Wie die Intensit?t der Mimikry und Empathie zusammenh?ngen
Wer mit dem Dissertationspreis Adlershof ausgezeichnet wird, entscheidet sich erst nach einem Vortrag vor Laienpublikum: Wer konnte seine Forschung am anschaulichsten, am lebendigsten, am fesselndsten den Laien vermitteln? Auf der Veranstaltung im Februar trat Hanna Drimalla neben zwei anderen Anw?rtern auf den Preis an. Auf die verst?ndliche Darstellung von Forschungsergebnissen war sie da l?ngst gut vorbereitet: W?hrend ihres Studiums hatte sie jahrelang wissenschaftsjournalistisch gearbeitet. ?Ich finde Wissenschaftskommunikation extrem wichtig“, sagt die 33-J?hrige, ?gerade in Zeiten von Fake News und Populismus. Man sollte m?glichst früh anfangen, Forschung zu vermitteln, Zusammenh?nge verst?ndlich zu machen und Chancen und Risiken bedacht zu erkl?ren. Dann h?tten wir vielleicht auch weniger absurde Diskussionen mit Klimawandelleugnern oder Impfgegnern.“ Gerade im Bereich der Künstlichen Intelligenz, in dem sie forscht, gebe es ?viel Hype und viele ?ngste und Sorgen.“
Hanna Drimalla ist Psychologin und Informatikerin. W?hrend ihres Informatik-Studiums hatte sie früh bemerkt, dass es viele M?glichkeiten gibt, Methoden der Informatik für die Psychologie zu nutzen. ?Das wird aber noch erstaunlich wenig gemacht“, sagt sie. In ihrer Dissertation hat sie die beiden Bereiche miteinander verknüpft: Mensch und Maschine. Ihre Doktorarbeit hat sie am Institut für Psychologie der Humboldt-Universit?t verfasst. Sie erforscht darin, wie die Intensit?t der Mimikry, also der Nachahmung eines Gesichtsausdrucks, und Empathie zusammenh?ngen. Fühlen Menschen, die Trauer, Freude oder Verzweiflung anderer nachahmen, auch st?rker mit ihnen? Und umgekehrt: Spiegeln diejenigen, die mehr mitempfinden, das auch intensiver in ihrem Gesichtsausdruck wider?
Welchen Gesichtsausdruck zeigen Menschen in einer Unterhaltung?
In ihren Studien konnte sie einen Zusammenhang nachweisen: ?Menschen, die den Gesichtsausdruck stark nachahmen, fühlen st?rker mit dieser Person mit und sind auch besser im Emotionenerkennen.“ Dazu hat Hanna Drimalla die Muskelaktivit?t der Probanden gemessen und computerbasierte Verfahren eingesetzt: Sie hat die Menschen gefilmt und dann den Gesichtsausdruck automatisiert analysieren lassen. Das hat sie auch bei Menschen im Autismusspektrum gemacht, die h?ufig Schwierigkeiten im Emotionenerkennen haben. ?Wir haben festgestellt: Diese Menschen zeigen auch eine andere Mimikry. Wir haben sie dann aufgefordert, bewusst Mimikry zu machen, um zu sehen, ob ihnen das beim Emotionenerkennen helfen k?nnte. Aber das war nicht der Fall, es war eher st?rend.“
Im Rahmen ihrer Promotion hat die Wissenschaftlerin zwei Tests entwickelt. Der eine misst, wie gut jemand Emotionen erkennen kann, der andere misst das Interaktionsverhalten. Sie hat untersucht: Welchen Gesichtsausdruck zeigen Menschen in einer Unterhaltung? Wie ist ihr Blickverhalten? Wie klingt ihre Stimme? ?Das haben wir dann computerbasiert analysiert, und daran konnten wir bei der Mehrheit der Teilnehmer feststellen, ob sie im Autismusspektrum sind oder nicht. Was mich dabei überrascht hat: Die Genauigkeit der Computer war vergleichbar mit der von Psychotherapeuten, die sich die Videos angeschaut haben.“ Hanna Drimalla will mit diesem Verfahren den Prozess der Autismus-Diagnostik, der sehr komplex ist und viel Expertise erfordert, st?rker standardisieren und leichter zug?nglich machen. ?Natürlich ersetzt so ein Test kein mehrstündiges diagnostisches Gespr?ch“, meint die Wissenschaftlerin, ?aber er kann ein hilfreiches Werkzeug sein.“
Obwohl die Herangehensweisen der beiden Disziplinen Psychologie und Informatik sehr unterschiedlich sind, k?nne es gelingen, gemeinsame Projekte zu stemmen. ?Es hat sehr viel Spa? gemacht. Psychologische Ph?nomene genauer, und standardisiert automatisch messen zu k?nnen und sie dadurch besser zu verstehen, fand ich extrem spannend.“ Aktuell arbeitet Hanna Drimalla als Postdoktorandin am Digital Health Center des Hasso-Plattner Instituts der Universit?t Potsdam, ihr Schwerpunkt ist Digital Mental Health. Die Methoden ihrer Promotion entwickelt sie dort weiter, um psychische Risikofaktoren wie Stress und Einsamkeit besser automatisch erkennen zu k?nnen.
Autorin: Vera G?rgen