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Direkte Demokratie und Importregulierung als Hebel

Eine Studie der Humboldt-Universit?t zeigt am Beispiel der US-Tierschutzpolitik: mehr Freiraum der Mitgliedstaaten in gemeinsamen M?rkten f?rdert fortschrittliche Politik

In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben zahlreiche US-Bundesstaaten weitreichende Tierschutzgesetze implementiert und die K?fighaltung von Legehennen, Sauen und Mastk?lbern verboten. Die Wissenschaftlerin Jasmin Z?llmer von der Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU) hat die wichtigsten Erfolgsfaktoren für diesen ?Wettlauf nach oben“ von Tierschutzstandards in den USA untersucht. In einer qualitativen Vergleichsanalyse (QCA) von 79 Gesetzesinitiativen seit dem Jahr 2000 identifizierte die Wissenschaftlerin zwei zentrale Wege zu h?heren Standards: Volksabstimmungen und die Ausweitung heimischer Regelungen auf Importe. So waren in den USA alle Volksabstimmungen für mehr Tierschutz in den letzten Jahrzehnten erfolgreich und konnten unabh?ngig von politischen Mehrheiten striktere Gesetze direkt durchsetzen.

Ein zweiter zentraler Faktor waren Importregulierungen: Sie stellen sicher, dass strengere Standards auch für Produkte aus anderen US-Bundesstaaten gelten. ?Die M?glichkeit, strengere Standards auch auf Importe im US-Binnenmarkt anzuwenden, ist ein entscheidender Hebel. So bleiben die heimischen Produzenten trotz h?herer Anforderungen wettbewerbsf?hig. Das baut Widerst?nde ab und st?rkt die politische Durchsetzbarkeit ambitionierter Regelungen“, erkl?rt Jasmin Z?llmer.

So hat beispielsweise Kalifornien 2018 unter anderem die Kastenstandhaltung von Sauen verboten - auch für importiertes Fleisch. Staaten wie Iowa, der gr??te Schweineproduzent der USA, müssen sich nun an die kalifornischen Vorgaben halten, um weiterhin Zugang zu dem attraktiven 40 Millionen Einwohner-Markt zu behalten. Importregulierungen k?nnen so auch Auswirkungen auf die Gesetzgebung in anderen Bundesstaaten haben und einen "Wettlauf nach oben” ansto?en.

Binnenmarktregeln in integrierten M?rkten entscheidend für die Politikgestaltung in Mitgliedsstaaten

Innerhalb der Europ?ischen Union w?re eine solche Importregulierung kaum denkbar. Die Warenverkehrsfreiheit wird hier deutlich strikter ausgelegt. Für einzelne EU-Mitgliedstaaten ist es daher weitaus schwieriger, ambitionierte Tierschutzgesetze umzusetzen. Das hatten Jasmin Z?llmer und Professor Harald Grethe vom Albrecht-Thaer-Institut der HU in einer früheren Ver?ffentlichung gezeigt.

Jasmin Z?llmer fasst die Unterschiede der beiden gr??ten Binnenm?rkte zusammen: ?Die USA bieten ihren Bundesstaaten deutlich gr??ere Spielr?ume bei der Politikgestaltung als die EU – das wirkt sich positiv auf die Standards in den einzelnen Staaten aus. W?hrend wir in den Mitgliedsl?ndern der EU aufgrund der strikten Auslegung des freien Warenverkehrs oft eine Art ?Politik-Stillstand‘ erleben – manchmal sogar Deregulierung, weil h?here Standards meist mit einem gro?en Verlust an Wettbewerbsf?higkeit einhergehen – sehen wir in den USA genau das Gegenteil: Die M?glichkeit, denselben Standard auch auf Importe anzuwenden, tr?gt ma?geblich dazu bei, dass Standards überhaupt erst angehoben werden.“

Zu der Autorin

Jasmin Z?llmer ist Doktorandin in der Gruppe Internationaler Agrarhandel und Entwicklung des Daniel Thaer-Instituts für Agrar- und Gartenbauwissenschaften der Humboldt-Universit?t zu Berlin. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf der Politikgestaltung in integrierten M?rkten, insbesondere auf der europ?ischen Integration, dem freien Warenverkehr und seinen Auswirkungen auf die Handlungsf?higkeit der Mitgliedsl?nder. Vergleichend forscht Z?llmer zum gemeinsamen Markt der USA. Jasmin Z?llmer verwendet in ihrer Forschung verschiedene Methoden, darunter vergleichende Politikfeldanalyse, Eliten-Interviews, Diskursanalyse sowie Qualitative Comparative Analysis (QCA). Von 2020 bis 2024 war Jasmin Z?llmer Mitglied der Tierschutzkommission beim Bundesministerium für Ern?hrung und Landwirtschaft.

Weitere 金贝棋牌

Z?llmer, J. (2025). Race to the top of farm animal welfare policies in US states: What can explain the new development? A qualitative comparative analysis. Journal of Comparative Policy Analysis: Research and Practice, 1–19

Z?llmer, J., Grethe, H. (2024). Enabling free movement but restricting domestic policy space? The price of mutual recognition European Policy Analysis, 1–32., in “European Policy Analysis”

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Jasmin Z?llmer
Daniel Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbauwissenschaften der Humboldt-Universit?t zu Berlin

Tel.: +49 176 884 71854
jasmin.zoellmer@hu-berlin.de