Presseportal

Bollwerk im Kampf gegen Viren – neues bakterielles Immunsystem entschlüsselt

Internationales Forschungsteam beschreibt erstmals die Struktur und Funktionsweise des Zorya-Systems, eines hochspezialisierten antiviralen Schutzmechanismus von Bakterien
Alternativtext

3-D-Modell des bakteriellen Viren-Abwehrsystems Zorya
Foto: Frederick J.O. Martin/ Universit?t Kopenhagen

Bakterien werden ununterbrochen von Viren infiziert, sogenannten Phagen, die die Bakterien als Wirtszellen nutzen. Doch im Laufe der Evolution haben Bakterien eine Vielzahl von Strategien entwickelt, um sich vor diesen Attacken zu schützen. Viele dieser bakteriellen Immunit?tssysteme sind schon lange bekannt. Prof. Dr. Marc Erhardt und Prof. Dr. Philipp Popp, beide vom Institut für Biologie der Humboldt-Universit?t zu Berlin, haben nun gemeinsam mit? Kolleg*innen in D?nemark und Neuseeland und weiteren Kooperationspartnern die Struktur und Funktionsweise eines neuartigen bakteriellen Abwehrsystems gegen Phagen entschlüsselt. Es war ursprünglich 2018 von einer israelischen Forschungsgruppe entdeckt und nach Zorya, einer Figur in der slawischen Mythologie benannt worden. Die Forschungsergebnisse wurden nun in der renommierten Fachzeitschrift Nature ver?ffentlicht.

Das Zorya-System erkennt Phagenangriffe und aktiviert eine frühzeitige und pr?zise Abwehr, die das Virus unsch?dlich macht, ohne dass die Wirtszelle abstirbt. ?Zorya ist wie ein Frühwarnsystem mit einem Schutzschild. Es erkennt die ersten Anzeichen eines Angriffs und reagiert blitzschnell, um den Eindringling abzuwehren“, erkl?rt Prof. Marc Erhardt, Leiter der Arbeitsgruppe Molekulare Mikrobiologie an der Humboldt-Universit?t zu Berlin und einer der Hauptautoren der Studie.

Molekulares Bollwerk gegen Phagen

Die Untersuchung des Zorya-Systems anhand modernster Methoden wie Kryo-Elektronen- und Fluoreszenzmikroskopie zeigt, dass es aus einem einzigartigen molekularen Motor und mehreren spezialisierten Komponenten besteht. Dieser Motor erkennt frühzeitig Ver?nderungen in der Zellhülle, die durch eindringende Phagen verursacht werden, und l?st eine Abfolge von Schutzreaktionen aus. Durch diesen bisher unbekannten Mechanismus kann die Bakterienzelle die Phagen-DNA gezielt abbauen, so dass das Virus sich nicht in der Wirtszelle vermehren kann. Das ist bemerkenswert, denn in der Regel verhindern Bakterien die Vermehrung der Phagen, indem sie den Zelltod einleiten, sich also selbst ?opfern“. ?Die Entschlüsselung des Zorya-Systems war wie das ?ffnen einer Schatztruhe“, sagt Erhardt. ?Man entdeckt immer wieder neue Facetten dieses molekularen Meisterwerks.“

Um die Struktur der Protein-Komplexe zu analysieren wurden Proben mithilfe der Kryo-Elektronenmikroskopie innerhalb von Sekundenbruchteilen auf sehr niedrige Temperaturen bis zu -260 °C heruntergekühlt. Diese Schockgefrierung verhindert die Bildung von Eiskristallen, so dass Moleküle in ihrer natürlichen Form erhalten bleiben. Die Fluoreszenzmikroskopie wiederum erm?glichte den Einblick in die Interaktion der Virenpartikel mit den Bakterienzellen.

Neue M?glichkeiten für biotechnologische Anwendungen

Die Entschlüsselung dieses Viren-Abwehrsystems hat weitreichende Implikationen: Sie tr?gt einerseits dazu bei, die Mechanismen der Phagen-Bakterien-Interaktion besser zu verstehen. Andererseits er?ffnen die Erkenntnisse neue M?glichkeiten für biotechnologische Anwendungen. ?Das Zorya-System k?nnte als Grundlage für die Entwicklung innovativer Werkzeuge dienen, um gezielt genetisches Material zu manipulieren oder um neuartige Therapien gegen bakterielle Infektionen zu entwickeln“, erg?nzt Prof. Philipp Popp, Gastprofessor am Institut für Biologie und Mitautor der Studie. Auch die Entwicklung der mit dem Nobelpreis ausgezeichneten CRISPR-Cas-Methode für die Genom-Editierung geht auf ein in den 2000er Jahren entdecktes Immunit?tssystem von Bakterien zum Schutz vor Viren zurück. Die vorliegende Arbeit ist für Philipp Popp auch ein Beispiel für die Sch?nheit der molekularen Biologie: ?Es ist faszinierend zu sehen, welche eleganten ?berlebensstrategien Bakterien entwickeln. Zorya zeigt uns, wie viel wir noch über diese winzigen, aber unglaublich komplexen Organismen lernen k?nnen.“

?ber die Autoren

Prof. Dr. Marc Erhardt leitet die Arbeitsgruppe Molekulare Mikrobiologie am Institut für Biologie der Humboldt-Universit?t zu Berlin. Seine Forschung konzentriert sich auf die Mechanismen der bakteriellen Fortbewegung und Phagen-Abwehrsysteme. Prof. Dr. Philipp Popp ist Gastprofessor und Gruppenleiter am Institut für Biologie der Humboldt-Universit?t. Er forscht an der Schnittstelle von Mikroskopie und molekularer Mikrobiologie.

Weitere 金贝棋牌

Fachartikel in Nature: ?Structure and mechanism of the Zorya anti-phage defense system“

Foto: 3-D-Modell des bakteriellen Viren-Abwehrsystems Zorya

金贝棋牌

Prof. Dr. Marc Erhardt
Institut für Biologie
Molekulare Mikrobiologie

Tel.: 030 2093-49780
marc.erhardt@hu-berlin.de

Prof. Dr. Philipp Popp
Institut für Biologie
Molekulare Mikrobiologie

Tel.: 030 2093-49693
philipp.popp@hu-berlin.de

?

?