geht es nicht nur um fr¨¹hes oder sp?tes Aufstehen, sondern auch darum, welche Stoffwechselprozesse im K?rper zu welchen Tageszeiten ablaufen, wie der Tagesrhythmus einzelner Organe aussieht oder sogar, welchen Rhythmus bestimmte Zelltypen im Tageslauf besitzen. Diese Fragestellungen erforsche ich am Computer, mithilfe von mathematischen Modellen und Simulationen sowie k¨¹nstlicher Intelligenz.
Alle Organe haben eine eigene innere Uhr
Ich habe Ingenieurwesen in Indien und den USA studiert, hatte aber schon als Kind gro?es Interesse an Biologie und habe mich auch nach meinem Studium als Wissenschaftler an der Universit?t viel mit biologischen ½ð±´ÆåÅÆ besch?ftigt. 2012 bin ich mit einem Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung nach Berlin an die Charit¨¦ gekommen, und seit 2021 habe ich eine eigene Forschungsgruppe an der Humboldt-Uni, die sich mit Chronobiologie befasst. Einen wichtigen Grundstein daf¨¹r konnte ich mit einem Forschungsteam bereits 2018 an der Charit¨¦ legen: Wir haben einen Bluttest entwickelt, mit dem man den Chronotyp eines Menschen bestimmen kann. Wir analysieren daf¨¹r die Expressionsprofile von Genen ¨C also wir suchen nach Genen, deren Profile im Laufe des Tages schwanken. Expressionsprofile zeigen uns, zu welchen Zeitpunkten die ½ð±´ÆåÅÆ, die auf diesen Genen liegen, abgerufen und in Proteine umgesetzt werden. Das verr?t uns beispielsweise, ob jemand eine Eule oder eine Lerche ist.
Die Chronobiologie des Menschen zu erforschen, ist eine gro?e Herausforderung. Denn fast allen Geweben und Organen existiert eine eigene innere Uhr. Muskeln folgen beispielsweise einem anderen Rhythmus als etwa die Leber. Alle diese Uhren zusammen sind wie eine Art Orchester aus verschiedenen Instrumenten ¨C mit einem Dirigenten, der im Gehirn sitzt. Bei Krankheiten spielt dieses Orchester nicht mehr harmonisch zusammen ¨C die Instrumente sind aus dem Takt. Um also diese komplexen chronobiologischen Muster zu untersuchen, brauchen wir geeignete Methoden, wie etwa den an der Charit¨¦ entwickelten Bluttest, der aber nur einen Bruchteil unseres zirkadianen Rhythmus abbildet. Wir k?nnen nat¨¹rlich keine Proben aus der Leber oder dem Herzen nehmen ¨C und zwar mehrfach ¨C um die innere Uhr dieser Organe zu untersuchen. Aber wir entwickeln Computermodelle und statistische Ans?tze, die uns weiterhelfen k?nnen.

Die innere Uhr bestimmt, welche Gene zu welchen Zeiten
aktiv sind. Foto: Stefan Klenke
Krebserkrankungen sind eng mit dem Tagesrhythmus verbunden
An die Charit¨¦ kommen jeden Tag Menschen, denen zu Diagnosezwecken Gewebeproben entnommen werden. Von diesen Proben k?nnen wir die Genexpression messen und mit den Daten eine KI f¨¹ttern. Man bekommt also nicht viele Proben von einer Person, daf¨¹r aber ganz viele Proben von zahlreichen Personen aus der Gesamtbev?lkerung. Mithilfe von maschinellem Lernen kann ich daraus R¨¹ckschl¨¹sse auf die innere Uhr ziehen und erkennen, welchem Tagesrhythmus die unterschiedlichen Organe und Gewebe folgen und wie sie aufeinander abgestimmt sind.
Aktuell forsche ich ¨¹ber das Student Research Opportunities Programx (StuROPx) der BUA gemeinsam mit Studierenden an der Frage, welchen zirkadianen Rhythmus unterschiedliche Typen von Krebszellen besitzen. Es gibt eine enge Verbindung zwischen Krebs und der inneren Uhr. Dazu gibt es eine sehr bekannte Studie, die beschreibt, dass Menschen mit Schichtarbeit, deren Tagesrhythmus st?ndig durcheinanderkommt, ein viel h?heres Risiko haben, an Krebs zu erkranken. Das gilt auch f¨¹r viele andere Erkrankungen. Krebs ist eine sehr gut untersuchte Krankheit, zu der es bereits sehr viele Daten gibt. Der Ausgangspunkt unserer Untersuchungen ist der ?Cancer Genome Atlas¡°, eine ?ffentlich verf¨¹gbare Datenbank, die molekulare Daten von ¨¹ber 20.000 Krebsproben von 33 Krebsarten enth?lt.
