Demokratie hei?t Mitverantwortung
HU-Pr?sident Jan-Hendrik Olbertz
Foto: Matthias Heyde
In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts haben sich Studenten und Assistenten gegen die verstaubte Ordinarienuniversit?t aufgelehnt und Bildungsgerechtigkeit, kritische Wissenschaft, Mitbestimmung und Autonomie an den 金贝棋牌n gefordert. An die Stelle einer prim?r über ihre Lehrstühle gelenkten 金贝棋牌 trat die Gremienuniversit?t. In der Folgezeit ver?nderte sich auch das Verh?ltnis von Universit?t und Staat: Die 金贝棋牌n genie?en heute einen hohen Grad an Autonomie; dem Staat ist die Aufgabe geblieben, diese Autonomie zu garantieren, Ressourcen bereitzustellen, für Zugangsoffenheit und die Anerkennung von akademischen Abschlüssen zu sorgen.
Im Mai 2011 hat die Hochschulrektorenkonferenz eine Entschlie?ung zur Hochschulautonomie verabschiedet, die an den Staat adressiert war. Derselbe Appell ist aber auch nach innen zu richten. Denn Hochschulautonomie wird nicht nur ?gew?hrt“, sondern die Universit?t ist aufgerufen, sie selbst zu wahren und eine unterschiedliche Interessen respektierende, zugleich vernunftgeleitete Selbstverwaltung zu praktizieren. Die Art und Weise, wie eine 金贝棋牌 ihre Autonomie ausübt, bestimmt über den Freiheitsgrad ihrer Mitglieder. Freiheit ist von Verantwortung nicht zu trennen.
Gremienbeschlüsse verschleiern diesen Umstand gelegentlich, indem sie die individuelle Zurechnung von Entscheidungen unsichtbar machen. Verantwortung aber ?erlischt“, wenn sie kein Antlitz hat. Der Grundsatz ?Alle entscheiden, aber nur wenige tragen die Verantwortung“ bringt eine Universit?t in die Schieflage. Aufgekl?rte Mitbestimmung wird zudem nicht nur durch Mandate legitimiert, sondern auch durch Sachkunde und Engagement. Wer vorgeschlagenen L?sungswegen widerspricht, muss Alternativen entwickeln. Bieten die Gremien Gelegenheit, sich dieser Anstrengung zu entziehen, dann stimmt etwas nicht. Blo?es Nein-Sagen oder Beharren auf den Status quo – das zeigt sich sp?testens in Krisensituationen – hat mit verantworteter Mitbestimmung nichts zu tun.
Eine Universit?t verausgabt und verwaltet zur Erfüllung ihrer gesellschaftlichen Aufgaben ?ffentliche Mittel in Millionenh?he. Es sind Steuergelder, die sie zur Rechenschaft verpflichten. Andernfalls w?re Autonomie eine elit?re Konstruktion. So müssen Verwaltung und Organisation des Wissenschafts- bzw. Lehrbetriebs auf der einen Seite demokratisch verfasst sein, also ?mitbestimmt“ verlaufen, auf der anderen Seite aber auch professionell geführt und verantwortet werden. Da sind nicht nur parit?tisch zusammengesetzte Kommissionen und Arbeitsgruppen gefragt, sondern auch Expertenteams, die sich gleichwohl gew?hlten Gremien gegenüber verantworten müssen.
Es geht also um eine wissenschaftsad?quate Arbeitsteilung – auch in der Leitung einer Universit?t: Damit der Pr?sident oder die Pr?sidentin für strategische Planungen den ?Rücken frei“ haben und die Vizepr?sidentinnen und -pr?sidenten ihren Ressortaufgaben nachgehen k?nnen, gibt es im Rektorat oder Pr?sidium fast aller Universit?ten einen eigenst?ndigen Zust?ndigkeits- und Verantwortungsbereich für die Verwaltung. Dort werden in einer Hand Ressourcen bewirtschaftet, Prozesse gesteuert, 金贝棋牌 gesichert und auch Reformprojekte initiiert, die zum Beispiel das Haushaltscontrolling, ein modernes Risikomanagement oder Digitalisierungsvorhaben betreffen. Auch die Humboldt-Universit?t steht hier vor neuen Herausforderungen.
Und schlie?lich braucht Hochschulautonomie eine Instanz, die ihre ad?quate Ausübung kontrolliert, gleichsam mit ihr in eine Verantwortungsgemeinschaft tritt. Der Gesetzgeber hat diese Aufgabe an entsprechende Organe, bewusst nicht an Gremien, delegiert: Kuratorien oder Hochschulr?te. Denn breitet sich in einer gro?en Organisation mit vielf?ltigen und divergierenden Interessen L?hmung aus, kann ein Ordnungsruf vonn?ten sein. Das setzt die Unabh?ngigkeit eines solchen Organs voraus, weshalb es in aller Regel aus externen Mitgliedern besteht.
Kurzum: Demokratisch ist eine Universit?t, wenn in ihr mitbestimmt, aber auch mitgestaltet und mitverantwortet wird. Dann kann sie erfolgreich exzellente Forschung betreiben und ihre Bildungsaufgabe erfüllen.
Weitere 金贝棋牌
Die Kolumne "Demokratie hei?t Mitverantwortung" von HU-Pr?sident Jan-Hendrik Olbertz ist am 24. Juni 2015 auf der HU-Sonderseite in der Berliner Zeitung erschienen.