Angeln, um zu essen: Elf Prozent der weltweit konsumierten Sü?wasserfische aus Freizeitfischerei
Angeln mit Rute und Rolle ist weit mehr als eine Freizeitbesch?ftigung: In vielen Regionen der Welt leistet es einen wichtigen Beitrag zur eigenen Ern?hrung mit Fisch. Das zeigt ein internationales Forschungsteam, darunter Robert Arlinghaus, Professor für Integratives Fischereimanagement am Leibniz-Institut für Gew?sser?kologie (IGB) und der Humboldt-Universit?t zu Berlin. In der in Nature Food erschienen Studie sch?tzt das Forschungsteam, dass weltweit mehr als elf Prozent der j?hrlich gemeldeten F?nge in der Binnenfischerei durch die Freizeitfischerei in Seen und Flüssen realisiert werden. Aufgrund des Klimawandels und anderer negativer Gew?sserentwicklungen sinkt in vielen Regionen die fischereiliche Ertragsf?higkeit von bedeutenden Sü?wasserfischarten wie Forelle und Lachs, was negative Auswirkungen für die Nahrungsversorgung aus Binnengew?ssern hat.
?Wir haben die ern?hrungsphysiologische und marktwirtschaftliche Bedeutung des Fischkonsums aus der Freizeitfischerei in 81 L?ndern abgesch?tzt und widerlegen die g?ngige Annahme, dass die Freizeitfischerei weltweit nur eine geringe Rolle für die Ern?hrung der Bev?lkerung spielt. Selbst gefangener Fisch hat einen wichtigen Beitrag zur Selbstversorgung mit Proteinen und Mikron?hrstoffen“, sagt Prof. Robert Arlinghaus von der Humboldt-Universit?t zu Berlin und dem Leibniz-Institut für Gew?sser?kologie und Binnenfischerei (IGB), Mitautor der Studie.
Weltweit werden elf Prozent der Sü?wasserfische in der Angelfischerei gefangen
Rund 280 Millionen Freizeitanglerinnen und -angler entnehmen j?hrlich mehr als 1,3 Millionen Tonnen Fisch aus Binnengew?ssern. Damit tr?gt die Freizeitfischerei erheblich zum Gesamtfang der Binnenfischerei weltweit bei – genauer gesagt werden 11,3 Prozent der offiziell gemeldeten 11,5 Millionen Tonnen Sü?wasserfische in der Freizeitfischerei gefangen. In den globalen Fischfangstatistiken tauchen diese Zahlen allerdings nicht auf, da die Freizeitfischerei dort nicht erfasst wird. Dabei ist das Hobbyangeln heute in allen Industriel?ndern die dominierende Form der Binnenfischerei. Allein in Deutschland entnehmen Anglerinnen und Angler etwa zehnmal mehr Fisch aus Binnengew?ssern als die Berufsfischerei. Mehr als drei Millionen Personen, die w?hrend der Freizeit auf Fischfang gehen, gibt es hierzulande. In der EU angelt jeder Zehnte in der Bev?lkerung.
In Deutschland wird viel selbst gefangener Fisch verzehrt
Nach L?ndern betrachtet, konsumieren Kanada, Polen und Argentinien pro Angler*in am meisten Fisch aus Binnengew?ssern. Auch Deutschland ist mit Platz sechs unter den Top Ten. ?Dass Deutschland so weit vorne liegt, h?ngt zum einen mit der Beliebtheit des Hobbys zusammen. Zum anderen ist in Deutschland die Verwertung der gefangenen Fische vorgeschrieben. Das bedeutet, dass viele Anglerinnen und Angler auch angeln, um den selbst gefangenen Fisch zu verzehren“, erkl?rt Robert Arlinghaus.
Weltweit sind forellenartige Fische wie Bachforelle, Saibling und Lachs und auch Barsche, Zander oder Hechte bei Angler*innen beliebt. In Europa und insbesondere in Deutschland kommen Karpfen und andere karpfenartige Fische (sogenannte Cypriniden), Aale sowie Welse als beliebte Speisefische hinzu. Mit etwa gleichen Anteilen dominieren in Deutschland die Forellen- und Karpfenartigen den anglerischen Fangertrag. Aber auch die Barschartigen wie Zander sind zum Essen beliebt.