In der Forschung lernt man auch aus Scheitern
Ich unterrichte sehr gern. Im StuROPx-Programm lernen die Studierenden, indem sie forschen, und das finde ich einen einzigartigen Ansatz. Es f¨¹hrt Studierende an die Forschung heran. Auch f¨¹r mich ist das eine neue Lernerfahrung ¨C ich habe so einen Kurs noch nie gegeben. Im Vorfeld hat die BUA dazu hilfreiche Seminare f¨¹r uns Lehrende angeboten. Zur Forschung geh?rt es, dass man das Ergebnis nicht von vornherein kennt. Es gibt Pl?ne und Ideen und Ziele, aber was am Ende herauskommt ¨C und ob ¨¹berhaupt etwas herauskommt ¨C ist immer eine ?berraschung. Man kann auch scheitern. Das kann besonders f¨¹r Studierende in fr¨¹hen Semestern eine merkw¨¹rdige, aber sehr wichtige Erfahrung sein. Denn aus Fehlern kann man lernen.
Meine Kursteilnehmenden kommen aus allen Verbundpartnerinnen der BUA und aus vielen verschiedenen Disziplinen: aus der Biologie, Medizin, Biochemie, Psychologie, Biophysik und auch aus der Informatik. Jeder von ihnen untersucht den Datensatz einer bestimmten Krebsart ¨C beispielweise Lungen-, Nieren-, Leber- oder Brustkrebs. Dabei arbeiten wir ausschlie?lich am Computer, programmieren und analysieren. Das Ziel ist es, mithilfe von KI und maschinellem Lernen so viele n¨¹tzliche ½ð±´ÆåÅÆ wie m?glich aus den vorhandenen Datens?tzen zu den unterschiedlichen Krebstypen zu extrahieren und ihren jeweiligen zirkadianen Rhythmus zu erkennen.
Im Kurs bin ich kein Lehrer im herk?mmlichen Sinn, sondern zeige die notwendigen Werkzeuge, gebe eine grobe Richtung vor und liefere Hinweise. Die Studierenden m¨¹ssen viel selbst entscheiden und ihren eigenen Weg finden. Am Anfang haben sie viele wissenschaftliche Ver?ffentlichungen gelesen, um sich erst einmal einzuarbeiten. Wir treffen uns regelm??ig als Team und jeder gibt ein kurzes Update, was er bisher erreicht hat. Es ist ein gegenseitiger Austausch und ein gemeinsames Vorankommen. Die gro?e Herausforderung ist es dabei, aus den ersten Ergebnissen logische Schlussfolgerungen f¨¹r die weiteren Schritte abzuleiten, um voranzukommen und die richtigen Antworten zu finden. Ich lerne ebenfalls sehr viel von dem Feedback, das mir die Studierenden durch das Konzept des forschungsbasierten Lernens geben. Die Lehrenden der verschiedenen Kurse tauschen sich ebenfalls viel untereinander aus ¨C es ist ein Lernprozess f¨¹r alle Seiten.
Ergebnisse liefern Hinweise f¨¹r verbesserte Therapien
K?rpergewebe ver?ndert sich im Tagesverlauf. Die Leber etwa ist nachts eine andere als tags¨¹ber. Es sind andere Gene und Enzyme aktiv, andere Stoffwechselprodukte entstehen. Diese Unterschiede im Tagesverlauf gelten auch f¨¹r Krebszellen. In der Medizin k?nnen wir diese Tatsache nutzen, um etwa Medikamente effektiver zu machen, indem sie zu einer besonders g¨¹nstigen Tageszeit eingenommen werden. Medikamente, die beispielsweise ganz bestimmte Proteine hemmen sollen, werden am besten dann eingenommen, wenn der K?rper besonders viele dieser Proteine produziert. Auch Nebenwirkungen einer Chemotherapie sind h?ufig tagesabh?ngig und k?nnten abgemildert werden, wenn die Therapie daran angepasst wird. Die Daten ¨¹ber den zirkadianen Rhythmus verschiedener Krebstypen k?nnten auf diese Weise k¨¹nftig dazu beitragen, die Behandlung zu verbessern und die Lebensqualit?t zu erh?hen.
Zum Projekt
Die Berlin University Alliance m?chte die Verbindung von (Spitzen-)Forschung und Lehre st?rken. Daf¨¹r hat der Verbund das Student Research Opportunities Programx (StuROPx) eingerichtet, das sich an Studierende und Nachwuchswissenschaftler*innen richtet und auf dem Konzept des forschungsbasierten Lernens aufbaut. Im Sommersemester 2024 f?rdert die BUA insgesamt 23 sogenannte X-Student Research Groups ¨C Forschungsteams aus Doktorand*innen oder PostDocs und Studierenden. Darin wird den Studierenden schon im Studium erm?glicht, an aktuell laufender Forschung teilzunehmen.
