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Proteste gegen Ungleichheit

2. Folge der neuen Reihe ?Globale Proteste“ über die sozialen Unruhen in Chile

In der Reihe ?Globale Proteste“ werden weltweite soziale Unruhen thematisiert. In der zweiten Folge erkl?rt Prof. Dr. Anselm Hager vom Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universit?t zu Berlin die Hintergründe der Protestbewegungen in Chile.

Ausl?ser der sozialen Unruhen in Chile war eine Erh?hung der U-Bahn-Preise. Die Ankündigung zog Anfang Oktober 2019 eine Protestwelle nach sich, die noch Monate sp?ter bis heute andauert. In einem Mitte Dezember vorgelegten Bericht kritisierte die UNO-Menschenrechtskommission exzessiven Einsatz von Gewalt, Folter, Misshandlungen und willkürliche Festnahmen. Hunderte F?lle von Augenverletzungen durch Geschosse der Sicherheitskr?fte wurden dokumentiert.

Im Gegensatz zu L?ndern wie Iran oder ?gypten, wo immer wieder Proteste aufflammen, galt Chile als Musterland. In dem demokratischen Staat seien die Gründe für die Proteste nicht so offensichtlich wie in autorit?ren Regimen, sagt Prof. Dr. Anselm Hager, Juniorprofessor für Internationale Politik am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universit?t. Wie in Iran sei die Fahrpreiserh?hung nur der zündende Funke gewesen. ?Das ist etwas, das alle Menschen direkt wahrnehmen. Somit eignet es sich als Ausl?ser.“ Die eigentlichen Gründe aber seien komplexer. ?Chile ist kaum mit Iran zu vergleichen. Es handelt sich um ein liberales, westlich Regime – ein Land mit einem dreimal h?heren BIP pro Kopf. In so einem Regime scheint es noch schwieriger, die eigentlichen Ursachen der Proteste auszumachen.“

Das Gefühl, nicht geh?rt zu werden

Die Protestierenden in Chile kritisieren unter anderem die Wirtschaftspolitik des Landes, die niedrigen L?hne, Einkommensungleichheit und ein teil-privatisiertes Bildungs- und Gesundheitssystem. Ungleichheit sei ein zentrales Thema, was Menschen in verschiedenen Teilen der Welt auf die Stra?e bringt, sagt Anselm Hager. Gerade für junge Menschen spielten auch die schlechten Aussichten auf dem Arbeitsmarkt eine Rolle – und ebenso das Gefühl, nicht geh?rt zu werden.

Dass sich Jugendliche und junge Erwachsene an Protesten beteiligen, ist auch in Hongkong, Iran oder in Deutschland zu beobachten. Denn auch hierzulande wird protestiert. ?Die Proteste in Westeuropa sind organisierter und weniger gewaltt?tig als in Chile und im Iran, aber nichtsdestotrotz gehen Menschen regelm??ig und in gro?en Zahlen auf die Stra?e“, sagt Anselm Hager. Das betrifft Bewegungen wie ?Fridays for Future“, ?Extinction Rebellion“, aber auch AfD- und Anti-AfD-Proteste.

Nicht nur wegen der Gemeinsamkeiten sei es deshalb wichtig, internationale Proteste im Blick zu haben, sagt Anselm Hager. ?Wenn niemand darüber berichtet, haben die Bewegungen keine Chance. Sie leben enorm von der internationalen Aufmerksamkeit.“ Bei den Protesten in Chile wurden über 5000 Verletzte und mehr als 30 Todesf?llen dokumentiert. Dass die Demonstrationen zu tiefgreifenden Ver?nderungen führen wird, scheint sich derzeit nicht abzuzeichnen.

Autorin: Inga Dreyer

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Folge 1: Unzufriedenheit mit dem autorit?ren Regime