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?Wir müssen wachsam sein“

Prof. Helen Cowie spricht über Aspekte der Fremdenfeindlichkeit und - freundlichkeit im Nachklang des Brexit-Referendums
Helen Cowie

Professor Helen Cowie
Abbildung: Grant Pritchard

Professor Cowie, die Brexit-Kampagne spaltete die Gesellschaft und das Brexit-Votum offenbarte ein geteiltes Land. Wo sehen Sie Mobbing und Cyber-Bullying in diesem Zusammenhang?

Helen Cowie: Mobbing und Cyber-Bullying entstehen, wenn es ein Ungleichgewicht im Machtverh?ltnis zwischen Individuen oder Gruppen gibt, oder wo bestimmte Menschen als angreifbar wahrgenommen werden. Bullys nutzen diese Situation und missbrauchen ihre Macht über andere durch Verhaltensformen, die darauf abzielen, dass sich die Opfer unwohl, nicht willkommen, wertlos und gef?hrdet fühlen. Das Wissen, das im Laufe der Jahre über den Umgang mit Mobbing in Schulen oder am Arbeitsplatz gesammelt wurde, kann meiner Ansicht nach eingesetzt werden, um diesem negativen Verhalten entgegenzuwirken. Es gibt Wege, Mobbing-Opfer zu verteidigen und Ans?tze, wie zum Beispiel den T?ter-Opfer-Ausgleich, die dazu beitragen, das Klima bestimmter gesellschaftlicher Kontexte zu ver?ndern und Alternativen zu Gewalt und Missbrauch aufzeigen.

Gerade die jüngere Generation war überwiegend für einen Verbleib in der EU und reagierte ver?rgert auf das Ergebnis des Referendums. Wie sehen Sie diese Generationenkluft und wie k?nnen Jugendliche auf der Suche nach ihrem Weg und ihrer Stimme in einem Brexit-Britain unterstützt werden?

Es ist fatal, dass die Regierung das Wahlalter im Fall des Referendums nicht senkte, da es die jüngere Generation ist, die die meisten Konsequenzen eines Austritts aus der EU schultern wird. Ein geteiltes Gro?britannien hat sich nach dem Brexit-Referendum definitiv abgezeichnet. Allerdings h?ngt das nicht nur mit der Altersfrage zusammen. Junge Menschen sind nicht die einzigen, die sich über das Ergebnis ?rgern. Aus meiner Sicht w?re es falsch, jüngere und ?ltere Menschen zu polarisieren. Gleichzeitig ist es wichtig, junge Menschen zu bef?higen, eine Stimme zu finden. Ich war beunruhigt über die Apathie einiger Jugendlicher in letzter Zeit, die sich von politischen Prozessen ausgegrenzt fühlen. Diese Form der moralischen Abkoppelung wird der jüngeren Generation nicht helfen.

Was brauchen Jugendliche, um sich nicht abzukapseln??

Sie brauchen beispielsweise die Erfahrung einer Wiedergutmachungspraxis in Alltagskonflikten und die M?glichkeit, an Systemen gegenseitiger Unterstützung und Konfliktl?sung im allt?glichen Umfeld teilzunehmen. Es ist jetzt wichtiger denn je, dass junge Menschen eine aktive Rolle im post-Brexit-Britain spielen.

Seit der Abstimmung hat Gro?britannien einen Anstieg der Meldungen rassistisch motivierter Gewalt und eine erh?hte anti-ausl?ndische Stimmung erlebt. Was hat Xenophilie, also Fremdenfreundlichkeit, mit dem Brexit zu tun?

Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gab es in Gro?britannien bereits, aber sie wurden durch das Referendum intensiver und es war, als ob das Ergebnis den Menschen erlaubte, ihre Vorurteile gegen Minderheiten auszudrücken. Seitdem? gibt es einen schockierenden Anstieg von fremdenfeindlichen Anschl?gen, die oft auf Menschen aus Osteuropa abzielen. Gleichzeitig w?re es falsch zu denken, dass alle Briten fremdenfeindlich sind. Viele begrü?en den positiven Beitrag, den Menschen aus anderen europ?ischen L?ndern leisten. Xenophilie hat viele Formen und wir sollten nicht vergessen, dass es viele Solidarit?tserkl?rungen für europ?ische Arbeiter und Europ?er im Vereinigten K?nigreich gab, wie beispielsweise zu Ehren des jungen Mannes, der in Harlow ermordet wurde und Spenden für diejenigen, deren Grundstücke mutwillig besch?digt wurden. Wir k?nnen nicht leugnen, dass es im heutigen Gro?britannien eine Spannung zwischen Xenophobie und Xenophilie gibt. Wir müssen wachsam sein und sachkundig in unserem Kampf um Gerechtigkeit und Menschlichkeit in unserer Gesellschaft.

Das Interview führte Johanna Zinecker, M.A.
?bersetzung: Jessica Fischer

?ber Helen Cowie

Helen Cowie ist emeritierte Professorin für Health and Social Care an der University of Surrey und Research Supervisor für die Regent’s University. Sie forscht über die ?Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, insbesondere über die F?rderung von emotionaler Kompetenz und Wohlbefinden, und besch?ftigt sich mit Mobbing an Schulen und im? Internet, und zu m?glichen Gegenstrategien.

Der Vortrag ?Brexit – Xenophobia or Xenophilia“ findet in der Ringvorlesung ?The Future of the UK / Die Zukunft Gro?britanniens“ am Donnerstag, den 23.01.2017, um 18:00 s.t. am Gro?britannienzentrum in der Mohrenstrasse 60, 10117 Berlin, statt.

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Catherine Smith
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