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Ein Wein wie zu Humboldts Zeiten

Christian Ulrichs, Professor für Urbane ?kophysiologie der Pflanzen am Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbauwissenschaften der Humboldt-Universit?t zu Berlin (HU), hat mit seinem Team alte Rebsorten identifiziert, untersucht und kultiviert. Dabei achten die Pflanzenexpert:innen auf Eigenschaften wie Anpassungsf?higkeit der Pflanze und Geschmack. Die Ernte aus dem letzten Jahr wurde bereits gekeltert und in Flaschen gefüllt. Zum ersten Mal ist auch ein rosafarbener Riesling dabei.

Es bleibt abzuwarten, wie der Wein schmecken wird, der aus den kürzlich geernteten Weinreben gewonnen wird. Christian Ulrichs, Professor für Urbane ?kophysiologie der Pflanzen an der Humboldt-Universit?t, ist jedenfalls optimistisch, was die Menge angeht. ?Die diesj?hrige Weinlese war sehr ertragreich und wir erwarten, dass wir etwa 800 Flaschen Riesling produzieren werden.“

Ausgangspunkt für den Anbau alter Rebsorten auf Weinbergen in Sachsen und in der Saale-Unstrut-Region ist ein Forschungsprojekt der Humboldt-Universit?t, das vom Bundeslandwirtschaftsministerium gef?rdert wurde. Ulrichs und seine Mitarbeiter:innen identifizierten alte Rebsorten in diesen beiden Anbaugebieten, um sie zu erhalten und nutzbar zu machen. Zahlreiche ?Kulturreben verschwanden im 19. Jahrhundert , berichtet der Biologe. Ursache dafür sei die Reblaus, ein Sch?dling, der damals aus Nordamerika nach Europa kam. Fortan wurden die heimischen Sorten auf eine nordamerikanische Art veredelt, die gegen den Sch?dling resistent sind. ?Das ist natürlich ein Kostenfaktor. Deshalb hat man das nur mit den wirtschaftlich bedeutendsten Sorten gemacht“, sagt Ulrichs.

In Zukunft mehr rote Weine in Deutschland

Auf historischen und auf brachliegenden Weinbergen haben Christian Ulrich und sein Team verloren gegangene Sorten entdeckt und biochemisch charakterisiert. ?Mich interessieren Substanzen, die die Pflanze nutzt, um sich an die Umgebung anzupassen“, sagt der Pflanzenbiologe. Das Forschungsteam fand unter anderem Phytoalexine, mit denen sich die Pflanze vor Pilzbefall schützt, sowie zahlreiche phenolische Verbindungen, die die Pflanze vor ?zu starker Sonneneinstrahlung schützen. Im Labor vermehrten sie die alten Sorten, befreiten sie von Viren und pflanzten sie erfolgreich auf einem Versuchsweinberg an. Dadurch konnten sie die genetische Vielfalt der historischen Rebsorten langfristig ?sichern.

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Der ?Humboldt-Wein“. Foto: Stefan Klenke

Wenn die Temperaturen aufgrund des Klimawandels in Zukunft auch in Deutschland steigen, ist der Schutz vor starker Sonneneinstrahlung nützlich. ?Man kann aber nicht behaupten, dass alte Sorten per se angepasster an den Klimawandel sind. Jeder Wein passt sich mehr oder weniger an starke Strahlungsintensit?ten an“, sagt Ulrichs. Alte Sorten tragen jedoch zu einem breiten Genpool bei. Und dieser ?ist eine wertvolle Ressource für zukünftigen Züchtungsbemühungen. Bei einer langfristigen Ver?nderung des Klimas werde man wahrscheinlich auf Sorten aus w?rmeren Gegenden zurückgreifen – vor allem rote Trauben, die Anthozyane enthalten, sagt Ulrichs. ?Der rote Farbstoff schützt den Wein vor hohen Strahlungsintensit?ten.“ Wom?glich werden also auch in Deutschland in Zukunft mehr Rotweine angebaut.

Historischer ?Roter Riesling“ neu im Sortiment

Traditionell wurde in n?rdlich gelegenen Weinanbaugebieten wie in der Saale-Unstrut-Region und Sachsen eher auf wei?e Weine gesetzt. Nachdem die HU-Forscher:innen dort erfolgreich alte Sorten gepflanzt haben, werden nun in Kooperation mit einem Winzer aus den historischen Reben zwei verschiedene Weine hergestellt, die im HumboldtStore der Universit?t verkauft werden: Zuerst war der Humboldt-Wein im Angebot, ein sogenannter Mischsatz aus sechs verschiedenen Rebsorten. So habe man es auch schon zu Humboldts Zeiten gemacht, erz?hlt der Biologe. Je nachdem, welche Sorte sich im jeweiligen Jahr durchsetzt, schmecke der Wein anders. ?Im letzten Jahr hatte der Wein seine Ecken und Kanten, in diesem Jahr ist er deutlich leichter und gef?lliger.“

Anfang des Jahres wurde ein weiterer Wein in Flaschen gefüllt: ein historischer ?Roter Riesling“, der den Ursprung unseres heutzutage bekannten Rieslings darstellt. ?Die Sorte fanden wir vom biochemischen Profil und auch vom Geschmack her spannend und so wurden zwei Klone selektiert und vermehrt“, sagt Ulrichs. Diese Klone haben die Forscher:innen beim Bundessortenamt angemeldet. Einen der beiden benannten sie nach Ulrichs Tochter Anna-Luise, der andere hei?t schlicht ?Humboldt-Klon III“.

?Ich finde es toll, im Labor zu stehen. Aber ich freue mich immer, wenn das Ganze in irgendetwas mündet, das ich sehen kann“, sagt Ulrichs. Er hofft, dass der Riesling auch die Aufmerksamkeit von Winzer:innen erregt. ?Es ist sch?n zu sehen, dass es gelungen ist, die historischen Rebsorten wiederzubeleben und sie eine Chance im erneuten Anbau haben und somit das Weinsortiment zu bereichern.“

Autorin: Inga Dreyer

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Forschungsprojekt: Erhaltung genetischer Ressourcen von Vitis vinifera L. durch innovative, nachhaltige Nutzung historischer Sorten in den Weinbaugebieten Saale-Unstrut und Sachsen

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