Die verborgene Geometrie globaler Seuchen
Dirk Brockmann, Professor an der Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU) und Projektgruppenleiter am Robert-Koch-Institut (RKI), hat mit seinem Kollegen Dirk Helbing von der ETH Zürich eine Theorie zur globalen Seuchenausbreitung entwickelt. Die Erkenntnisse erm?glichen den Wissenschaftlern, den Ursprungsort neuer Epidemien ausfindig zu machen und m?gliche Ausbreitungswege besser vorherzusagen. Der Ansatz der Wissenschaftler beruht auf der Ersetzung geografischer Entfernungen durch ?effektive“ Distanzen. Hierdurch ergibt sich ein neues Bild der Seuchenausbreitung. Die Ergebnisse ihrer Studie sind nun in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Science (13. Dezember) erschienen.
Wo liegt der Ursprungsort eines neuen Erregers? Wo werden die n?chsten Krankheitsf?lle auftreten? Wann werden sie auftreten? Computersimulationen, die die Ausbreitung prognostizieren, sind extrem aufw?ndig. Sie erfordern die genaue Kenntnis von krankheitsspezifischen Eigenschaften. Diese sind jedoch gerade bei neuartigen Erregern noch nicht ausreichend bekannt. Daher haben die theoretischen Physiker und Komplexit?tsforscher Dirk Brockmann und Dirk Helbing einen neuen Ansatz entwickelt: Ihre mathematische Theorie beruht auf der Erkenntnis, dass geographische Entfernungen in einer stark vernetzten Welt nicht mehr ma?geblich sind. Sie müssen stattdessen durch ?effektive“ Entfernungen ersetzt werden. So sind Metropolen wie London und New York aus der Perspektive von Frankfurt effektiv nicht weiter entfernt als geographisch nahe Orte wie Bremen oder Leipzig. In der aktuellen Science-Ver?ffentlichung zeigen die beiden Wissenschaftler, dass diese ?effektiven Entfernungen“ direkt aus den Reisestr?men des Flugverkehrsnetzes bestimmt werden k?nnen. ?Reisen viele Menschen von A nach B, dann ist die effektive Entfernung von A nach B klein. Reisen nur wenige Menschen, ist die effektive Entfernung gro?“, erkl?rt Brockmann. ?Diese Schlussfolgerung haben wir in eine mathematische Formel übersetzt“, erg?nzt Helbing.
Betrachtet man komplexe geographische Ausbreitungsmuster von SARS (2003) oder Influenza A (H1N1) (?Schweinegrippe“, 2009) mit Hilfe der Theorie, dann werden aus den komplexen raum-zeitlichen Ausbreitungsmustern regelm??ige, kreisf?rmige Wellenfronten, die sich mathematisch leicht beschreiben lassen. ?Wir k?nnen nun die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Krankheiten berechnen und bestimmen, zu welchem Zeitpunkt eine Wellenfront einen beliebigen Ort voraussichtlich erreichen wird. Anhand der Formel k?nnen wir au?erdem feststellen, wo ein Infektionsgeschehen seinen Anfang genommen hat“, erkl?rt Brockmann die Bedeutung der Ergebnisse.
?In Zukunft hoffen wir, dass unser neuer Ansatz existierende Modelle zur Seuchenausbreitung verbessern und deutlich effizienter machen wird“, resümiert Brockmann. Helbing erg?nzt: ?Die Theorie wird uns auch helfen, andere wichtige Ph?nomene besser zu verstehen, so beispielsweise die Ausbreitung von Computerviren, 金贝棋牌 und Falschmeldungen oder auch Ansteckungsph?nomene in sozialen Netzwerken.“ Der Komplexit?tsforscher Dirk Brockmann ist Professor für Epidemiologische Modellierung von Infektionskrankheiten am Institut für Biologie der HU. Er ist au?erdem als Projektgruppenleiter am RKI t?tig.
Originalver?ffentlichung
Dirk Brockmann and Dirk Helbing: ?The hidden geometry of complex, network-driven contagion phenomena“. Science, 13 December (2013).
Weitere 金贝棋牌
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Prof. Dr. Dirk Brockmann
Institut für Biologie
Humboldt-Universit?t zu Berlin
Tel.: +49 30 18754 2070
Twitter: @DirkBrockman
dirk.brockmann@hu-berlin.de