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Nektar-Evolution: Quantit?t geht vor Qualit?t

Wissenschaftler der HU entdecken einen Mechanismus, der nicht-rationales Verhalten erkl?ren k?nnte

Nektar-Evolution: Quantit?t geht vor Qualit?t
Abbildung: MerlinTuttle.org

Haben wir die Wahl zwischen zwei Optionen, w?hlen wir in der Regel die bessere. Entscheiden wir uns hingegen für die schlechtere, scheinen die Entscheidungsmechanismen in unserem Gehirn fehlerhaft, und man spricht von nicht-rationalem Verhalten. Prof. Dr. York Winter und Dr. Vladislav Nachev vom Exzellenzcluster NeuroCure der Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU) konnten gemeinsam mit Kollegen der Universit?ten Bielefeld, Nebraska und Cambridge einen neuen Mechanismus entschlüsseln, der dieses Verhalten verursachen k?nnte. Ihre Ergebnisse stellen sie in der Fachzeitschrift Science vor.

Am Beispiel von Blütenpflanzen und ihren Best?ubern konnten die Forscher zeigen, dass das Wahlverhalten der Blütenbesucher einen Evolutionsprozess antreibt, der zu qualitativ minderwertigem Nektar führt: Für die Best?uber ist der Zucker im Nektar der Energiebrennstoff fürs ?berleben. Tropische Blüten, die von Kolibris oder Langzungenflederm?usen besucht werden, haben aber nur einen stark verdünnten, fast w?ssrigen Nektar. Er ist also qualitativ nicht sehr hochwertig.

Warum hat sich aber ein Evolutionsprozess hin zu w?ssrigem Nektar ergeben? Um diese Frage zu beantworten, haben die Wissenschaftler eine virtuelle Evolutionssimulation im Regenwald von Costa Rica durchgeführt: Im Freiland installierten sie ein Feld künstlicher Blüten mit je einem Satz virtueller Gene, welche die Nektarsü?e bestimmte. Eine computer?gesteuerte Nektar?mischanlage versorgte die Blüten mit Nektar unterschiedlicher Sü?e. Als n?chstes markierten die Neurobiologen freilebende Langzungenfleder?m?use elektronisch, um deren Besuchsverhalten zu erfassen. Besuche von Blüte zu Blüte z?hlten als Pollenübertragung und führten zur Erzeugung virtueller Samen. Am Ende jeder Nacht bestimmten die Forscher aus einem Haufen virtueller Pflanzensamen per Zufalls?wahl die Generation der n?chsten Nacht.

Es zeigte sich, dass die Tiere Blüten mit verdünntem Nektar bevorzugten und deshalb die entsprechenden Genvarianten h?ufiger vorkamen. Ziel der Studie war, die zugrundeliegenden kognitiven Entscheidungsmechanismen zu erforschen, die zu dieser vermeintlich nicht-rationalen Entscheidung führen.“ Wahlexperimente mit Flederm?usen im Labor zeigten vor allem bei gro?er Konkurrenz eine leicht ?verbogene“ Wahrnehmung: Zwar k?nnen die Tiere mehr Sü?e als st?rkere Intensit?t empfinden, dies wird jedoch zunehmend abgeschw?cht durch die Wahrnehmung der Nektarmenge. Für Winter ist dieser Effekt der Schlüssel zur Erkl?rung des Wahlverhaltens: ?Die Tiere w?gen für ihre Entscheidungen Qualit?t und Quantit?t ab. Bei knappem Angebot bevorzugen sie die Blüten, die mehr Nektarvolumen herstellten, obwohl damit ein Zuckerverlust einhergeht. Weil sie nicht rein rational entscheiden, müssen sie sich jetzt mit verdünntem Nektar begnügen.“

Im Allgemeinen sind diese Ergebnisse auch auf den Menschen übertragbar: ?Das liegt am Weber-Fechnerschen Gesetz der Psychophysik“, erkl?rt Winter. Demnach seien Menschen gef?hrdet, nicht-rational zu entscheiden, wenn sie bei einer Entscheidung mehrere Merkmale gleichzeitig berücksichtigen müssen. ?Dann kann eine Eigenschaft, nach der wir ein besonders gro?es Verlangen haben, uns überm??ig beeinflussen, wenn sie nur wenig angeboten wird. Vielleicht sollten wir beim n?chsten Mal nochmal genau abw?gen, bevor wir beim Smartphone-Kauf die letzte Entscheidung treffen.“

Ver?ffentlichung

“Cognition-mediated evolution of low-quality floral nectars”

von: Vladislav Nachev, Kai Petra Stich, Clemens Winter, Alan Bond, Alan Kamil, York Winter

in: Science (2017), DOI: 10.1126/science.aah4219

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Prof. Dr. York Winter
Exzellenzcluster NeuroCure
Humboldt-Universit?t zu Berlin

Tel.: 030 2093 47940
york.winter@charite.de