Die X-Tutorials sind Forschungstutorien, die von Studierenden initiiert und organisiert werden. Zwei Tutor*innen forschen mit weiteren Studierenden als Team zu einem Thema ihres Interesses. Den Studierenden wird fr¨¹hzeitig der Freiraum gegeben, weitgehend eigenst?ndig an einer eigenen Forschungsfrage zu arbeiten.
?ber die Reihe ?Die BUA und ich¡° ¨C Protokolle aus dem Exzellenzverbund
Die Humboldt-Universit?t bildet gemeinsam mit der Freien Universit?t Berlin, der Technischen Universit?t Berlin und der Charit¨¦ ¨C Universit?tsmedizin Berlin den Exzellenzverbund Berlin University Alliance (BUA). In der Reihe ?Die BUA und ich¡° berichten Forschende und Mitarbeitende der HU von ihren Projekten, die mit Exzellenzmitteln gef?rdert werden.
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?Die BUA und ich¡° ¨C Folge 1: Dr. Yong-Mi Rauch
?Gesellschaft wird von uns allen gemacht¡°
In der zweiten Folge unserer Reihe ?Die BUA und ich ¨C Protokolle aus dem Exzellenzverbund¡° erkl?rt Prof. Dr. Manuela Bojad?ijev, wie Solidarit?t mit Gesundheitsversorgung, Klimawandel und digitalen Infrastrukturen verbunden ist.
Die BUA und ich ¨C Folge 2 mit Prof. Dr. Manuela Bojad?ijev
Manuela Bojad?ijev ist Professorin f¨¹r Migration in globaler Perspektive am Institut f¨¹r Europ?ische Ethnologie und am Berliner Institut f¨¹r empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM). In der von der Berlin University Alliance (BUA) gef?rderten Forschungsgruppe ?Transforming Solidarities. Praktiken und Infrastrukturen in der Migrationsgesellschaft¡° untersucht sie, wie Solidarit?t in den Feldern Arbeit, Gesundheit und Wohnen ausgehandelt, erm?glicht oder verhindert wird.

Die Wissenschaftlerin Manuela Bojad?ijev erforscht in der
Forschungsgruppe ?Transforming Solidarities. Praktiken und
Infrastrukturen in der Migrationsgesellschaft¡°
Fragen der Solidarit?t, Foto: Stefan Klenke
Ich bin der tiefen ?berzeugung, dass eine Gesellschaft nur unter solidarischen Bedingungen gelingen kann. Daraus ergeben sich eine Reihe von wissenschaftlichen Fragen: Warum etwa ist Solidarit?t keine selbstverst?ndliche gesellschaftliche Orientierung? Wie wird Solidarit?t verhandelt, erm?glicht oder gar verhindert? Welche solidarischen Infrastrukturen braucht sie? Und wie ver?ndern solidarische Praktiken die Gesellschaft? In der interdisziplin?ren Forschungsgruppe Transforming Solidarities. Praktiken und Infrastrukturen in der Migrationsgesellschaft, die von 2020 bis 2024 von der Berlin University Alliance gef?rdert wird, arbeiten Forschende aus der Architektur, den Sozialwissenschaften, der Philosophie, der Medizin, der Antisemitismusforschung und der Europ?ischen Ethnologie aus unterschiedlichen Blickwinkeln an diesen Fragen. Wir konzentrieren uns dabei auf die drei zentralen Felder der Daseinsvorsorge Arbeit, Wohnen und Gesundheit und versuchen, neue Perspektiven auf die gro?en gesellschaftlichen Fragen unserer Migrationsgesellschaften zu finden.
Aus dieser gemeinsamen Arbeit ist eine besondere Methode entstanden: der Kiosk der Solidarit?t, der von unseren Partner*innen um den Architekten Dr. Moritz Ahlert von der Technischen Universit?t Berlin gebaut wurde. Dieser hat inzwischen zwei Design-Preise gewonnen. Worum geht es? Im Sommer 2023 nutzten elf Berliner Initiativen und Projekte den mobilen Kiosk nach ihren eigenen Vorstellungen an unterschiedlichen Orten in Berlin. Er war Gespr?chs- und Anlaufpunkt f¨¹r ganz verschiedene Menschen und brachte solidarische Praktiken f¨¹r eine kurze Zeit direkt in den Stadtraum ¨C etwa in ein besetztes Haus in Berlin-Mitte oder an die Universit?t der K¨¹nste in Charlottenburg.
Limonade gegen Sorgen

?Wohnung zu finden¡° steht auf dem?leeren
Limonadenbecher, den ein Teilnehmer im Projekt
?Limonade gegen?Sorgen¡° beschriftet hat.
