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Gemeinsam klüger: Gro?e Fischschw?rme treffen bessere Entscheidungen

Freilebende Fischgruppen erkennen Gefahren schneller und reagieren treffsicherer, je gr??er sie sind

Berlin, den 31. Juli 2025. Wenn ein Raubvogel angreift, z?hlt für Fische jede Sekunde: abtauchen oder bleiben? Eine falsche Entscheidung kann t?dlich enden – entweder, weil sie zu sp?t kommt oder weil eine Bedrohung f?lschlich als harmloses Ger?usch gewertet wird. Eine Studie von Forschenden des Exzellenzclusters ?Science of Intelligence“ (SCIoI) sowie der Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU) und des Leibniz-Instituts für Gew?sser?kologie und Binnenfischerei (IGB) zeigt nun, dass gr??ere Fischschw?rme solche Entscheidungen nicht nur schneller, sondern dass sie auch bessere Entscheidungen treffen k?nnen. Die Ergebnisse, die soeben in der renommierten Fachzeitschrift Science Advances erschienen sind, liefern den bislang ersten unter natürlichen Bedingungen erbrachten Nachweis, dass gro?e Tiergruppen zwei klassische Zielkonflikte überwinden k?nnen: echte Gefahren erkennen, ohne auf jede St?rung zu reagieren und schnelle Entscheidungen treffen, ohne dabei an Genauigkeit zu verlieren.

Blitzschnelle Entscheidungen mit tausenden Beteiligten

Für ihre Studie untersuchten die Verhaltensbiologen Korbinian Pacher vom IGB und Prof. Dr. Jens Krause vom Albrecht Daniel Thaer - Institut für Agrar- und Gartenbauwissenschaften sowie weitere Kollegen von der HU Schw?rme von Schwefelfischen (Poecilia sulphuraria), die in den hei?en, schwefelhaltigen Quellen des Flusses El Azufre im mexikanischen Bundesstaat Tabasco leben. Dort herrschen extreme Bedingungen: Sauerstoffmangel, hohe Temperaturen und Raubv?gel wie Eisv?gel oder Kiskadees, die die Fische regelm??ig jagen. Die kollektive Abwehrstrategie der Schwefelfische ist besonders interessant: Sobald ein Schwarm eine potenzielle Gefahr wahrnimmt, tauchen die Fische synchron ab und erzeugen dabei nach au?en sichtbare Wellenmuster auf der Wasseroberfl?che – wie La-Ola-Wellen. Handelt es sich tats?chlich um einen Angriff, folgt eine Serie weiterer ?Wellen-Tauchg?nge“. Ist der Reiz harmlos, bleibt es bei einem einmaligen Abtauchen. Für die Forschenden war dieses Verhalten ein Glücksfall – denn es erlaubt erstmals einen pr?zisen Blick darauf, wie Tiergruppen Entscheidungen über potenzielle Gefahren treffen.

Gefahr erkennen – im Team

Bei über zweihundert dokumentierten Ereignissen verglichen die Forschenden das Verhalten der Schw?rme bei echten Angriffen und bei harmlosen Vogelüberflügen. Ihr Fokus lag dabei auf dem Kiskadee, einem besonders schwer zu erkennenden R?uber: Statt mit lautem Eintauchen attackiert er im Flug, wobei nur der Schnabel kurz das Wasser berührt, was optisch kaum von harmlosen Bewegungen anderer V?gel zu unterscheiden ist. Das Ergebnis: Gr??ere Schw?rme konnten deutlich besser zwischen realer Gefahr und Fehlalarm unterscheiden. W?hrend die Reaktionen auf echte Bedrohungen mit der Gruppengr??e zunahmen, blieben die Reaktionen auf harmlose Reize konstant. Die Schw?rme wurden also nicht sensibler, sondern pr?ziser. Eine echte Qualit?tssteigerung in der Entscheidungsfindung.

