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Der Weg in die Freiheit von Forschung und Lehre

Sabine Kunst ist seit fünf Jahren Pr?sidentin der Humboldt-Universit?t. Vor 30 Jahren pendelte die Wissenschaftlerin und Hochschullehrerin zwischen Hannover, Berlin und Hamburg und sammelte Einblicke und Einsichten in die Ver?nderungsprozesse in der ostdeutschen Wissenschaft.

Sabine Kunst

Prof. Dr.-Ing. Dr. Sabine Kunst, Foto: Matthias Heyde

Der 3. Oktober und die Wiedervereinigung Deutschlands sind für die Humboldt-Universit?t zu Berlin von ganz besonderer Bedeutung. Unsere Universit?t hat im Verlauf ihrer über 200j?hrigen Geschichte viele historische Wendepunkte erlebt. Zu den glücklicheren aber auch zu den herausforderndsten geh?ren die politische Wende in der DDR und die deutsche Wiedervereinigung.

In Artikel 38 des Einigungsvertrages wurde der Auftrag zur Schaffung einer gesamtdeutschen Forschungs- und Entwicklungslandschaft beschrieben. Das Ziel: ein Wissenschaftssystem auf dem Niveau der 金贝棋牌n und au?eruniversit?ren Einrichtungen des alten Bundesgebietes. Damit waren Richtung und Rahmen beschrieben und diese Setzungen hatten Folgen und Konsequenzen auch für die DDR-Vorzeigeuniversit?t im Herzen Berlins.

Der Wissenschaftsrat hatte damals im Juli 1990 zw?lf Empfehlungen verabschiedet, die eine wichtige Basis für die Ausgestaltung des ostdeutschen Wissenschaftssystems waren. Daraufhin erfanden sich im Grunde genommen alle ostdeutschen Universit?ten neu. Es kam auch zu Wiedergründungen wie in Erfurt oder zu Neugründungen wie in Brandenburg. Einen viel versprechenden Neuanfang nahmen die Fachhochschulen, denen – anders als in Westdeutschland – Forschung gesetzlich als Auftrag zugewiesen wurde. Transformativ wirkten auch die vielen neuen au?eruniversit?ren Institute der Max-Planck- oder der Fraunhofer-Gesellschaft, der Helmholtz- und der Leibniz-Gemeinschaft. Die Institute der Akademie der Wissenschaften der DDR wurden geschlossen oder gingen in den Strukturen auf.

Ich war in dieser Zeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Bundesumweltamtes viel im Dreieck Hannover, Berlin und Hamburg unterwegs und hatte intensive 金贝棋牌e zu Wasserwirtschaftlern insbesondere in Dresden und Magdeburg. Auch nach 1990 gab es viele kollegiale Beratungen zu Praktikern der Wasserversorgung und -entsorgung in den neuen Bundesl?ndern. Mir ist bis heute eine gro?e Bewunderung für das gro?e Engagement, das mutige Improvisationstalent und die ungeheuren Fortschritte der ostdeutschen 金贝棋牌n erhalten geblieben. Unvergessen sind aber auch die ?ngste und die Entt?uschungen, die den Ver?nderungsprozess in den wissenschaftlichen Einrichtungen begleiteten. Bis heute bedaure ich, dass viele au?erordentlich originelle und einzigartige Ideen und Ans?tze nicht weiter geführt und verfolgt wurden und eben keinen Platz im System der gesamtdeutschen Wissenschaftslandschaft gefunden haben.

Melange aus ?ngsten und Euphorie

Die Ereignisse an der Humboldt habe ich damals mehr oder weniger aus der Ferne mitverfolgt. Immer wieder mal waren sie Gegenstand von Gespr?chen zwischen Fachkolleginnen und -kollegen, aber natürlich auch in den Medien.

In Erinnerung geblieben sind diese wichtigen Monate und Jahre wohl den meisten als eine Zeit von Aufbruch und Abschied. Als eine atemlose Zeit, in der in wenigen Monaten und mit unglaublichem Engagement neue Strukturen aufgebaut wurden. Eine Zeit der Demokratisierung und Aufkl?rung. Aber auch eine konfrontative Zeit, in der vieles lediglich in einer Schwarz-Wei?-Debatte, in der facettenlosen Gegenüberstellung von Gut und B?se betrachtet wurde. Mit wenig Platz für Differenzierung und h?ssliche Debatten, die Wunden schlugen, die bis heute nicht verheilt sind. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die pers?nliche und fachliche ?berprüfung des gesamten Personals Anfang der 90er Jahre. Beides führte zu einer gravierenden Ver?nderung der Personalstruktur und eben auch zu einem schmerzlichen Personalabbau. Diese Evaluationsprozesse führten viele Humboldtiannerinnen und Humboldtianer in eine neue Zukunft, aber für viele andere bedeuteten sie das Ende der wissenschaftlichen Laufbahn oder den Wechsel in andere Bereiche.

In den folgenden Jahren hat sich die Universit?t trotz aller Schwierigkeiten, die die Transformationsprozesse mit sich brachten, zu einer Universit?t entwickelt, die national und international einen ausgezeichneten Ruf hat. Hervorragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Ost und West, dem In- und Ausland tragen dazu bei. Insgesamt hat die Wiedervereinigung der Humboldt-Universit?t zu einem enormen Sprung ihrer Forschungskraft und der Qualit?t ihrer Lehrangebote geführt. Daran hatte alles, was neue Netzwerke erm?glichte, einen gro?en Anteil, zum Beispiel die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). Durch Tagungen und Reisen, die die DFG finanzierte, wurden Netzwerke, 金贝棋牌e und Austausch zwischen Forscherinnen und Forschern in Ost- und Westdeutschland gef?rdert. Das führte schnell zu Forschungskooperationen, die die Innovationskraft unserer Universit?t enorm bereichern.

Wandel und Ver?nderung

Seit 15 Jahren lebe und arbeite ich nun in Brandenburg und Berlin und seit nahezu fünf Jahren als Pr?sidentin dieser Universit?t. Auch heute befinden wir uns im Wandel. Wie sollte es anders sein an einer so herausragenden St?tte von Forschung und Lehre wie der Humboldt. Die Art und Weise, wie Wandel und Ver?nderung hier gelebt werden, hat hier immer noch den Willen zum Aufbruch wie vor 30 Jahren. An der Humboldt-Universit?t ist Stillstand für Forschung und Lehre nicht akzeptabel. Damals wie heute w?chst und lebt diese Universit?t in der Ver?nderung. Sie ist bereit dazu und geht die n?tigen Schritte, um sich neu zu orientieren.

Sabine Kunst

Pr?sidentin der Humboldt-Universit?t zu Berlin

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