Foto: Stefan Klenke
Eine der Initiativen, die den Kiosk f¨¹r sich nutzen konnte, ist das Gesundheitskollektiv Neuk?lln, in dem sich ?rzt*innen, Krankenpfleger:innen, Psycholog*innen und andere aus dem medizinischen Bereich organisiert haben, um die Gesundheitsbedingungen der Neuk?llner Bev?lkerung zu verbessern. Wir als Forschungsteam ¨¹berlie?en den Kiosk dieser Initiative f¨¹r eine Nutzung nach ihrer eigenen Vorstellung. Das Gesundheitskollektiv stellte den Kiosk an die Sonnenallee ¨C eine der Hauptverkehrsadern Neuk?llns ¨C und startete das Projekt ?Limonade gegen Sorgen¡°. Den Menschen, die zum Kiosk kamen, wurde eine Limonade angeboten. Im Gegenzug wurden sie gebeten, ihre Sorgen auf den Pappbecher zu schreiben. Aus der Ethnographie wissen wir, dass Menschen oft sehr zur¨¹ckhaltend sind und sich fragen: Warum sollen wir wissenschaftliche Fragen beantworten, unsere Zeit opfern und von unserem Leben erz?hlen? Was haben wir davon? Das war hier anders. Der Kiosk hat geholfen, diese Hemmschwelle zu ¨¹berwinden. Er ist ein Medium, mit dem Forschende, Akteur*innen aus gesellschaftlichen Initiativen und Menschen aus Berliner Kiezen zwanglos miteinander ins Gespr?ch kommen. Wir stellen also mithilfe eines architektonischen Objekts eine Kommunikation mit verschiedenen Akteur*innen im Stadtraum her. Und das ist neu.
Auf einem der Limonadenbecher steht der Wunsch ?eine Wohnung finden¡° ¨C und Wohnungsnot ist in Berlin tats?chlich ein sehr aktuelles und dr?ngendes Thema. Es gibt viele Obdachlose in der Stadt, besonders nach Corona sind die Zahlen noch einmal stark angestiegen. Auch die Mieten sind stark gestiegen und es gibt insgesamt zu wenig Wohnraum oder er wird falsch genutzt. Die Wohnungsfrage und Gesundheit sind eng miteinander verkn¨¹pft: Wer keine Wohnung hat, kann sich nur schwer um seine Gesundheit k¨¹mmern. Die Probleme auf dem Wohnungsmarkt betreffen nicht nur eine bestimmte Bev?lkerungsgruppe, sondern sehr viele Menschen in der Stadt. Die Wohnbed¨¹rfnisse ?ndern sich in verschiedenen Lebensphasen: Viele Studierende leben in Wohngemeinschaften und suchen sp?ter eine kleine Wohnung mit Partner. Wenn Paare Kinder bekommen, brauchen sie gr??ere Wohnungen, und wenn die Kinder aus dem Haus sind, suchen viele ?ltere Menschen wieder kleinere Wohnungen. Derzeit ist es aber kaum m?glich, die Wohnform zu wechseln und etwa eine zu gro?e Wohnung aufzugeben, weil es einfach keinen preiswerten Wohnraum mehr gibt und man am besten dort bleibt, wo man ist, wenn man eine Wohnung hat. Das f¨¹hrt zu einer systematischen Fehlsteuerung in der Stadt, die physische und psychische Probleme verursacht.
Gedanken und Forderungen der Menschen werden dokumentiert
Die Sorgen, N?te, Geschichten und W¨¹nsche der Bewohnerinnen und Bewohner finden ¨¹ber den Kiosk der Solidarit?t nicht nur den Weg in die Wissenschaft, sondern vor allem auch zu den verschiedenen sozialen Initiativen wie dem Gesundheitskollektiv, dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Gespr?che sammeln und auch f¨¹r ihre Arbeit auswerten. Welches Wissen ist daraus f¨¹r sie entstanden, das es vorher nicht gab? Gleichzeitig konnte die Bev?lkerung durch das Gesundheitskollektiv direkt auf der Stra?e beraten werden. Und der Kiosk hat sich im Laufe des vergangenen Sommers weiterentwickelt und die Erkenntnisse seiner Reise durch die Stadt aufgenommen. Auf dem Dach und an den W?nden kleben Slogans, Fragen, Plakate und Fanzines, die w?hrend seiner Wanderung durch Berlin gesammelt wurden. So dokumentiert und transportiert er die Forderungen, die die Menschen an den verschiedenen Standorten ge?u?ert haben und die wir aufbereitet haben. Nun ist der Kiosk Teil unserer bis Mitte Januar erfolgreich laufenden Ausstellung ?Spaces of Solidarity¡° im Deutschen Architektur Zentrum (DAZ) und vermittelt diese Erkenntnisse noch einmal in anderer Form und f¨¹r ganz andere Interessengruppen und Multiplikator*innen. Vielleicht ergeben sich daraus Denkanst??e, wie solidarisches Wohnen ¨C vielleicht auch im Zusammenhang mit Arbeit und Gesundheit ¨C in Berlin organisiert oder gebaut werden k?nnte.
