Publikation in PNAS: Eine universelle Brille für stochastische Oszillationen
Was haben der menschliche Herzschlag, das Blinken von Glühwürmchen und das Auf und Ab einer Kinderschaukel gemeinsam? Es sind Beispiele spontaner Oszillationen, das hei?t rhythmisch auftretender Vorg?nge. Oszillationen gibt es überall, und sie k?nnen auf den unterschiedlichsten physikalischen, chemischen oder biologischen Mechanismen beruhen. Die meisten Oszillationen sind ?verrauscht“, das hei?t mehr oder weniger irregul?r. Der Herzschlag ist zum Beispiel nicht hundertprozentig regelm??ig; eine Herzratenvariabilit?t von fünf bis zehn Prozent wird gemeinhin als gesund angesehen. Solche stochastischen Oszillationen sind gepr?gt vom Zufall. Ihre theoretische Beschreibung schien daher bisher nur auf einer von Fall-zu-Fall-Basis m?glich.
Interdisziplin?res Team legt Konzept vor
In einem Artikel in der Fachzeitschrift PNAS stellt ein internationales, interdisziplin?res Team aus der Physik, den Neurowissenschaften und der Mathematik ein Konzept einer universellen mathematischen Beschreibung stochastischer Oszillatoren vor. Dieser neue Zugang, der unter ma?geblicher Beteiligung eines HU-Wissenschaftlers entstanden ist, macht es m?glich, Oszillatoren zu vergleichen.? ?Sehr unterschiedliche komplexe Ph?nomene werden durch einfache, aber aussagekr?ftige universelle mathematische Formeln vergleichbar und kategorisier-bar“, sagt der Erstautor der Studie, Alberto Perez-Cervera, Mathematiker an der Universidad Complutense de Madrid.
?Für Satelliten, die die Erde umkreisen, für die Synchronisation von Leuchtk?fern in einem Baum, für Hirnrhythmen, die auftreten, wenn wir einem Gespr?ch folgen – für all diese Formen stochastischer Oszillationen haben wir eine wahrhaft universelle Beschreibung gefunden“, fügt der theoretische Neurowissenschaftler Boris Gutkin von der Ecole Normal Superieure in Paris hinzu.
Der Mathematiker Peter Thomas von der Case Western Reserve University in Cleveland, Ohio, erl?utert: “Moderne erdbebensicher gebaute Hochh?user schwingen im Wind. Zuf?llige Windstr?me verschieben sie, aber ihre mechanischen Eigenschaften ziehen sie in ihre Ausgangslage zurück – wie eine Masse, die an einer Feder h?ngt. Man sollte nicht denken, dass diese Art der Bewegung viel mit einem Uhrpendel oder dem Stromfluss in einem elektrischen Schwingkreis gemein hat – aber unser neuer Formalismus gestattet, diese Ph?nomene zu vergleichen, Apfel-mit-Apfel, sozusagen.“
Kernidee an HU ausgearbeitet
Im Zentrum der Arbeit steht eine mathematische Transformation auf eine neue Variable, die die Beschreibung in schlagender Weise vereinfacht. ?Verrauschte Oszillatoren kann man charakterisieren durch ihre zeitlichen Korrelationen, durch ihre Antwort auf externe St?rungen und durch die Art, wie sie interagieren, wenn sie mit anderen Oszillatoren gekoppelt werden“, erkl?rt der Physiker Benjamin Lindner von der Humboldt-Universit?t zu Berlin, in dessen Arbeitsgruppe die Kernidee ausgearbeitet wurde. ?Wenn wir uns die stochastischen Oszillatoren durch die Brille unserer neuen Variablen ansehen, folgen diese Charakteristiken durchweg sehr einfachen mathematischen Ausdrücken, die zudem alle exakt sind – es ist keine N?herung erforderlich.“
Artikel
"A universal description of stochastic oscillators"
PNAS, Vol. 120, No. 29
DOI: 10.1073/pnas.2303222120
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Prof. Dr. Benjamin Lindner
Institut für Physik