Presseportal

Motorische Hirnrinde: Mehr Bremse als Motor?

In einer Studie der Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU) zeigen Wissenschaftler erstmals, dass neuronale Aktivit?t im Motorkortex Bewegungen vielmehr unterdrückt, als diese zu verursachen
Illustration zur Forschung

Oben: Sowohl die menschliche Hirnrinde als auch
die der Ratten enth?lt eine ?Karte’ des K?rpers im
Motorkortex (markiert in rot). Wichtige Bewegungen,
wie die Bewegung der Tasthaare, besitzen gro?e
Repr?sentationen im Motorkortex.
Unten: Aktivit?t eines einzelnen Neurons (vertikale
Linien) in der Tasthaarregion im Motorkortex ist
stark reduziert w?hrend verschiedener Bewegungen,
in diesem Fall w?hrend einer sozialen Berührung mit
einem anderen Tier.
Abbildung: Ebbesen/Doron/Lenschow/Brecht

Eine Aufgabe der Hirnrinde von S?ugern ist die Kontrolle von Bewegungen. Eine zentrale Rolle spielt hierbei die motorische Hirnrinde, der sogenannte Motorkortex. Bis heute haben zahlreiche Studien untersucht, wie neuronale Aktivit?t im Motorkortex Bewegungen verursacht. In einer neuen Studie der Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU) zeigen Wissenschaftler nun erstmals, dass neuronale Aktivit?t im Motorkortex Bewegungen vielmehr unterdrückt, als diese zu verursachen. Die Ergebnisse wurden jetzt in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nature Neuroscience ver?ffentlicht.

Die Entdeckung der bewegungshemmenden Rolle des Motorkortex soll nun auch dabei helfen, zu verstehen, wie zum Beispiel Schlaganfallpatienten durch Sch?digungen dieses Gehirnareals beeintr?chtigt werden. Diese Patienten klagen oft über Muskelkr?mpfe und leiden auch an anderen Symptomen, die für eine ?beraktivit?t ihrer Muskeln sprechen.

Die Anordnung des Motorkortex entspricht einer ?Karte’ des K?rpers, mit der Besonderheit, dass wichtige K?rperteile wie die menschliche Hand überproportional gro?e Teile der Region beanspruchen. Für unterschiedliche Tierarten trifft dies auf verschiedene K?rperregionen zu. Bei Ratten ist zum Beispiel die Repr?sentation der Tasthaare massiv vergr??ert, da sie die Haare aktiv bewegen, um in der Dunkelheit Objekte zu ertasten und sich zu orientieren. Michael Brecht, Professor für Tierphysiologie an der HU und Leiter der Studie: ?Diese Hirnregion wurde Motorkortex genannt, da man davon ausging, dass sie eine Art Motor ist, also Bewegungen generiert. Für uns war es daher sehr überraschend, dass Bewegungen erzeugt wurden, obwohl wir diese Region blockiert haben.“

Erh?hte neuronale Aktivit?t führt zu Blockade

Die Forschergruppe hat nun herausgefunden, dass w?hrend verschiedener Formen von Tasthaarbewegungen die neuronale Aktivit?t im Motorkortex reduziert ist. Diese Beobachtung weist darauf hin, dass die neuronale Aktivit?t im Motorkortex zur Ausführung einer Bewegung reduziert werden muss. Im Umkehrschluss würde eine erh?hte neuronale Aktivit?t zu einer Blockade von Bewegungen führen. ?Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Motorkortex in vielen Situationen eher wie eine Bremse funktioniert“, betont Brecht.

Um dies zu testen, führten die Wissenschaftler weitere Experimente durch bei denen sie die Aktivit?t im Motorkortex manipulierten. Bei künstlicher Aktivierung des Motorkortex wurden die Tasthaare zurückgezogen, als ob die Ratte eine Bewegung abbrechen würde. Dagegen führte eine künstliche Unterdrückung der neuronalen Aktivit?t zu einer Verst?rkung der Tasthaarbewegungen.

Publikation

"Vibrissa motor cortex activity suppresses contralateral whisking behavior" von Christian L. Ebbesen, Guy Doron, Constanze Lenschow und Michael Brecht (in Nature Neuroscience, 31.10.2016).

金贝棋牌

Prof. Dr. Michael Brecht
Humboldt-Universit?t zu Berlin

Tel.: 030 2093-6770
michael.brecht@bccn-berlin.de