Nat¨¹rlich werten auch wir als Wissenschaftler*innen die gesammelten Daten aus und publizieren unsere Erkenntnisse. Dazu nutzen wir die aus der Ethnographie bekannten Methoden der ?teilnehmenden Beobachtung¡° und der ?dichten Beschreibung¡°. Wir schauen genau hin und versuchen, die Situation ganzheitlich zu erfassen und zu interpretieren. Das geht weit ¨¹ber rein statistische Daten der Gespr?chspartner*innen wie Alter, Geschlecht oder Staatsangeh?rigkeit hinaus. So k?nnen wir die sozialen Zusammenh?nge und Bedingungen viel genauer beschreiben, interpretieren und auch theoretisieren. Auch diejenigen, die den Kiosk als soziale Initiative genutzt haben, wurden von uns in die Studie einbezogen.
Migration steht im Mittelpunkt

Der ?Kiosk der Solidari?t¡° ist noch bis zum 21. Januar in der
Ausstellung ?Spaces of Solidarity¡° im Deutschen Architektur
Zentrum (DAZ) zu sehen. Foto: Stefan Klenke
Das Engagement der sozialen Initiativen ist ambivalent zu sehen ¨C und so sehen sie es auch selbst. Es zeigt zum Beispiel, dass unser Gesundheitssystem in eine Krise geraten ist und der Staat die Daseinsvorsorge teilweise nicht mehr gew?hrleistet. Es gibt zu wenig Personal in den Krankenh?usern, schlechte Arbeitsbedingungen und viele andere Probleme, die eine gute Gesundheitsversorgung gef?hrden. Gesellschaftliche Kr?fte werden aktiv, um die L¨¹cken zu f¨¹llen und die Missst?nde auszugleichen. Diese Erosion solidarischer Beziehungen in unserer Gesellschaft h?ngt auch eng mit der Globalisierung und Digitalisierung, mit finanziellen und logistischen Fragen zusammen. Es ist ein sehr komplexes Bild, das wir anhand von konkreten Schicksalen und Beispielen aus dem Alltag untersuchen k?nnen. Welche Mechanismen, Interessen und Akteur*innen verschlechtern die Solidarit?tsbeziehungen?
Bei uns steht die Frage der Migration im Mittelpunkt und damit verbunden die feste ?berzeugung, dass wir grunds?tzlich von mobilen Bev?lkerungen ausgehen. Berlin ist f¨¹r uns eine Art Labor, weil sich hier das Zusammenleben in der Migrationsgesellschaft an vielen Stellen zeigt. Die Stadt w?chst sehr schnell, gleichzeitig ziehen viele Menschen weg. Das Thema Flucht ist in dieser Stadt sehr aktuell ¨C nehmen wir nur die Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine hierher geflohen sind. Es gibt die alteingesessene Migrationsbev?lkerung und die junge Migrationsbev?lkerung, die nach 2015 gekommen ist. Und es gibt die Exilbev?lkerung, die in Berlin einen gro?en Anteil ausmacht. Viele Intellektuelle ¨C etwa aus der T¨¹rkei, Israel oder dem Iran ¨C sind hierhergekommen, weil sie in ihrer Heimat politisch oder religi?s verfolgt werden oder weil sie hier eine demokratischere Gesellschaft vorfinden. In Berlin hatten sie lange Zeit viele Freir?ume und die M?glichkeit, so zu leben, wie sie es wollten. Nat¨¹rlich gibt es auch Streit um Migration. Bestimmte Diskurse finden auff?llig oft vor anstehenden Landtagswahlen statt. Bei all dem ist die Frage der solidarischen Beziehungen ganz zentral. Wir m¨¹ssen dar¨¹ber nachdenken, wie Gesellschaft unter den Bedingungen einer mobilen Bev?lkerung im 21. Jahrhundert neu verfasst werden muss. Darum haben wir auch zum Anlass unserer Konferenz die ?Berliner Erkl?rung in Verteidigung der Migrationsgesellschaft¡° verfasst und eine Veranstaltung mit wichtigen Stimmen aus der Gesellschaft am Theater ?Hebbel am Ufer¡° dazu organisiert.
