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Rückgang der Hechtf?nge um Rügen: Weniger Fische und schwerer zu fangen

Die Bodden um Rügen sind als hervorragende Fangebiete vor allem für gro?e Hechte bekannt. Doch seit einigen Jahren nehmen Hechtf?nge und Fanggr??en ab. Die Gründe dafür sind vielf?ltig. Eine aktuelle Studie des Leibniz-Instituts für Gew?sser?kologie und Binnenfischerei (IGB) und der Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU) zeigt nun, dass auch die Freizeitfischerei Einfluss auf den Boddenhecht hat: In Gebieten mit intensiver Angelfischerei gibt es weniger Hechte als in Schutzgebieten, in denen wenig oder gar nicht geangelt wird. Ein weiterer Effekt: Die Hechte gehen immer schwerer an den Haken, sie werden vorsichtiger.

Der Bestandsrückgang und seine Ursachen

Der Hecht ist einer der gr??ten Raubfische unserer Seen, Flüsse und der inneren Küstengew?sser der Ostsee. In den schwach salzhaltigen Küstengew?ssern um Rügen, den Bodden, wachsen die Tiere besonders schnell und zu L?ngen von über 1,20 Metern heran. Das hat den Boddenhecht gerade unter Angler*innen überregional bekannt gemacht und Rügen zu einem Hotspot des Angeltourismus werden lassen. Die wirtschaftliche Bedeutung der anglerischen Boddenhechtfischerei ist mit einer Bruttowertsch?pfung von über 10 Millionen Euro pro Jahr rund 34-mal h?her als die der Berufsfischerei auf Hecht. ?ber 200 Arbeitspl?tze in der Region h?ngen direkt oder indirekt von den Ausgaben der Hechtangler*innen ab.

?Verschiedene Umweltver?nderungen haben dem Boddenhecht in den letzten Jahren das Leben schwer gemacht: Klimawandel, ?berdüngung und der damit verbundene Verlust von Unterwasserpflanzen als Laichpl?tze und Kinderstuben, der Verlust von Laichpl?tzen in angrenzenden Flüssen und Gr?ben durch Wanderhindernisse infolge des Wassermanagements für die Landwirtschaft sowie die Abkopplung der im Frühjahr überschwemmten Hechtlaichwiesen von den Bodden. Weitere Faktoren sind eine hohe Sterblichkeit von Hechteiern und -larven durch Stichlinge sowie ein starker Fra?druck auf Junghechte und die Beutefische der Hechte durch eine angestiegene Kormoranpopulation. Auch rückl?ufige und sich in ihrer Zusammensetzung ver?ndernden Beutefische sowie die fischereiliche Nutzung spielen eine Rolle“, erkl?rt Fischereiprofessor Dr. Robert Arlinghaus vom IGB und der HU, der von 2019 bis 2023 ein umfangreiches Projekt zum Boddenhecht geleitet hat, in dem auch die aktuelle Studie durchgeführt wurde.

?Sinkende Fangquoten bei Dorsch und Hering – den eigentlichen Brotfischen der gewerblichen Küstenfischerei – haben in den letzten Jahren den Fangdruck durch die Berufsfischerei in den Bodden auf Sü?wasserfische wie den Hecht erh?ht“, erg?nzt der Fischereiwissenschaftler. Aktuell werden von Berufsfischern etwa doppelt so viele Hechte entnommen wie von Freizeitanglern. Das hat die Fischereibeh?rde in Mecklenburg-Vorpommern kürzlich dazu veranlasst, neue Winterlagerregelungen als Sofortma?nahme zu erlassen, um den Boddenhechtbestand zu schonen.

Die Rolle der Angelfischerei

Doch welchen Einfluss hat die Freizeitfischerei auf die Hechtbest?nde? Um diese Frage zu untersuchen, wurde in drei Boddenbereichen jeweils ein Schutzgebiet mit geringem oder fehlendem Zugang für Angler*innen mit einem offenen Vergleichsgebiet mit intensiver Angelfischerei verglichen. Die Forscher beprobten die Hechte mit standardisierten Angelmethoden und Stellnetzen, um einerseits die Bestandsgr??en zwischen den Gebieten zu vergleichen und andererseits die Angelbarkeit der Hechte zu untersuchen. ?Die Fangraten in den Schutzgebieten waren durchschnittlich drei- bis viermal so hoch wie in den Vergleichsgebieten. Auch kapitale Hechte kamen in den Schutzgebieten h?ufiger vor. Dies deutet darauf hin, dass auch die Angelfischerei Einfluss auf den Hechtbestand der Boddengew?sser hat beziehungsweise auch früher schon hatte“, erkl?rt Phillip Roser, ehemaliger Masterstudent und Erstautor der Fachpublikation in der Zeitschrift Fisheries Management and Ecology.

