Willkommensklassen: Integration durch separierte Beschulung?
Die Zahl neu zugewanderter Kinder und Jugendlicher ohne Deutschkenntnisse an Schulen ist seit dem letzten Jahr deutlich angestiegen: Gegenw?rtig lernen über 12.500 Kinder ohne ausreichende Deutschkenntnisse an Berliner Schulen, meistens in sogenannten ?Willkommensklassen“. Wie genau die Ausbildung in diesen Klassen ausgestaltet ist und vor welche Herausforderungen sie Berliner Schulen stellen, hat ein Team des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) der Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU), gef?rdert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Integration und Flüchtlinge, untersucht. Ihre Ergebnisse stellte es bei einer Podiumsdiskussion vor.
Die derzeit 1.056 ?Willkommensklassen“ in Berlin sollen zugewanderten Kindern erm?glichen, intensiv Deutsch zu lernen, um erfolgreich am Regelunterricht teilnehmen zu k?nnen. 18 dieser Klassen an zehn Grundschulen in acht Berliner Bezirken sowie drei Schulen, bei denen die Kinder gemeinsame Klassen besuchen hat das BIM untersucht. Das Team nahm dabei beobachtend am Alltag in den Willkommensklassen teil und führte Interviews mit Leitern von Koordinierungsstellen sowie Eltern von Kindern in ?Willkommensklassen“. ?Wir haben uns für Grundschulen entschieden, weil sie aufgrund festgelegter Einzugsgebiete und nicht vorhandener Leistungskriterien als egalit?r gelten“, sagt Dr. Birgit zur Nieden, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialwissenschaften der HU. ?Deshalb ist es erkl?rungsbedürftig, warum Kinder gerade hier durch ?Willkommensklassen‘ voneinander getrennt werden.“
Zentrale Ergebnisse
Die Studie zeigt, dass die Trennung von Schülerinnen und Schülern in ?Willkommens“- und Regelklassen organisatorische Herausforderungen hervorruft. So gibt es etwa keinen festgelegten, übergreifenden Lehrplan für ?Willkommensklassen“ an Grundschulen. Vielmehr legen die Lehrkr?fte die Inhalte individuell für ihre Klassen fest. Eine Schwierigkeit dabei sei die sehr hohe Fluktuation in den Klassen: Zum einen kommen das ganze Schuljahr hindurch Kinder in die Klasse, die neu in Deutschland angekommen sind. Zum anderen verlassen Kinder die Klassen, wenn sie aus den Erstaufnahmeeinrichtungen ausziehen oder in Regelklassen aufgenommen werden.
Weiterhin gebe es keine klaren, einheitlichen Vorgaben, welche Kompetenzen die Kinder vorweisen müssen, um in Regelklassen überzugehen. Meist entscheiden die Lehrkr?fte in Abstimmung mit der Schulleitung über die Kriterien für die Einstufung; ein h?ufiger Nachweis über die F?higkeiten geschieht in Form eines selbst erstellten Tests. Das Fehlen verbindlicher Regelungen bedeutet für Eltern und Kinder allerdings, dass sie auf die Entscheidungen der Lehrkr?fte angewiesen sind.
Ein weiteres Ergebnis der Studie betrifft die Zusammensetzung des Lehrk?rpers von ?Willkommensklassen“: Meistens unterrichten Personen aus dem regul?ren Kollegium, die sich für diese Aufgabe entschieden haben oder von der Schulleitung bestimmt wurden. In den untersuchten F?llen hatten die Lehrkr?fte jedoch oft keine Ausbildung für das Unterrichten von ?Deutsch als Zweitsprache“ (DaZ). Als Ausgleich stellten die Schulen Lehrkr?fte mit DaZ-Ausbildung oder entsprechenden Lehrerfahrungen ein, allerdings schlechter bezahlt und oft nur befristet. Dennoch sch?tzten sich fast alle befragten Lehrkr?fte als hoch motiviert, empathisch und engagiert ein, bem?ngeln allerdings die personelle Unterstützung, etwa durch fehlende oder nicht zufriedenstellende Vertretungsregelungen.
Im Vergleich zu den ?Willkommensklassen“ standen integrierte Klassen in der Studie vor weniger organisatorischen Herausforderungen: Bei Schulen, die zugezogene Kinder in altersentsprechende Regelklassen eingliedern, leiten ausgebildeten Grundschullehrkr?fte den regul?ren Unterricht. Unterstützung erhalten sie von DaZ-geschulten Lehrerinnen und Lehrern, die zus?tzlich t?glichen Deutschunterricht geben. Der festgelegte Curriculum und Fachunterricht gilt für zugezogene wie nicht-zugezogene Kinder gleicherma?en. Der ?bergang in Regelklassen erfolgt dann, wenn kein zus?tzlicher Deutschunterricht mehr notwendig ist. Die direkte Eingliederung der zugewanderten Kinder und Jugendlichen in Regelklassen kann zudem m?glichen Stigmatisierungen und Kulturalisierungen entgegenwirken und zu ihrem Ansehen als Teil der Schülerschaft beitragen.
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