Auch der Klimawandel ist eine Frage von Solidarit?t
Es gibt viele offene Fragen, die wir in Zukunft weiter erforschen wollen. Welche Rolle spielen zum Beispiel digitale Infrastrukturen bei der Ver?nderung des Verst?ndnisses und der Praxis von Solidarit?t? Diese Kommunikations- und Technologieformate vernetzen viele Menschen weltweit, tragen aber auch zur Verbreitung von Fehlinformationen bei. Beeinflusst und ver?ndert diese Art der Kommunikation unsere Vorstellungen davon, wer wohin geh?rt und wer welche Zugeh?rigkeit einnimmt? Auf der einen Seite werden alte, verkrustete Vorstellungen aufgeweicht, auf der anderen Seite wird durch destruktive, entsolidarisierende Diskurse viel zerst?rt. So m¨¹ssen wir auch das Thema Klimawandel unter Solidarit?tsaspekten betrachten. Denn er betrifft viele Ressourcen, die gemeinschaftlich bewirtschaftet werden ¨C wie Wasser oder Boden. Das Beispiel der Firma Tesla in Gr¨¹nheide zeigt, wie schnell das im Berliner Umland zu Konflikten f¨¹hren kann. Wie also wird Wasser in Zukunft unter solidarischen Bedingungen bewahrt und verteilt? Viele Ressourcen sind begrenzt, manche m¨¹ssen anders organisiert werden und wir m¨¹ssen als Gesellschaft entscheiden, wie wir damit umgehen. Auch die Frage, wie st?dtische Infrastrukturen klimaneutral gebaut werden k?nnen, ist eine Frage der Solidarit?t.
Bei der Er?ffnung unserer Ausstellung ?Spaces of Solidarity¡° sagte mir ein Zuschauer, er sei sehr beeindruckt, wie viele solidarische Initiativen es in Berlin gibt. Das macht deutlich: Gesellschaft ist nicht eine Frage des Appells an Zusammenhalt. Eine dynamische Gesellschaft wird von uns allen gestaltet. Aus unserer Zusammenarbeit mit den gesellschaftlichen Akteur*innen und Initiativen haben wir wichtige Erkenntnisse gewonnen. Diese gilt es nun in konkretes Handeln umzusetzen, auch in der Weise, wie wir wissenschaftlich zusammenarbeiten. Interdisziplin?res Arbeiten ist besonders wichtig und reicht von den Studien im Stadtraum, ¨¹ber den Bau von methodischen Instrumenten wie dem Kiosk, der gleichzeitig schon die solidarische Arbeit aufnimmt, bis hin zu gesellschaftstheoretischen Konzeptualisierungen. Das ist eine der wichtigsten Lehren, die ich bisher aus unserem Projekt ziehe: wie Wissenschaft auf diese Weise viel in der Gesellschaft bewirken kann.
Zum Projekt
Die Forschungsgruppe ?Transforming Solidarities. Praktiken und Infrastrukturen in der Migrationsgesellschaft¡° wird von 2020 bis 2024 als Exploration Project der BUA in der Grand Challenge ?Social Cohesion¡° gef?rdert. Beteiligt sind alle vier Verbundpartnerinnen der BUA.
Weitere ½ð±´ÆåÅÆ
Zum Video ?Berlin: Labor der Migrationsgesellschaft¡°
?ber die Reihe ?Die BUA und ich¡° ¨C Protokolle aus dem Exzellenzverbund
Die Humboldt-Universit?t bildet gemeinsam mit der Freien Universit?t Berlin, der Technischen Universit?t Berlin und der Charit¨¦ ¨C Universit?tsmedizin den Exzellenzverbund Berlin University Alliance (BUA). In der Reihe ?Die BUA und ich¡° berichten Forschende und Mitarbeitende der HU von ihren Projekten, die mit Exzellenzmitteln gef?rdert werden.
?Die BUA und ich¡° ¨C Protokolle aus dem Exzellenzverbund
Die HU bildet gemeinsam mit der FU, der TU und der Charit¨¦ den Exzellenzverbund Berlin University Alliance (BUA). In der Reihe ?Die BUA und ich¡° berichten Forschende und Mitarbeitende der HU von ihren Projekten, die mit Exzellenzmitteln gef?rdert werden.
?Sammlungen m¨¹ssen zukunftsf?hig werden¡°
Folge 1: Dr. Yong-Mi Rauch, Universit?tsbibliothek

Dr. Yong-Mi Rauch leitet die Abteilung
Historische Sammlungen der?Universit?tsbibliothek
Foto: Stefan Klenke
Dr. Yong-Mi Rauch ist Literaturwissenschaftlerin und Leiterin der Abteilung Historische Sammlungen der HU-Universit?tsbibliothek. Hier erz?hlt sie von ihrer Arbeit im Projekt ?Digitales Netzwerk Sammlungen¡°, das von der Berlin University Alliance gef?rdert wird, und verr?t, warum das Kugelstabmodell eines Perowskit-Kristalls f¨¹r sie wichtig ist.
