Ein Mathe-Genie auf dem Weg zu Olympia

Trainer und Schüler: Dr. Alexander Fauck
und Branko Juran (r.) Abb: Ralph Bergel
?Man bestimme alle Tripel (a, b, c) positiver ganzer Zahlen, sodass jede der Zahlen ab – c, bc – a, ca – b eine Zweierpotenz ist. (Eine Zweierpotenz ist eine ganze Zahl der Form 2?, wobei n eine nichtnegative ganze Zahl ist.)“ So lautet die zweite Aufgabe der 56. Internationalen Mathe-Olympiade, die 2015 in Thailand stattgefunden hat, und die wahrscheinlich 99 Prozent aller Menschen Kopfzerbrechen bereitet. Nicht so Branko Juran. Der 17-j?hrige Gymnasiast ist einer von sechs Teilnehmern, die Deutschland bei der diesj?hrigen IMO in Hongkong vertreten. Er gilt als mathematisches Ausnahmetalent. Die Aufgabenstellungen aus dem letzten Jahr hat er l?ngst gel?st.
Dass Branko – um es gelinde zu formulieren – gut in Mathe ist, war ihm von klein auf bewusst. ?Ich hatte schon immer eine gewisse Faszination für Zahlen“, erz?hlt er. Auch gab es eine Art Schlüsselerlebnis: ?In der dritten Klasse habe ich bei der Bezirksrunde der Mathe-Olympiade mitgemacht, und zwar für die fünfte Klasse – und habe gewonnen“, so der Schüler. ?Da dachte ich, ‘Hm, du bist wirklich nicht schlecht.’“
Selbst Lehrer fragen ihn um Rat
Danach sei die Welle ins Rollen gekommen. Eine Stunde pro Woche nahm er nun am Matheunterricht in einem h?heren Jahrgang teil, so dass er in der dritten Klasse gewisserma?en in die sechste ging. Zwar hat er diesen Doppelunterricht aufgrund von Terminproblemen sp?ter aufgegeben, doch ist sein Mathe-Unterricht bis heute besonders, denn meist bekommt er zus?tzliche Aufgaben. Aktuell belegt der Blankenburger an seiner Schule, dem Berliner Heinrich-Hertz-Gymnasium, das ohnehin einen mathematisch-naturwissenschaftlichem Schwerpunkt hat, weshalb das Niveau über die Abitur-Anforderungen hinaus geht, zwei Mathe-Kurse. Sind die Lehrer dort kompetent? ?Auf jeden Fall“, sagt Branko. Gleichwohl sei es schon vorgekommen, dass ein Lehrer ihn um Rat gefragt habe. Und Branko wusste weiter.
Daneben besuchte er über sechs Jahre die Kurse der Mathematischen Schülergesellschaft ?Leonhard Euler“ (MSG), die bei der Mathe-Didaktik der Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU) angesiedelt ist. Seit 1970 werden hier Interessierte und Begabte gef?rdert. Dr. Alexander Fauck, der Branko seit Herbst 2014 trainiert und im Frühjahr seine Promotion an der HU – es geht darin um Planetenbewegungen, die man numerisch nicht mehr komplett vorhersagen kann – abgeschlossen hat, war vor fast zwanzig Jahren selbst einer dieser Schüler.
Hohe Nachfrage nach Kursen der MSG

Branko Juran reist nach Hongkong.
Abbildung: Ralph Bergel
Er erkl?rt: ?Die MSG bietet w?chentliche Kurse für die Jahrg?nge 5 bis 13 an. Hier werden 金贝棋牌 vorgestellt, die kein Schulstoff sind, aber auch nicht so weit weg davon. Wenn es in der Schule etwa um das Berechnen natürlicher Zahlen geht, dann diskutieren wir die Axiome derselben. Oder wir behandeln Unterrichtsstoff, der früher relevant war, es heute aber aus Zeitmangel oder wegen einer Fokusverschiebung nicht mehr ist.“ In den h?heren Jahrg?ngen k?nne es in den Unistoff hineingehen.
