"Von Null auf B2 in acht Monaten"
Abbildung: Martin Wolf
Alle zwei Jahre treffen sich etwa 300 Wissenschaftler und Lehrende aus dem Arbeitskreis der Sprachenzentren, Sprachlehrinstitute und Fremdspracheninstitute (AKS) aus dem In- und Ausland, um sich zu aktuellen Aspekten der Fremdsprachenlehre an 金贝棋牌n auszutauschen. Im M?rz 2016 widmet sich die Tagung, die von der HU ausgerichtet wird,? erstmals dem Humboldt‘schen Ideal von Lehre und Forschung sowie dem Einsatz und Nutzen neuester Forschungsergebnisse im Fremdsprachenunterricht. Auf der Agenda stehen neue didaktische Methoden, die Vermittlung von Fachsprachen, das interkulturelle Lernen und Arbeiten sowie Strategien zum autonomen Lernen. Am Abend des ersten Konferenztages wird in einem Festakt zudem das 65-j?hrige Jubil?um des Sprachenzentrums der Humboldt-Universit?t begangen.Wir sprachen anl?sslich von Tagung und Jubil?um mit der Direktorin des HU-Sprachenzentrums, Dr. Elke R??ler.
Frau R??ler, im M?rz 2016 findet an der HU eine gro?e Tagung des Arbeitskreises der Sprachenzentren, Sprachlehrinstitute und Fremdspracheninstitute (AKS) statt. Sie widmet sich dem Humboldt‘schen Ideal von Lehre und Forschung. Worum geht es genau?
Sprachenzentren sind Lehreinrichtungen, die in der Regel weniger mit Forschung zu tun haben. Wir merken aber in unserer t?glichen Arbeit, dass die Verbindung beziehungsweise Einheit von beidem für die Lehre wichtig ist. Die Tagung rückt erstmalig dieses Thema in den Vordergrund und bringt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Sprachenzentren mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammen. Wir versprechen uns wertvolle Impulse für beide Seiten, m?chten uns noch besser vernetzen und auch gemeinsam darüber nachdenken, wie wir Forschung besser in unserer Arbeit verankern k?nnen.
An welcher Stelle würde wissenschaftliche Unterstützung das Sprachenzentrum weiterbringen, haben Sie ein Beispiel parat?
Die Studierenden heute sind konfrontiert mit permanent wachsenden Anforderungen, auch an ihre sprachliche Kompetenz für Studium und Beruf. Dem versuchen wir durch unsere Arbeit bestm?glich gerecht zu werden und verstehen uns so auch als eine Art Laboratorium. Neben einem bew?hrten Kernangebot probieren wir deshalb neue Kursformate aus. In einem bilingualen Kurs Italienisch-Englisch auf B2-Niveau beispielsweise wird Code-Switching und Sprechflüssigkeit trainiert, zunehmend eine Notwendigkeit in mehrsprachigen Gesellschaften. Wir praktizieren das und k?nnen auch sagen, was gut funktioniert, aber manchmal fehlt uns ein Stück Theorie, um es noch besser zu machen, und auch, um andere, sinnvolle Lernszenarien anzubieten.
Warum macht es Sinn, zwei Sprachen gleichzeitig zu lernen?
Man muss nicht immer alles von Null an lernen. Wir m?chten Lernprozesse beschleunigen, den Studierenden Strategien an die Hand geben, mit denen sie die Sprachlernerfahrung aus der Sprache x auf die Sprache y übertragen k?nnen. Das kann man gezielt vermitteln und das macht auch die Qualit?t universit?rer Sprachlehre aus. Unsere Lehrkr?fte besuchen regelm??ig Fortbildungen und geben ihr Know-how auch untereinander weiter.
Sie richten nicht nur eine Tagung aus, das Sprachenzentrum feiert auch 65-j?hriges Jubil?um, das auf der Konferenz mit einem Festakt gewürdigt wird. Was haben Sie in den vergangenen Jahren erreicht?
Wir haben ein Kernangebot, das fachspezifische Kurse in 14 Sprachen umfasst. Darüber hinaus m?chten wir Mehrsprachigkeit in der Breite, beispielsweise durch ein erg?nzendes Intensivkursprogramm mit Sprachen wie Hindi oder Swahili, f?rdern. Wir haben uns dazu – basierend auf einer umfassenden Analyse, – zwei Positions- und Strategiepapiere gegeben, 2008 und 2012.