Wer sich mit den Berliner Universit?tssammlungen besch?ftigt, ist von der enormen Vielfalt schnell ¨¹berw?ltigt: Wir haben mit so verschiedenen Objekten wie historischen Karten, Pflanzen, anatomischen Tierpr?paraten, Lehrmodellen, Fotosammlungen und Architekturpl?nen zu tun. Allein an den Einrichtungen der Berlin University Alliance gibt es ¨¹ber 100 wissenschaftliche Sammlungen, an der Humboldt-Universit?t mehr als 30. Nat¨¹rlich finde ich die Historischen Sammlungen der Universit?tsbibliothek besonders faszinierend, weil ich mich als Sammlungsleiterin intensiv mit ihnen besch?ftigt habe. Zu ihnen geh?ren wertvolle Gelehrtenbibliotheken wie die Arbeits- und Privatbibliothek der Br¨¹der Grimm in rund 6000 B?nden, die sprachwissenschaftliche Sammlung von Wilhelm von Humboldt und zahlreiche weitere au?ergew?hnliche Provenienzen. Mein Interesse beschr?nkt sich jedoch selbstverst?ndlich nicht auf B¨¹cher. Die Sammlungen an Instituten, Lehrst¨¹hlen und Universit?tsmuseen in Berlin sind f¨¹r mich gerade deshalb faszinierend, weil sie weniger einheitlich als Bibliotheksbest?nde sind, oft noch deutliches Erschlie?ungspotenzial besteht und sie deshalb h?ufig ?berraschungen mit sich bringen. Da Universit?tssammlungen weitgehend dezentral organisiert und ¨¹ber die ganze Stadt verstreut sind, sind sie leider f¨¹r Externe nicht immer gut zu finden.
Von B¨¹chern zu Perowskit
Im Projekt ?Digitales Netzwerk Sammlungen¡° arbeite ich mit vielen Kolleginnen und Kollegen daran, die Sichtbarkeit und den Zugang zu diesen Sammlungen zu erleichtern. Damit die Sammlungen zukunftsf?hig werden, ist es wichtig, dass sie digital pr?sent sind und mit digitalen Instrumenten erschlossen werden k?nnen. Daf¨¹r verlasse ich zeitweise das gewohnte Bibliotheksumfeld und lerne viele weitere, f¨¹r mich oft neuartige Best?nde kennen. Einen wichtigen Partner habe ich beispielsweise in der Kristallographischen Lehrsammlung am Institut f¨¹r Physik in Berlin Adlershof gefunden. Diese Sammlung enth?lt unter anderem 350 mineralogische Polyedermodelle und rund 80 Kristallgittermodelle aus den Werkst?tten der HU, die aktiv in der Lehre eingesetzt werden. F¨¹r mich ist das erst einmal ein v?llig fachfremdes Gebiet, und dennoch gibt es ¨¹ber die Disziplinen hinweg viele Ankn¨¹pfungspunkte und gro?es Lernpotenzial.

DKristallstruktur (Elementarzelle) der?kubischen
Modifikation von Perowskit (BaTiO3), Modell aus der
Kristallographischen Lehrsammlung der
Humboldt-Universit?t zu Berlin, entstanden
zwischen 1950 und 1990,?Foto: Bernhard Ludewig
F¨¹r unser Projekt ist aus dieser Kristallographischen Lehrsammlung das Kugelstabmodell eines Perowskit-Kristalls ein ganz besonderes Objekt geworden. Die Verbindungen zwischen den einzelnen Atomen erscheinen mir sinnbildlich f¨¹r den Vernetzungsgedanken, den wir in unserem Projekt verfolgen. Es ist unser Ziel, eine forschungsunterst¨¹tzende Infrastruktur aufzubauen und all jene miteinander zu vernetzen, die mit Sammlungen arbeiten und sie betreuen. Ein Schritt auf diesem Weg ist es, die Modelle zu digitalisieren und ad?quat zu beschreiben, um sie in einem Online-Portal pr?sentieren zu k?nnen, auf das andere Forschende zugreifen k?nnen.
Digitalisierung bedeutet nicht nur, dass man ein Foto oder einen Scan des Objekts anfertigt. Ganz wesentlich ist es auch, die Objekte strukturiert mit Metadaten zu beschreiben, also mit allen grundlegenden ½ð±´ÆåÅÆ, aber vertretbarem Aufwand. Je nach Fach sind daf¨¹r unterschiedliche Daten wie etwa Personen, Fundorte, Klassifizierungen oder Identifikationsnummern notwendig. Zur Beschreibung k?nnen auch normierte Schlagw?rter eingesetzt werden, mit denen Best?nde ¨¹ber die disziplin?ren Grenzen hinweg untereinander verkn¨¹pft werden k?nnen. Der Weg von teilweise handschriftlichen Verzeichnissen hin zu einer digitalen Repr?sentation war f¨¹r mich und mein Team sehr aufschlussreich. Wir konnten an solchen Beispielen Digitalisierungsmethoden ausprobieren und Verfahren entwickeln, die wir dann wieder in anderen Sammlungen anwenden k?nnen. Der enge Austausch mit den Fachleuten vor Ort, die die Sammlung betreuen, ist bei der Arbeit essentiell. H?ufig sind die Sammlungsverantwortlichen in erster Linie Forschende, die sich vorrangig mit wissenschaftlichen Fachfragen befassen und weniger mit Standards der Erschlie?ung, Inventarisierung oder Digitalisierung. Wenn Fach- und Bibliotheksexpertise zusammenkommen, erg?nzen sich die Kompetenzen, und die Zusammenarbeit kann sehr ertragreich sein. ?berhaupt ist das eine wichtige Facette unseres Projekts: Der Austausch und Wissenstransfer im Bereich Sammlungen ¨¹ber Fach- und Institutionsgrenzen hinweg. Wir m?chten die Akteure vernetzen und ihre Zusammenarbeit in der Sammlungsdigitalisierung unterst¨¹tzen, nicht nur ¨¹ber Infrastruktur, sondern auch ¨¹ber gemeinsame Workshops, ½ð±´ÆåÅÆ und Kooperationen.
