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Alleinerziehend – kein Familientypus, sondern eine Episode im Lebensverlauf

Hannah Zagel ist Expertin für Sozial- und Familienpolitik im L?ndervergleich

Hannah Zagel
Die Soziologin Hannah Zagel
Foto: Lena Grass

Das negative gesellschaftliche Bild, das in Gro?britannien über Alleinerziehende herrscht, irritierte die Soziologin Hannah Zagel stark. ?Sie werden als Gruppe stigmatisiert, die den Sozialstaat ausnutzt oder sich sogar Leistungen erschleicht“, beschreibt die HU-Wissenschaftlerin die normative Diskussion, die 2009 den Ausschlag gab, über alleinerziehende Erwerbsverl?ufe an der University of Edinburgh zu promovieren. Sie selbst verbrachte eine Phase ihrer Kindheit mit einem alleinerziehenden Elternteil.

Ihrer Promotion lag die Idee zugrunde, dass alleinerziehend zu sein kein Familientypus sei, sondern eine Episode im Lebensverlauf und damit ein Status, der auftreten aber auch wieder verschwinden kann.

Wann werden Menschen alleinerziehend? Wie lange bleiben sie es? Wann verlassen sie diese Lebensphase wieder? Welche Auswirkungen haben diese Dynamiken im Hinblick auf Einkommen, Armutsrisiko und Erwerbsverhalten? Und welche Konsequenzen müssen daraus für die Sozial- und Familienpolitik erwachsen?

Wissenschaft, die bleibt und Ver?nderungen in Gang setzt

Fragen, die die 37j?hrige seither nicht mehr loslassen. Obwohl es zun?chst nicht so aussah, als würde sie den Weg in die Wissenschaft finden. Ursprünglich wollte Hannah Zagel Kulturwissenschaften studieren. Nach einer Ausbildung zur Werbekauffrau, um die Wartezeit auf den Studienplatz zu überbrücken, wurde ihr bewusst, dass sie weder in der Werbebranche noch im Kulturmarketing arbeiten wollte. Sie entdeckte ihre Liebe für die Sozialwissenschaften. Heute ist die zweifache Mutter froh über diese Entscheidung: ?Ich bin in der Wissenschaft, weil ich etwas machen will, das bleibt und zu einem gr??eren Wissensschatz beitr?gt.“

Nach Abschluss ihrer Promotion 2013 führte sie ihr Weg als wissenschaftliche Mitarbeiterin zun?chst an die Universit?t Bremen und die Universit?t Hamburg. Als Gastwissenschaftlerin absolvierte sie Forschungsaufenthalte an der Yale University, dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Universit?t Stockholm. Seit 2016 ist Hannah Zagel Postdoc am Lehrbereich für Mikrosoziologie an der Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU) und assoziiertes Mitglied der Forschungsgruppe Demografie und Ungleichheit am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB).

Alleinerziehende werden immer heterogener

Etwa 20 Prozent der deutschen Haushalte mit Kindern sind alleinerziehend. Eine Lebensform, die stark w?chst und damit immer heterogener wird. Hannah Zagels gro?es Anliegen ist es, dazu l?ndervergleichend zu forschen. Zusammen mit Sabine Hübgen vom WZB und Rense Nieuwenhuis vom SOFI Stockholm analysiert sie die Entwicklung des Armutsrisikos alleinerziehender Mütter in Deutschland, Schweden und Gro?britannien seit den 90er Jahren bis heute.

Gemeinsam mit Rense Nieuwenhuis geht sie in einem weiteren Forschungsprojekt der Frage nach, wie Wohnkosten das Gesamtbudget von Alleinerziehenden im europ?ischen Vergleich belasten. Dabei unterscheiden die beiden Forschenden, ob sozialer Wohnungsbau in das l?nderspezifische Mietsystem integriert ist oder als eigener Sektor dem sonst vorherrschenden Prinzip des Wohneigentums im dualen System gegenüber steht. ?Integrierte Wohnungsm?rkte garantieren Alleinerziehenden h?ufig eine h?here Wohnqualit?t, wohingegen das duale System mit einer geringeren Belastung durch Wohnkosten einhergeht“, fasst Hannah Zagel die Ergebnisse zusammen.

Neben der familienpolitischen Dimension des Themas ?Alleinerziehen“ stehen auch die Institutionen selbst im Fokus ihrer Forschungsarbeit. ?Die klassische Familienpolitikforschung befasst sich mit Ma?nahmen und Gesetzen für den Fall, dass die Kinder schon da sind. Welche Leistungen aber bieten die einzelnen L?nder Familien bereits in der Phase der Familiengründung, beispielsweise bei den 金贝棋牌 assistierte Reproduktionsmedizin oder Fürsorge von Schwangeren?“ fragt Hannah Zagel.

Symposium zu l?ndervergleichender Familienpolitik an der HU

Antworten m?chte sie gemeinsam mit Forscherinnen und Forschern aus der Soziologie, der Politikwissenschaft, der Rechtswissenschaft, der Demografieforschung und der Kulturwissenschaft am 29. November 2019 auf einem Symposium für familienpolitische 金贝棋牌 an der HU finden. Die Veranstaltung organisiert Hannah Zagel gemeinsam mit der britischen Professorin für Soziologie und Sozialpolitik, Mary Daly von der University of Oxford. In einzelnen Panels diskutieren die Expertinnen und Experten aus Deutschland, Gro?britannien, Schweden, Frankreich und den Niederlanden familienpolitische Herausforderungen, um für zukünftige Eltern und ungeborene Kinder vorzusorgen. Das Symposium ist offen für interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Autorin: Susanne Geu

Weitere 金贝棋牌

Webseite des Instituts für Sozialwissenschaften

Webseite von Professor Mary Daly an der Universit?t Oxford

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