Wir haben versucht, den Bedarf und die Erwartungen verschiedener Zielgruppen zu bündeln, uns aber auch die Berliner Situation angesehen und dann Schwerpunkte gesetzt, die teilweise historisch bedingt sind. Beispielsweise pflegen wir weiterhin gute 金贝棋牌e nach Russland, unsere Sprachintensivreisen nach Minsk werden sehr gut angenommen. Wir haben au?erdem einen Schwerpunkt auf au?ereurop?ische Sprachen gesetzt und Stellen für Arabisch und Türkisch geschaffen, um auch an den Berliner Realit?ten n?her dran zu sein. Unser Profil werden wir weiterhin sch?rfen und entwickeln.
Gibt es etwas Neues, dass Sie gerne angehen m?chten?
Man k?nnte künftig gezielt und verst?rkt Studieng?nge daraufhin abklopfen, wo Zusatzqualifikationen in Sprachen notwendig und sinnvoll sind. Kenntnisse im Fach setzt man normalerweise voraus, zus?tzliche Kompetenzen beispielsweise Spanisch für Agrarwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler oder Türkisch für Mediziner k?nnte bestimmte Studieng?nge weiter profilieren und den Absolventinnen und Absolventen bessere Berufschancen bieten. Wir sind als Serviceeinrichtung bereit für die Umsetzung neuer Ideen dieser Art und offen, gemeinsam mit dem Pr?sidium, den Fakult?ten und dem Internationalen Büro über eine Language-Policy der HU nachzudenken.
Das Sprachenzentrum bietet auch Deutschkurse für Geflüchtete, die eine Gasth?rerschaft an der HU machen, an.
Ja, wir bieten zwei Deutschkurse für jeweils 25 Teilnehmende an, die von der Senatsverwaltung gef?rdert werden. Es ist kein einfaches Unterfangen, denn wir haben bisher kaum Kenntnisse über die Vorbildung der Teilnehmenden. Bringen sie Sprachlernerfahrungen in an-deren Sprachen mit? Beherrschen sie das lateinische Alphabet? Nach Wünschen der Senatsverwaltung sollen die Kurse innerhalb kurzer Zeit zur Studierf?higkeit führen. Wir haben ein spezielles Kurskonzept aufgelegt, das es bislang so nicht gibt: von Null auf B2 in acht Monaten. Auch wenn es ein bisschen an Wunder grenzt, was da verlangt wird, glauben wir, dass wir es schaffen k?nnen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden am Ende zwar nicht bei Obi einkaufen, aber wissenschaftliche Texte lesen k?nnen.
Was best?rkt Sie darin, es schaffen zu k?nnen?
Wir haben klare Anforderungen an die Teilnehmenden: sie müssen eine Hochschulzugangsberechtigung haben und das lateinische Alphabet beherrschen. Daneben erwarten wir Englischkenntnisse auf mindestens B1-Level. 80 Unterrichtseinheiten im Monat sind geplant. Das sind mit 20 Wochenstunden sehr intensive Kurse. Inhalte müssen zielgruppengerecht konzentriert werden. Unsere Lehrkr?fte sind flexibel und werden je nach Bedarf entsprechend gestalten.
Grunds?tzlich gibt es auch die M?glichkeit, in die Mediothek zu gehen und selbst zu lernen.
Ja, die Mediothek steht natürlich zur Verfügung, aber das autonome Lernen muss auch erst einmal gelernt sein. Sich selber zu disziplinieren, sich selbst Lernziele zu stecken ist nicht immer einfach. Wir haben eine Umfrage unter HU-Studierenden durchgeführt. 95 Prozent bevorzugen Pr?senzkurse, ganz am Ende steht das reine Online-Lernen.
In dieser Beziehung scheinen die Studierenden sehr altmodisch zu sein.
Sie sch?tzen die soziale Umgebung und die Rückkopplung mit dem Lehrer, das hei?t aber nicht, dass neue Medien nicht begleitend, wie beispielsweise Blended Learning, zum Einsatz kommen. Ich finde, dass heutige Studierenden-Generationen sehr klar und gezielt agieren. Sie entscheiden sehr genau und bewusst, warum sie eine Sprache erlernen und was sie gut k?nnen m?chten – um beispielsweise für ein Praktikum in einem türkischen Krankenhaus oder für ein Auslandssemester bei einer Partneruniversit?t gut gerüstet zu sein. Die heutigen Studierenden investieren viel Zeit und Energie in ihre Sprachausbildung, und wir unterstützen sie dabei nach Kr?ften.
Elke R??ler ist Direktorin der Zentraleinrichtung Sprachenzentrum.????????
Das Interview führte Ljiljana Nikolic
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Sprachenzentrum der HU
Tagung des AKS vom 3. bis 5. M?rz 2016
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