Schlummerende Sch?tze heben
Sammlungen wurden h?ufig f¨¹r einen ganz bestimmten Zweck aufgebaut oder angeschafft. Im Laufe ihrer Geschichte werden sie aber oft f¨¹r unterschiedliche Forschungsfragen herangezogen und k?nnen f¨¹r andere Fachrichtungen interessant werden. Das k?nnen wir gut am Beispiel der Kristallographischen Lehrsammlung beobachten. Durch die Digitalisierung sind Forschende au?erhalb der Physik und Naturwissenschaften darauf aufmerksam geworden, die anhand der Objekte nun auch kulturwissenschaftliche oder bildungsgeschichtliche Fragen untersuchen wollen.
Das Interesse der Universit?ten an ihren wissenschaftlichen Sammlungen steigt. Es gibt aber auch ?verwaiste¡° Best?nde, die niemand betreut und die deshalb auch kaum wahrgenommen werden. Wenn es bestimmte Forschungsfragen, Ausstellungen oder Lehrprojekte gibt, k?nnen solche Best?nde wieder in den Fokus r¨¹cken und quasi wiedererweckt werden. Damit das schlummernde Potenzial solcher Best?nde genutzt werden kann, ist es wichtig, dass ein ?berblick ¨¹ber diese Ressourcen in der BUA und ein geb¨¹ndelter Zugang entstehen ¨C deshalb entwickeln wir im Projekt eine gemeinsame Online-Sammlungsplattform.
Fahrplan f¨¹r eine nachhaltige Sammlungsinfrastruktur
In welchen Schritten sollte Digitalisierung ablaufen, um nachhaltige und gut nutzbare Ergebnisse zu erzielen? Welche Methoden sind daf¨¹r je nach Sammlung und Fach geeignet? Wo liegen ¨¹bergreifende Anforderungen? Wie k?nnen die Objekte besser verf¨¹gbar und sichtbar werden? Zu diesen ½ð±´ÆåÅÆ haben wir in den vergangenen zwei Jahren viele praktische Fallstudien durchgef¨¹hrt, Methoden erprobt, Verfahren entwickelt und als Ergebnis eine Handlungsempfehlung vorgelegt: Einen Fahrplan, der anhand von Fallbeispielen und Erfahrungen zeigt, wie diese Aufgaben zu l?sen sind und welche zeitlichen und finanziellen Ressourcen gebraucht werden. In den kommenden Monaten wollen wir unsere Arbeit weiterf¨¹hren, unser Konzept umsetzen und einen gemeinsamen Webauftritt der Universit?tssammlungen an der BUA aufbauen, in dem nach F?chern und Objekttypen gefiltert werden kann. Sammlungen, die bisher digital nicht oder schwach pr?sent sind, wollen wir auf ihrem Weg durchs digitale Zeitalter unterst¨¹tzen.
Zum Projekt
Das Projekt ?Digitales Netzwerk Sammlungen¡° wurde von 2021 bis 2023 mit Mitteln aus der Exzellenzstrategie gef?rdert. Es verfolgt das Ziel, eine nachhaltige Sammlungsinfrastruktur f¨¹r die wissenschaftlichen Sammlungen der BUA-Verbundpartnerinnen aufzubauen und die Zusammenarbeit der Akteure im BUA-Verbund zu st?rken. Das Projekt ist im Schwerpunkt ?Sharing Resources¡° der BUA angesiedelt, der sich daf¨¹r einsetzt, Forschungsinfrastrukturen im Berliner Forschungsraum effizienter zu nutzen. Sammlungen sind ein Teil dieser?komplexen?Forschungsinfrastruktur, die f¨¹r die vier Verbundpartnerinnen transparent und zug?nglich?sein sollen.?
Weitere ½ð±´ÆåÅÆ
Kristallstruktur (Elementarzelle) der kubischen Modifikation von Perowskit

Foto: Bernhard Ludewig