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Berlin ist bunt und das ist auch gut so

Neue Studie zeigt, dass Berlin offen gegenüber kultureller und religi?ser Vielfalt ist

Eine neue Studie des ?Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM)“ der Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU)?verweist auf überwiegend positive Einstellungen gegenüber Musliminnen und Muslimen in Berlin – jedoch bei gleichzeitiger Pr?senz von Stereotypen und Abwehr religi?ser Gleichstellung bei einem Teil der Bev?lkerung. Die mehrheitlich positiven Einstellungen sollten als Ausgangspunkt genommen werden, um fehlendes Wissen auszubauen und die ambivalenten Haltungen gegenüber religi?ser Gleichstellung aufzufangen. Dies sollte durch den symbolischen Akt eines Berliner Staatsvertrags mit den Musliminnen und Muslimen auf den Weg gebracht werden.

Die ?ffentliche Debatte um Flüchtlinge und Deutschlands Willkommenskultur birgt sowohl Offenheit als auch zunehmende Abwehr. Das Thema Islam ist durch die Geflüchteten aus muslimischen L?ndern des Nahen und Mittleren Ostens wieder st?rker pr?sent. ?Muslimische Einzelpersonen, aber auch Moscheevereine und weitere Organisationen engagieren sich als Dolmetscherinnen und Dolmetscher, als ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, als professionelle Hilfsorganisatorinnen und Hilfsorganisatoren und zeigen damit, dass sie mitten in der Gesellschaft verankert und mit dieser zusammen bereit sind, eine Willkommenskultur anzubieten. Gleichzeitig sind Musliminnen und Muslime aber auch Neuank?mmlinge, Geflüchtete und Menschen in Not, die untergebracht und in die Gesellschaft der Vielen integriert werden müssen. Ihre Pr?senz l?st eine gro?e Debatte um den Umgang mit Asyl und Einwanderung aus und darum, wie wir uns als Gesellschaft begreifen wollen,“ so Prof. Dr. Naika Foroutan, stellvertretende Direktorin des BIM der HU. ?Umso wichtiger ist es, Einstellungen der Bev?lkerung gegenüber Musliminnen und Muslimen zu kennen“. Eine repr?sentative Umfrage mit 569 Berliner Befragten, die durch die Stiftung Mercator am BIM gef?rdert wurde, kommt für Berlin zu positiven Ergebnissen. Die Umfrage wurde vergangenes Jahr von der JUNITED-Forschungsgruppe im BIM durchgeführt, die auch die ?Junge Islam Konferenz – Deutschland" wissenschaftlich begleitet. Die Umfrage wurde zu einem Zeitpunkt durchgeführt, der nicht von gesellschaftlichen Verunsicherungen gekennzeichnet war wie derzeit durch die Fluchtdebatten und k?nnte daher eine Grundstimmung der Berliner Bev?lkerung auffangen. Die Einstellungen zu Islam und Musliminnen und Muslimen sollten nicht auf Basis einer momentanen politischen Situation alarmistisch bewertet werden.

Die Einstellung der Berliner Bev?lkerung gegenüber Musliminnen und Muslimen ist mehrheitlich positiv

Ein Gro?teil der Berlinerinnen und Berliner empfindet die muslimische Kultur als eine Bereicherung für Deutschland (70 Prozent). Nur 16 Prozent sehen Musliminnen und Muslimen als ?Belastung für das soziale Netz“, obwohl gerade dieses Argument im Zuge der Sarrazin-Debatten um Unproduktivit?t und Sozialtransfers im ?ffentlichen Raum stark vertreten wurde. Auch die damit verknüpften Debatten um hohe Kriminalit?tsraten oder kulturelle Inkompatibilit?t haben offenbar nur bei 18 Prozent der Berlinerinnen und Berlinern das Gefühl hergestellt, ?Muslime in Deutschland bedrohen viele Dinge, die ich für gut und richtig halte“. Vielmehr finden zwei Drittel, Musliminnen und Muslimen sollte mehr Anerkennung entgegengebracht werden.

