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?berraschend flexibel: Wie sich das Genom von Influenzaviren in infizierten Wirtszellen organisiert

Forschern der Humboldt-Universit?t zu Berlin gelang erstmals überraschender Einblick in die Entstehung neuer Grippe-Viren


Links: Schematische Darstellung der Genese von Influenzaviren
in der Wirtszelle. Nach Aufnahme des Virus in die Zelle (Endzytose)
erfolgt die Freisetzung der acht verschiedenen vRNP-Segmente aus
der Virushülle. Die Segmente werden in den Zellkern transportiert.
Hier wird die auf der RNA der vRNPs kodierte Information abgelesen.
Nach mehreren Schritten werden nicht nur neue virale Proteine
gebildet, sondern im Zellkern auch neue vRNP-Segmente.
Die Segmente werden aus dem Kern zur Zellmembran transportiert.
Auf diesem Weg bilden sich Segmentbündel bestehend aus den acht
verschiedenen Segmenten. Die Bündel werden dann in die sich
assemblierenden Viren eingebaut. Nachfolgend schnüren sich die
Viren von der Zelle ab. Rechts: Fluoreszenzmikroskopische Detektion
von zwei der acht unterschiedlichen vRNP-Segmenten in infizierten
humanen Lungenepithelzellen. Die Bilder zeigen zwei Zellen
(Zellkern erscheint dunkel).
Abbildung: Ivan Haralampiev und Andreas Herrmann,
Humboldt-Universit?t)

SARS-CoV-2 bestimmt derzeit weltweit fast alle Bereiche unseres Lebens. Unver?ndert gef?hrlich für den Menschen bleibt jedoch die durch Influenzaviren verursachte Grippe. Insbesondere Unterarten von Influenza-A-Viren k?nnen erneut eine katastrophale Pandemie mit vielen Todesopfern ausl?sen. Eine wesentliche Ursache für dieses Potential ist die Organisation des viralen Genoms.

W?hrend bei SARS-CoV-2 die genetische Information für die Virusproteine auf einem einzigen durchgehenden Segment verschlüsselt ist, sind diese Daten bei Influenza-A-Viren auf acht verschiedenen unabh?ngigen Segmenten verteilt, den viralen Ribonukleoproteinen (vRNPs). Durch neue Kombinationen von Segmenten zweier verschiedener Influenza-A-Viren k?nnen unter geeigneten Bedingungen neue, für den Menschen hochgef?hrliche Viren entstehen.

In jedem Falle muss ein Influenza-A -Virus alle acht Segmente in die Wirtszelle einschleusen, damit sich neue, intakte Viren bilden k?nnen. Frühere Arbeiten lieferten Hinweise auf einen Mechanismus, der sicherstellt, dass jedes sich ausbildende Virus alle acht Segmente erh?lt. Offen blieb bislang aber, ob dieser Mechanismus die Bildung eines vollst?ndigen Segmentbündels durch eine definierte, strenge Reihenfolge beim Zusammenfügen der Segmente gew?hrleistet oder ob diese Segmente auch auf unterschiedlichen Wegen miteinander kombiniert werden k?nnen. ?bertragen auf die Produkte eines bekannten skandinavischen M?belhauses stellte sich also die Frage, ob die Einzelteile eines Schranks (des viralen Genoms) nach einem exakt einzuhaltenden Bauplan zusammenmontiert werden müssen, oder ob diese Einzelteile in unterschiedlicher flexibler Reihenfolge zu einem Ganzen zusammengefügt werden k?nnen.

Die Antwort: Interessanterweise k?nnen sich die Segmente der Influenza-A-Viren im Gegensatz zu den Schrankteilen über verschiedene Wege zu einem intakten Genom (= (dem montierten Schrank) organisieren.

Dies wiesen Ivan Haralampiev und Simon Prisner in ihren erfolgreich abgeschlossenen Doktorarbeiten nach. Diese entstanden in der von Andreas Herrmann geleiteten Arbeitsgruppe ?Molekulare Biophysik‘ am Institut für Biologie der Humboldt-Universit?t zu Berlin in enger Kooperation mit der Arbeitsgruppe ?Influenzaviren und weitere Viren des Respirationstraktes‘ von Thorsten Wolff am Robert-Koch-Institut.

Mit einer neuen Technik und Unterstützung anderer Wissenschaftler im In- und Ausland gelang es erstmalig, alle acht Segmente parallel in infizierten menschlichen Wirtszellen mittels Fluoreszenzmikroskopie sichtbar zu machen.

Diese Flexibilit?t im Aufbau des Genoms ist ein evolution?rer Vorteil, denn sie begünstigt die Ausbildung neuer Virussubtypen, die dann auch Pandemien verursachen k?nnen. Wenn zwei verschiedene Unterarten des Influenza-Virus ein und denselben Wirt infizieren, typischerweise Schweine oder Enten, und sich dabei die Segmente der beiden Viren vermischen, k?nnen neue ?funktionstüchtige‘ Subtypen mit einer neuen Kombination von Segmenten entstehen. Dies w?re so, als würde man aus den Teilen zweier verschiedener Schr?nke einen neuen funktionstüchtigen Schrank zusammenbauen. Eine durch derartige Viren hervorgerufene Infektion kann eine nicht zu bew?ltigende Herausforderung für das Immunsystem des Menschen darstellen.

Mit Hilfe der von den Forschern eingesetzten neuen Technik k?nnten sich neue Strategien zur Virenbek?mpfung ergeben, indem die korrekte Segmentbündelung unterbunden wird.

Publikation

Haralampiev, I., Prisner, S., Nitzan, M., Schade, M., Jolmes, F., Schreiber, M., Loidolt-Krüger, M., Jongen, K., Chamiolo, J., Nilson, N., Winter, F., Friedman, N., Seitz, O., Wolff, T., Herrmann, A. (2020) Selective flexible packaging pathways of the segmented genome of Influenza A Virus. Nature Communications,
doi: 10.1038/s41467-020-18108-1

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Prof. Dr. Andreas Herrmann
Humboldt-Universit?t zu Berlin
Institut für Biologie,?Molekulare Biophysik

andreas.herrmann@rz.hu-berlin.de?
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