Aber nicht nur die Angelfischerei kann die unterschiedlichen Fangzahlen in Schutzgebieten und ungeschützten Gebieten erkl?ren. ?Es ist denkbar, dass ein Teil der Fangunterschiede auf gebietsspezifische Effekte der Berufsfischerei oder auf unterschiedliche Lebensraumqualit?ten zurückzuführen ist, auch wenn wir in der Studie darauf geachtet haben, Studiengebiete auszuw?hlen, die sich im Pflanzenbewuchs, Salzgehalt oder der Wassertiefe m?glichst nicht unterscheiden“, erl?utert der Biostatistiker und Fisch?kologe Dr. Johannes Radinger, Koautor der Studie.

Hechte gehen deutlich schlechter an die Angel

Ein weiterer Faktor, der zu den reduzierten Fangraten in den Angelrevieren beitr?gt, ist das ver?nderte Bei?verhalten der Hechte. Robert Arlinghaus: ?Viele der von Anglerinnen und Anglern gefangenen Boddenhechte werden nach dem Fang wieder freigelassen, sie haben also die Erfahrung, dass von Kunstk?dern oder Booten Gefahr ausgeht. Zudem werden systematisch besonders leicht zu fangende Hechte entnommen, was durch Selektion und genetische Anpassung zu einer H?ufung von Eigenschaften wie geringer Aggressivit?t und geringerer Schwimmaktivit?t in der Population führen kann. Beide Effekte – Lernen und Auslese – k?nnen die Bei?motivation der neu heranwachsenden, beziehungsweise der erfahrenen Hechte reduzieren.“ Das erlernte oder genetisch bedingte Vermeidungsverhalten der von Angler*innen stark befischten Hechte konnte die Forschergruppe nun in den Bodden nachweisen: ?Von den Hechten, die sich für den Kunstk?der interessierten, bissen in Schutzgebieten ohne Angelfischerei ein deutlich h?herer Anteil tats?chlich an, w?hrend Hechte in beangelten Gebieten h?ufiger nach einer Begutachtung des K?ders abdrehten. Zudem l?sten sich Hechte aus in der Vergangenheit intensiv beangelten Gebieten nach einem Biss h?ufiger vom Haken, was für ein vorsichtigeres Anbei?verhalten spricht“, ordnet Phillip Roser die Studienergebnisse ein.

?Etwa ein Drittel der Unterschiede der F?nge beim probeweisen Vergleichsangeln zwischen Schutzgebiet und Nichtschutzgebiet l?sst sich auf ein vermindertes Anbei?verhalten zurückführen“, erg?nzt Phillip Roser, der heute beim Landesfischereiverband Bayern arbeitet. ?Ein solches Vermeidungsverhalten kann helfen, den Hechtbestand zu sichern. Anglerinnen und Angler hingegen müssen sich bei der Wahl der Angeltechnik anpassen. Und wir Forscherinnen und Forscher nehmen mit, dass schlechtere F?nge mit der Angel nur zum Teil den tats?chlichen Zustand der Hechtbest?nde widerspiegeln“, stellt Robert Arlinghaus fest.

Die Ergebnisse dieser und früherer Studien des IGB zum Boddenhecht unterstreichen die Notwendigkeit einer verbesserten Bewirtschaftung des Hechts in den Boddengew?ssern. ?Wünschenswert w?re es, m?glichst vielen der unter Druck geratenen Boddenhechte die M?glichkeit zu geben, sich zu vermehren und zu einer stattlichen Gr??e heranzuwachsen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Berufs- und Angelfischerei auch in der Zukunft von guten F?ngen und hoher Ertragsf?higkeit an den Bodden profitieren k?nnen", betont Robert Arlinghaus.

Boddenhecht

?bergeordnetes Ziel des Projektes BODDENHECHT war es, den Hecht in den Boddengew?ssern Mecklenburg-Vorpommerns besser zu verstehen und in Zukunft besser zu f?rdern. Das wissenschaftliche Team von BODDENHECHT erarbeitete in umfangreichen Freilandexperimenten und über Umfragen neue Erkenntnisse zum Hecht und zur Hechtfischerei. Darüber hinaus brachte das Projekt alle Interessensgruppen auf Augenh?he ins Gespr?ch, um gemeinsam Wege zu finden, die Hechtbest?nde für Berufsfischerei, Angelfischerei und Tourismus langfristig zu erhalten und zu entwickeln. Das Projekt wurde aus Mitteln des EMFF der EU und des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern gef?rdert. Die Laufzeit war vom 01.01.2019 bis 30.08.2023. www.boddenhecht-forschung.de

Publikationen

Roser, P., Radinger, J., Feldhege, F., Braun, M., Arlinghaus, R. (2024). Getting scarce and lure shy: impacts of recreational fishing on coastal northern pike (Esox lucius) abundance, size structure and vulnerability to angling. Fisheries Management and Ecology, doi.org/10.1111/fme.12769.

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Zur vollst?ndigen Pressemitteilung des IGB

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