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Forschen und eine Familie gründen? Selbstverst?ndlich!

HU-Promovendin Anne Vogt berichtet zum UN-Tag für Frauen und M?dchen in der Wissenschaft, wie sie Forschung und Familie miteinander vereinbart

Am 11. Februar 2019 wird er weltweit zum dritten Mal begangen: der UN-Tag für Frauen und M?dchen in der Wissenschaft. Er richtet sich gegen Diskriminierung und soll die volle und gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und M?dchen in den Wissenschaften f?rdern. Obgleich es, insbesondere in Hinblick auf die Besetzung prestigetr?chtiger Stellen, auch in Deutschland noch Verbesserungsbedarf gibt, hat sich in Sachen Chancengerechtigkeit bereits viel getan – derzeit werden rund 45 Prozent aller Promotionen in Deutschland von Frauen absolviert. Eine von ihnen ist die Linguistin und Diplompsychologin Anne Vogt an der Humboldt-Universit?t zu Berlin. Die 31j?hrige hat nicht nur mehrere Studieng?nge abgeschlossen, sondern ist auch Mutter von zwei Kindern. Mit Blick auf die verz?gerte Familiengründung und die Kinderlosigkeit vieler Akademikerinnen und Akademiker ist das au?ergew?hnlich.

?Mich hat schon immer fasziniert, dass die Sprache den Menschen auszeichnet,“ erl?utert die Wissenschaftlerin, die selbst fünf Sprachen flie?end spricht, die Hintergründe ihrer Leidenschaft für Psycholinguistik. ?Wie funktioniert das, dass Kinder in so kurzer Zeit Sprachen lernen? Warum und wie haben sich weltweit tausende verschiedene Sprachen entwickelt? Solche Fragen treiben mich um.“ In ihrem Promotionsprojekt setzt sie sich damit auseinander, inwiefern Sprache und Lebenserfahrung miteinander verknüpft sind. Derzeit bereitet sie Studien in Hinblick auf die Frage vor, wie Erfahrungsspuren die Auswahl von W?rtern beim Sprechen beeinflussen: ?Es wurde schon gezeigt, dass beim Verstehen von W?rtern wie ?Flasche‘ Areale im Hirn aktiv werden, welche mit Handbewegungen oder dem Mund assoziiert werden. Beim Sprachverstehen scheint diese Art von Erfahrungsspur eine wichtige Rolle zu spielen. Meine Kollegen und ich fragen uns nun, ob auch beim Sprechen solche Erfahrungsspuren aktiviert werden.“

Ursprünglich hatte Anne Vogt ?nur“ Germanistik und Philosophie studiert, nahm dann zus?tzlich ein Studium der Psychologie auf. ?Viele Fragen in Hinblick auf die Sprachverarbeitung lassen sich nur empirisch beantworten. So bin ich zur kognitiven Linguistik und zur Psychologie gekommen.“ Nach dem Abschluss 2016 arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Kognition und Sprache der Universit?t Tübingen. Da waren ihre beiden Kinder bereits geboren. Wie bekommt sie all das – Arbeit, Kinder, Beziehung, Umzug von Tübingen nach Berlin, Promotion – unter einen Hut?

?Das kriegt man geregelt wie jede andere arbeitende Frau auch,“ sagt Anne Vogt mit der ihr eigenen Bescheidenheit. ?Meine Mutter hat ebenfalls Vollzeit als ?rztin gearbeitet. Für mich ist es eine Selbstverst?ndlichkeit, dass ich zwei Kinder habe.“ Vogts Partner tr?gt den Anspruch einer gleichberechtigten Partnerschaft mit, holt die Kinder beispielsweise jeden Tag von der Kita ab. Eine solche Arbeitsteilung in Beziehungen gewinnt in den letzten Jahren zwar an gesellschaftlichem Rückhalt, ist aber noch lange nicht die Regel, wei? auch Anne Vogt. Nicht nur in Hinblick auf diesen Aspekt sei sie in einer privilegierten Position. ?Ich habe den Vorteil, dass ich meine Arbeit selbst einteilen und manche Dinge von zu Hause aus erledigen kann. In anderen Berufsgruppen sieht es da ganz anders aus.“ Ein weiterer wichtiger Aspekt: die HU finanzierte Vogts Promotionsvorbereitung mit einem Humboldt Research Track Stipendium. Nun unterstützt die Studienstiftung des deutschen Volkes Vogts Promotion mit einem Stipendium, was der Forscherin gro?e Freiheit bei der Umsetzung ihres Projektes gew?hrt. ?Die Bezahlung ist ein gro?er Faktor. Mit einer 50-Prozent-Doktorandenstelle, m?glicherweise für ein Projekt, das nur ein Jahr l?uft und einem Partner, der ebenfalls unter ?hnlichen Bedingungen arbeitet, erfordert es viel Mut, sich auf Kinder einzulassen.“

Das Wichtigste sei, sich ein unterstützendes Umfeld zu suchen, ist Anne Vogt überzeugt. Bereits in Tübingen hatte die Wissenschaftlerin für eine Professorin gearbeitet, die drei Kinder und einen berufst?tigen Mann hat. Derzeit wird Vogt ?eng und inhaltlich hervorragend“ von Prof. Dr. Rasha Abdel Rahman betreut. ?Ich hatte und habe also ein sehr unterstützendes Umfeld.“ In Hinblick auf Kinder müsse man sich von der Vorstellung frei machen, dass es einen perfekten Zeitraum gebe und bestimmte Rahmenbedingungen gegeben sein müssten. ?Ich habe den Vorteil: die Kinder sind schon da. Zumindest darüber muss ich mir also keine Gedanken mehr machen,“ sagt die Forscherin augenzwinkernd. ?Mein pers?nlicher Optimismus rührt vielleicht auch daher, dass ich es als gro?es Glück empfinde, im 21. Jahrhundert in Europa als Frau leben und arbeiten zu dürfen.“

Man solle nicht aufh?ren, für Verbesserungen zu k?mpfen, aber auch die Freiheiten und Privilegien zur Kenntnis nehmen, die bereits erstritten worden seien. ?Eine indische Freundin von mir musste jeden Tag für ihre gesamte Familie und die Schwiegereltern kochen, das Wasser dafür musste sie aus einem mehrere Stockwerke tiefer gelegenen Brunnen holen und danach durfte sie sich ihrer Forschung widmen. Heute ist sie trotz früherer Vorbehalte der Familie Professorin. Das ist vielleicht ein krasser Kontrast, aber er verdeutlicht auch, was wir schon erreicht haben - wofür ich den Generationen vor mir sehr dankbar bin.“

Autorin: Nora Lessing

Termin

Montag, 11. Februar, 10.30 bis 12.00 Uhr

Lab Tour & Career Talk im Bessy II
mit Dr. Ana Guilherme Buzanich, Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung/ BAM (in Kooperation mit der BAM)
Ort: HZB, Albert-Einstein-Str.15, 12489 Berlin

Anmeldung an?petra.metz@hu-berlin.de.

Programm (PDF)

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