Die Nachfrage sei indes vor allem am Anfang sehr hoch, wie Dr. Fauck berichtet. ?In den kleinen Klassen gibt es fünf Kurse à 20 Schüler.
In der Oberstufe noch einen oder zwei.“ Die Teilnehmer seien trotz des zu absolvierenden Aufnahmetests sehr inhomogen, so der Mathematiker. ?Von guten, aber nicht herausragenden Schülern bis hin zu Teilnehmern wie Branko ist alles dabei. Leider zum Gro?teil Jungen.“ Branko erg?nzt, ?in meinem Kurs waren ein M?dchen und sechs Jungs“.
Auch bei der MSG hat der Gymnasiast übersprungen: Als Drittkl?ssler nahm er bereits am Kurs für Fünftkl?ssler teil. Auch sp?ter war er nie im offiziellen Schuljahrgang. Wie oft kommt es vor, dass jemand unter den Schülern ist, der so talentiert ist wie Branko? ?Alle fünf bis zehn Jahre“, antwortet Fauck. Dass sich Branko darüber hinaus als Schulsprecher engagiert, Klavier spielt und nebenbei noch Zeit für Freunde und zum Reisen findet, rundet das Bild des au?ergew?hnlichen Jugendlichen ab.
Der lange Weg zur Mathe-Olympiade
Inzwischen erh?lt Branko Juran Einzelf?rderung. ?Im Wesentlichen ist es Mathe-Theorie, wir diskutieren Uni-Aufgaben, sind also weit über den Schulstoff hinaus“, erl?utert Fauck. Sein Schützling fügt hinzu: ?Mit der Mathe-Olympiade hat das nur bedingt etwas zu tun.“ Apropos Olympiade. ?ber ein Jahr lang hat sich Branko für diese qualifiziert. Auf Bundesebene galt es einen Mathe-Preis zu gewinnen, es folgten etliche Klausuren und Seminare. Ob auf Ebene der VAIMO, der Vorauswahl zur Auswahl der IMO, oder der AIMO, der eigentlichen Auswahl – überall wurde ausgesiebt.
Ende Mai hat der Schüler erfahren, dass er nach Hongkong fliegt. Ist er aufgeregt? Branko: ?Ich gehe es gelassen an. Mein Ziel war es, in die AIMO zu kommen – insofern habe ich schon jetzt mehr erreicht. Aber es w?re natürlich sch?n, wenn am Ende eine Medaille raus kommt.“ Sein Plan, Mathe zu studieren, steht derweil fest. ?2017 mache ich mein Abitur. Danach gehe ich wahrscheinlich nach Bonn, weil dort die Reine Mathematik sehr gut aufgestellt ist“, sagt Branko Juran.
Autor: Michael Thiele
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Hintergrund
Die Internationale Mathe-Olympiade (IMO) ist ein internationaler Mathematik-Wettbewerb, der seit 1959 j?hrlich stattfindet und an dem Schülerinnen und Schüler teilnehmen dürfen, die noch nicht das 20. Lebensjahr vollendet und noch kein Studium aufgenommen haben. Teilnehmende aus über 100 L?ndern und aus allen Kontinenten bearbeiten an zwei Tagen je eine viereinhalbstündige Klausur mit je drei Aufgaben, die vor allem kreative L?sungswege erfordern. Gestellt werden Fragen u.a. zu den Bereichen Zahlentheorie, Geometrie, Funktionalgleichungen und Kombinatorik. Als Hilfsmittel erlaubt sind ausschlie?lich Zirkel und Lineal. Deutschland schickt stets sechs Schülerinnen und Schüler, die alle automatisch in die Studienstiftung des Deutschen Volkes aufgenommen werden. 2016 steigt der Schülerwettbewerb, der übrigens die ?lteste Wissenschaftsolympiade der Welt ist, vom 6. bis 16. Juli. Der Austragungsort der inzwischen 57. IMO ist Hongkong.