Entwickelt sich die EU zu einem supranationalen Staat?
Die Frage nach der Rolle des Staates für die Formierung von Kultur und Gesellschaft bildet in der Ethnologie ein zentrales Thema. Das Problem, wie man den Staat konzeptionell und methodisch erfassen kann, wurde oft beleuchtet; die Erkenntnisse scheinen jedoch mangelhaft. Die anthropologischen Diskussionen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass der moderne Staat nicht als ein einheitliches, koh?rentes Gebilde verstanden werden kann. Diskutiert wurden stattdessen Perspektiven, die Staatlichkeit als ein diffuses Feld von Machtbeziehungen analysieren, als eine unübersichtliche Ansammlung von Praxen und Prozessen.
am 1. Februar 2011 um 18 Uhr
Institut für Europ?ische Ethnologie
Mohrenstra?e 40/41, Raum 311
In seinem Vortrag argumentiert Cris Shore, dass die Bürokratie der Europ?ischen Union einen zentralen Ort der Erforschung gegenw?rtiger Prozesse und Praxen von Staatswerdung darstellt. Die empirisch erkennbare Ausweitung staatlicher oder staats?hnlicher Praxen innerhalb des Apparates der EU setzt Shore in Beziehung zu dem offiziellen Dementi einer sich formierenden supranationalen europ?ischen Staatlichkeit durch die politischen und administrativen Eliten der EU.
Das Problem, die EU in ihrem Charakter analytisch genau zu erfassen, führt zu weiteren fundamentalen Fragen, die im Rahmen des Vortrages diskutiert werden: Welche Transformationen durchlaufen die europ?ischen Nationalstaaten durch die europ?ische Integration? Wie beurteilen die administrativen Eliten der EU ihre Rolle in diesem Prozess? Was sind die Folgen dieser Transformation für die europ?ische Demokratie sowie die Konzeptionen von Bürgerschaft und Subjektivit?t?
Der Vortrag findet im Rahmen der Kolloquiumsreihe ?Decentering Europe. Postcolonial, postbloc perspectives for a reflexive European Ethnology“ statt, die vom Labor Europa/ Europ?isierung am Institut für Europ?ische Ethnologie organisiert wird.
N?heres zum Programm finden Sie unter:
www.euroethno.hu-berlin.de/studium/wichtiges/kvv/institutskolloquium
Cris Shore ist Professor für Sozialanthropologie an der Universit?t
Auckland in Neuseeland. Seine Forschungen konzentrieren sich auf Felder
der politischen Anthropologie, schwerpunktm??ig auf Analysen moderner
Bürokratien und von Machtkonstellationen. Durch seine
Ver?ffentlichungen zur Europ?ischen Union, zu Eliten, Korruption,
Bildungssystemen und einer ?Anthropology of Policy“ hat er Diskussionen
und Forschungen innerhalb der Europ?ischen Ethnologie ma?geblich
beeinflusst.
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WEITERE INFORMATIONEN
Prof. Dr. Regina R?mhild
Humboldt-Universit?t zu Berlin
Institut für Europ?ische Ethnologie
Unter den Linden 6
10099 Berlin
Tel.: 030 2093-3715
E-Mail: regina.roemhild@hu-berlin.de
Web: www.euroethno.hu-berlin.de