Auf Basis der Studienergebnisse lassen sich folgende Handlungsempfehlungen ableiten: In dieser transformativen Situation ist es wichtig, institutionelle Stabilit?t zu garantieren, Wissen auszubauen und das positive Einstellungsklima zu nutzen, um gesetzliche Ungleichheiten abzubauen. Die Einführung eines Staatsvertrags k?nnte religi?se Rechte von Musliminnen und Muslimen in Berlin institutionalisieren und rechtliche Verbindlichkeit schaffen. Somit k?nnte die derzeitige positive Einstellung gegenüber Musliminnen und Muslimen durch einen politischen Akt der symbolischen Zugeh?rigkeit best?rkt werden, der sich sowohl auf die muslimische als auch auf die nicht-muslimische Bev?lkerung auswirkt.

Wenig Wissen über Musliminnen und Muslime vorhanden und Stereotype bei ca. einem Drittel der Berlinerinnen und Berlinern verankert – Wissensaufbau über Musliminnen und Muslimen st?rken und institutionalisieren

Trotz der hohen Anerkennung sch?tzt ein Gro?teil der Befragten ihr Wissen über Musliminnen und Muslime als gering ein (69 Prozent). Der Anteil der Musliminnen und Muslimen an der deutschen Bev?lkerung, der bei ca. 5 Prozent liegt, wird von zirka 72 Prozent der Berliner Bev?lkerung übersch?tzt. Davon übersch?tzen 22 Prozent der befragten Berlinerinnen und Berliner den Anteil deutlich um das Doppelte, Dreifache und sogar Vierfache, indem sie diesen zwischen 11 und 20 Prozent vermuten. Ein Viertel der Berlinerinnen und Berliner glaubt sogar, dass über 20 Prozent der Bev?lkerung Deutschlands muslimisch sei. Au?erdem werden Stereotype der Bildungsferne und Gewalt von 28 bzw. 30 Prozent der Berliner Bev?lkerung als etwas typisch Muslimisches gesehen. Dieses mangelnde Wissen und die bestehenden Stereotype zeigen, dass die verh?ltnism??ig hohe 金贝棋牌h?ufigkeit mit Musliminnen und Muslimen in Berlin allein noch kein Wissen schafft.

Daher sollte das Thema Islam und Musliminnen und Muslimen, aber auch Islamfeindlichkeit in Schulen st?rker aufgegriffen werden. Zus?tzlich ist die Gründung eines Berliner Zentrums für islamische Theologie stark zu befürworten, um Bedarfe nach religionstheoretischem oder theologischem Wissensausbau gerecht zu werden. Hierbei würde es nicht nur um die Ausbildung des akademischen Nachwuchses und die theologische Ausbildung von Imamen gehen, sondern auch um die Ausbildung von islamischen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, die sich in der Alten- und Krankenpflege, als Streetworkerinnen und Streetworker und als Sozialp?dagoginnen und Sozialp?dagogen in Schulen engagieren und darüber eben auch Wissen in den sozialen Raum einspeisen k?nnen, welches sie an einem universit?ren Standort in Berlin erworben haben. Auch die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern für den islamischen Religionsunterricht, der von 66 Prozent der Befragten befürwortet wird, k?nnte durch ein Zentrum für Islamische Theologie in Berlin gew?hrleistet werden.