?Wir wissen seit Langem, dass Tiergruppen beeindruckende kollektive Entscheidungen treffen k?nnen“, sagt Studienleiter Korbinian Pacher, Doktorand am IGB. ?Aber theoretische Modelle und Laborexperimente bringen uns bei der Erforschung dieses Ph?nomens nur begrenzt weiter. Uns hat interessiert, ob kollektive Intelligenz auch dort funktioniert, wo sie wirklich z?hlt, n?mlich unter chaotischen, lauten, echten Umweltbedingungen.“

?Kollektives Entscheidungsverhalten unter Bedingungen zu untersuchen, bei denen eine falsche Entscheidung echte Konsequenzen hat, das ist im Labor kaum m?glich, genau deshalb war es so wichtig, mit dieser Frage zurück ins Feld zu gehen“, erg?nzt Jens Krause, ebenfalls Autor der Studie und Professor für die Biologie und ?kologie Fische an der HU sowie Leiter der Abteilung ?Biologie der Fische, Fischerei und Aquakultur“ am IGB.

Nicht nur gr??er, sondern auch klüger

In der Entscheidungstheorie geht man oft von einem Dilemma aus: Wer schnell reagiert, macht mehr Fehler. Wer zu lange z?gert, verpasst die Chance zur Flucht. Doch die Schwefelfisch-Schw?rme wurden nicht nur genauer, sie wurden auch schneller. Je gr??er der Schwarm, desto kürzer die Zeitspanne zwischen dem ersten Abtauchen und der kollektiven Entscheidung zur weiteren Verteidigung. ?In den gr??ten Schw?rmen waren die Erkennungsraten fast perfekt, nahezu 100 Prozent der Kiskadee-Angriffe wurden korrekt identifiziert“, sagt Korbinian Pacher. ?Das w?re für einen Einzelfisch schlicht unm?glich.“

Von Fischschw?rmen zu Menschenmengen

Bisherige Modelle erkl?ren Gruppenentscheidungen oft mit sogenannten Quorum-Regeln: Ein Tier reagiert erst, wenn eine bestimmte Zahl an Artgenossen ebenfalls reagiert. Doch bei Schw?rmen mit zehntausenden oder gar hunderttausenden Fischen ist es unwahrscheinlich, dass jedes Tier alle anderen beobachtet. Stattdessen vermuten die Forschenden einen selbstorganisierten, komplexeren Mechanismus. ?Man kann sich diese Fischschw?rme fast wie ein neuronales Netzwerk vorstellen“, so Pacher. ?Sie k?nnten in einem Zustand operieren, den wir ?Kritikalit?t‘ nennen – ein Zustand, der in gro?en Systemen wie dem Gehirn oder auch Menschenmengen die Informationsverarbeitung optimiert.“ Ein besseres Verst?ndnis solcher Gruppenprozesse k?nnte nicht nur biologische, sondern auch künstliche Systeme inspirieren: von Robotik bis Schwarmintelligenz. Und es hilft, eine der grundlegendsten Fragen der Evolutionsbiologie zu beantworten: Warum leben Tiere überhaupt in Gruppen?

Ein Fenster in die natürliche Intelligenz

Die Studie liefert überzeugende Hinweise darauf, dass Tiergruppen unter realen Bedingungen mehr sind als die Summe ihrer Teile. Indem sie individuelle 金贝棋牌 schnell und pr?zise zusammenführen, zeigen Schw?rme wie die der Schwefel Mollys, wie kollektive Intelligenz in der Natur funktioniert, und sich in Form eines evolution?ren ?berlebensvorteils auszahlt. ?Für mich ist das Faszinierendste, dass wir hier echte kollektive Kognition in freier Wildbahn beobachten konnten“, sagt Pacher. ?Diese Fische l?sen gemeinsam ein verdammt schwieriges Problem – und sie machen das besser, als wir es für m?glich gehalten h?tten.“

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Zum Fachartikel in Science Advances: ?Better and faster decisions by larger fish shoals in the wild“

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Korbinian Pacher
Leibniz-Institut für Gew?sser?kologie und Binnenfischerei (IGB)/Exzellenzcluster Science of Intelligence (SCIoI)
Tel.: 0171 1198774
E-Mail: korbinian.pacher@gmail.com

Prof. Dr. Jens Krause
Leibniz-Institut für Gew?sser?kologie und Binnenfischerei (IGB)/Exzellenzcluster Science of Intelligence (SCIoI)
Tel.: 030 64181 610
E-Mail: jens.krause@igb-berlin.de