Beitrag von selbst gefangenem Fisch zu einer gesunden Ern?hrung
Untersucht wurde auch die Bedeutung der Freizeitfischerei für die Selbstversorgung mit wichtigen N?hrstoffen. Ein wichtiger Faktor ist Vitamin B12, ein essentieller Mikron?hrstoff, der in Fischen reichlich vorkommt und für die menschliche Gesundheit wichtig ist, unter anderem für die Knochen, die Bildung roter Blutk?rperchen und die Nervenfunktion. ?Der ern?hrungsphysiologische Nutzen von geangeltem Fisch h?ngt stark von der Fischart und der entnommenen Menge ab, was wir in unseren Berechnungen berücksichtigt haben“, ordnet Robert Arlinghaus die Ergebnisse ein. Generell ist der ern?hrungsphysiologische Beitrag von selbst gefangenem Fisch am gesellschaftlichen Gesamtfischverzehr in ?sterreich, Wei?russland, Argentinien, Belgien und Polen besonders hoch. Beim Vitamin B12 profitierten vor allem Angler*innen in Kanada und Bangladesch, da diese Personen nicht genügend Vitamin B12 über andere Fische und Meeresfrüchte aufnehmen.
Gesamtkonsumwert geangelter Fische liegt bei rund 10 Milliarden US-Dollar pro Jahr
Die Forschenden ermittelten auch den Gesamtkonsumwert von Sü?wasserfischen, die durch Freizeitfischerei gefangen werden, auf der Grundlage vergleichbarer Angebote zu lokalen Marktpreisen. Dieser betrug weltweit 9,95 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Kanada (2,74 Milliarden US-Dollar), China (2,57 Milliarden US-Dollar) und die Vereinigten Staaten (2,38 Milliarden US-Dollar) lagen an der Spitze. In sieben weiteren L?ndern, darunter Deutschland, lag der Marktwert der geangelten Fische bei über 100 Millionen US-Dollar pro Jahr. ?Das best?tigt unsere früheren Studien für Deutschland, wonach die Freizeitfischerei hierzulande ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist. Die soziale, wirtschaftliche und psychologische Bedeutung des Angelns geht aber über den Marktwert deutlich hinaus. In Deutschland werden über 50.000 Arbeitspl?tze vom Angeln unterhalten“, sagt Robert Arlinghaus.
In diesen L?ndern ist die Freizeitfischerei durch den Klimawandel bedroht
Auch die Freizeitfischerei steht vor den Herausforderungen des Klimawandels: Je nach Fischart und klimatischen Bedingungen wird die Anpassung unterschiedlich gut gelingen. Die Forscherinnen und Forscher identifizierten Island, Neuseeland, D?nemark und Kenia als die L?nder mit der h?chsten Klimasensitivit?t der in der Freizeitfischerei konsumierten Fischarten. Berücksichtigt man zus?tzlich, in welchen L?ndern besonders viele Fische von Angler*innen konsumiert werden, zeigt sich, dass neben Kanada auch einige europ?ische L?nder, darunter Deutschland, zu den besonders anf?lligen L?ndern geh?ren. Neben dem Klimawandel haben auch andere Umweltver?nderungen, wie zum Beispiel der Gew?sseraus- und verbau, negative Auswirkungen auf den Fischertrag.
Management von Binnengew?ssern sollte auch Ern?hrungsaspekte berücksichtigen
?Der Ern?hrungsaspekt der Freizeitfischerei sollte st?rker in das Management von Binnengew?ssern einbezogen werden sollte. Klima, Landnutzung, Wassernutzung, die Fragmentierung von Flusseinzugsgebieten und andere gro?r?umige Einflüsse ver?ndern die fischereiliche Nutzbarkeit und die Qualit?t der Freizeitfischerei. Die Folgen abnehmender Fischbest?nde und ihr Einfluss auf die Ern?hrung sollten bei Entscheidungen im Gew?ssermanagement berücksichtigt werden, denn selbst gefangener Fisch geh?rt zu den nachhaltigsten tierischen Nahrungsmitteln überhaupt“, schlie?t Robert Arlinghaus.
Das Autorenteam weist darauf hin, dass weitere Daten erforderlich sind, um die Unsicherheiten in den vorgelegten globalen Sch?tzungen zu verringern und weitere Zusammenh?nge zu untersuchen. Beispiele sind m?gliche negative gesundheitliche Auswirkungen des Fischkonsums, wie das Risiko der Aufnahme von Schadstoffen durch selbst gefangenen Fisch.
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Zum Artikel in der Zeitschrift Nature
DOI 10.1038/s43016-024-00961-8.
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Prof. Dr. Robert Arlinghaus
Leibniz-Institut für Gew?sser?kologie und Binnenfischerei (IGB), Institut für Nutzpflanzen- und Tierwissenschaften der Humboldt-Universit?t zu Berlin, Integrative Institute on Transformations of Human-Environment Systems (IRI THESys)