Ambivalente Positionierung bei religionspolitischen Fragen

W?hrend zwei Drittel der Berlinerinnen und Berliner zwar der Meinung sind, dass Musliminnen und Muslimen mehr Anerkennung entgegengebracht werden sollte, was auf eine hohe abstrakte Akzeptanz schlie?t, sieht es bei der konkreten Umsetzung von religi?sen Rechten als einem Symbol für gesellschaftliche Gleichstellung nicht mehr so deutlich aus. Dennoch ist die Zustimmung bei religionspolitischen Fragen in Berlin - trotz der insgesamt st?rkeren S?kularisierung - immer noch h?her als im restlichen Bundesgebiet. In Berlin sprechen sich 53 Prozent der Bev?lkerung gegen die Beschneidung aus und 34 Prozent würden den Moscheebau einschr?nken. Gegen das Kopftuch bei Lehrerinnen sprechen sich 42 Prozent aus, allerdings ist eine Mehrheit dafür: 54 Prozent der Berlinerinnen und Berliner finden, dass es das Recht muslimischer Lehrerinnen sein sollte, im Unterricht ein Kopftuch zu tragen. Dies sind mehr Befürworterinnen und Befürworter als im restlichen Bundesgebiet, wo sich Befürworterinnen und Befürworter und Gegnerinnen und Gegner eines Kopftuchverbots ungef?hr die Waage halten.

Vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts und der Einstellungen der Berlinerinnen und Berliner, die das Recht auf individuelle Auslebung von Religiosit?t auch im ?ffentlichen Raum offensichtlich akzeptieren, empfehlen wir eine Anpassung des Neutralit?tsgesetzes an die empirischen Realit?ten der Vielfalt und Pluralit?t in dieser Stadt.

Fazit - Berliner Staatsvertrag mit den muslimischen Gemeinschaften schlie?en und Neutralit?tsgesetz anpassen

?Es wird deutlich, dass auch in einer Stadt wie Berlin, die sich durch gr??ere Offenheit teilweise sogar signifikant vom restlichen Bundesgebiet unterscheidet, was Einstellungen zu kultureller und religi?ser Vielfalt angeht, dennoch keine Gleichheit von Religionsgemeinschaften in Bezug auf deren Rechte gesehen wird. Es muss daher deutlicher erkl?rt werden, dass eine plurale, offene Demokratie auch die gleichen Rechte, Positionen und Partizipationen aller Bürgerinnen und Bürgern bedeutet, ganz gleich, ob sie religi?s sind oder nicht, ob sie eingewandert sind oder schon immer hier gelebt haben. Denn der Grundsatz der Demokratie hei?t eben nicht, wer zuerst da war, mahlt zuerst,“ so Prof. Dr. Naika Foroutan, Leiterin der Studie.

Die vorliegenden Empfehlungen, die aufgrund der Studienergebnisse formuliert wurden, zielen darauf ab, die mehrheitlich offene Einstellung der Berlinerinnen und Berliner gegenüber Musliminnen und Muslimen zu festigen und an den n?tigen Stellen nachzubessern, um zu verhindern, dass die Einstellung der Bev?lkerung kippt. Das Wissen sollte daher in die Breite getragen werden, um Stereotype zu beseitigen, ein Staatsvertrag sollte rechtliche und institutionelle Sicherheit und Gleichheit für Musliminnen und Muslime gew?hren und das Neutralit?tsgesetz an die Realit?ten der Vielfalt und Pluralit?t in dieser Stadt angepasst werden.

Die Studie

http://junited.hu-berlin.de/berlin-postmigrantisch-2015

Das Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM)
Das BIM der Humboldt-Universit?t zu Berlin wird durch die Gemeinnützige Hertie-Stiftung (F?rderpartner), den Deutschen Fu?ball-Bund (DFB), die Bundesagentur für Arbeit (BA) und die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration gef?rdert und unterstützt. www.bim.hu-berlin.de

Die Forschungsgruppe JUNITED
Die Forschungsgruppe JUNITED – Junge Islambezogene 金贝棋牌 in Deutschland untersucht das Reaktionsspektrum auf das sich wandelnde Einwanderungsland Deutschland in Bezug auf die 金贝棋牌 Islam und Muslime aus transdisziplin?rer Perspektive. Die Forschungsgruppe ist unter der Leitung von Prof. Dr. Naika Foroutan im Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) an der Humboldt-Universit?t zu Berlin angesiedelt. JUNITED ist ein F?rderprojekt der Stiftung Mercator: http://junited.hu-berlin.de

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Dipl.-Pol. Damian Ghamlouche
Humboldt-Universit?t zu Berlin

Tel.: (030) 220 15 705
d.ghamlouche@hu-berlin.de