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Abholzung im südamerikanischen Gran Chaco entzieht traditionellen Bev?lkerungsgruppen die Lebensgrundlage

Internationales Forschungsteam erstellten in einer Studie erstmals eine Karte von den W?ldern des Chaco abh?ngigen Menschen

W?hrend Umweltzerst?rungen durch tropische Entwaldung breite Aufmerksamkeit erfahren, bleiben die sozialen Auswirkungen oft im Verborgenen. Ein Hauptgrund: der Mangel an Daten darüber, wo Menschen in den W?ldern der Tropen und Subtropen leben. Eine in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences ver?ffentlichte Studie zeigt nun, wie diese Bev?lkerungsgruppen und ihre Lebensgrundlagen kartiert werden k?nnen. Erstmals wurden mit Hilfe von Satellitenbildern menschliche Siedlungen innerhalb der W?lder des gesamten südamerikanischen Gran Chaco erfasst. Die Analysen zeigen, dass traditionell riesige Waldgebiete von Menschen genutzt werden. Wo die Landwirtschaft voranschreitet und W?lder gerodet werden, ist ihre Lebensgrundlage bedroht, es kommt zur ?"?kologischen Marginalisierung" traditioneller Bev?lkerungsgruppen.

An nur wenigen Orte auf der Welt werden momentan tropische W?lder so schnell zerst?rt wie im Gran Chaco. Das ist eine Trockenwaldregion im Herzen Südamerikas, dreimal so gro? wie Deutschland. Abgeholzt wird dort vor allem für die Produktion von Rindfleisch und Sojabohnen für internationale M?rkte, auch für Deutschland. Die ?weitreichende Umweltzerst?rung und global relevanten Kohlenstoffemissionen sind wissenschaftlich umfassend dokumentiert worden. Die sozialen Auswirkungen der Rodungen jedoch bleiben oft unklar, obwohl im Chaco eine Vielzahl traditioneller Bev?lkerungsgruppen lebt, unter ihnen auch die letzten v?llig isolierten indigenen V?lker Südamerikas au?erhalb des Amazonasgebiets.

Forscher des Geographischen Instituts der Humboldt-Universit?t zu Berlin sowie Wissenschaftler aus Argentinien, Kanada und den Niederlanden erstellten in einer Studie erstmals eine Karte dieser von den W?ldern des Chaco abh?ngigen Menschen. Mit Hilfe von hochaufl?senden Satellitenbildern digitalisierte das Team die Siedlungen in den W?ldern des Chaco und verfolgte, was mit diesen Siedlungen über die letzten Jahrzehnte geschah. "Wir sch?tzen, dass es 1985 etwa 28.000 Siedlungen gab, die sich fast über die H?lfte der W?lder des Chaco verteilten", erkl?rt Dr. Christian Levers, ehemaliger Postdoktorand an der HU Berlin und jetzt Professor an der VU Amsterdam und Hauptautor der Studie. "Das war ein überraschendes Ergebnis und es zeigt, dass die W?lder des Chaco alles andere als menschenleer sind."

Die von den Forschern kartierten traditionellen Gemeinschaften nutzen die W?lder des Chaco rund um ihre Siedlungen auf vielf?ltige Weise, zum Beispiel für Brenn- und Bauholz, als Viehweide, zur Subsistenzjagd oder zum Sammeln von Honig. Den Forschern zufolge übt die Ausbreitung der industriellen Landwirtschaft enormen Druck auf diese Bev?lkerungsgruppen aus. "Seit 1985 sind mehr als 5.000 Siedlungen verschwunden", erkl?rt Levers. "Aber noch wichtiger ist, dass viele dieser Siedlungen einen Gro?teil der W?lder in ihrer Umgebung verloren haben - W?lder, von denen diese Gemeinschaften abh?ngig sind."

Ein zentrales Ergebnis der Studie ist weiterhin, dass die Entwaldung zu einer zunehmenden ?kologischen Marginalisierung der vom Wald abh?ngigen Bev?lkerungsgruppen führt. "Was wir damit meinen ist, dass die Menschen vor Ort durch die Abholzungen eine massive Erosion ihrer Lebensgrundlage erfahren", erkl?rt Prof. Tobias Kümmerle von der Humboldt-Universit?t Berlin, Koautor der Studie. "Wir konnten erstmals zeigen, dass Siedlungen, die verschwunden sind, oft in landwirtschaftlich gut geeigneten Gebieten lagen. Andererseits finden sich neue oder fortbestehende Siedlungen oft in weniger gut geeigneten Gebieten. Auch das ist eine Form von Marginalisierung," fasst Kümmerle zusammen.

Besonders viele Siedlungen verschwanden dort, wo die Agrarindustrie sich am st?rksten ausbreitete. "Dies zeigt deutlich, wie sich unser Konsum auf die von W?ldern abh?ngigen Menschen auswirkt. Bev?lkerungsgruppen, die besonders vulnerabel und arm sind", erkl?rt Dr. Alfredo Romero-Mu?oz, Forscher am Geographischen Institut der HU und Mitautor der Studie. "Die industrielle Landwirtschaft breitet sich in vielen tropischen Trockenw?ldern weltweit aus, und wir müssen die Auswirkungen dringend ernst nehmen, die dies auf lokale, von W?ldern abh?ngigen Bev?lkerungsgruppen hat,– zus?tzlich zu den schon bekannten negativen Auswirkungen von Entwaldung auf die Artenvielfalt und den Klimawandel." Den Forschern zufolge ist die Kartierung dieser Bev?lkerungsgruppen ein erster und dringend notwendiger Schritt, um sie bei der Landnutzungsplanung und politischen Diskussionen angemessener zu vertreten.

Publikation

Christian Levers, Alfredo Romero-Mu?oz, Matthias Baumann, Teresa De Marzo, Pedro David Fernández, Néstor Ignacio Gasparri, Gregorio I. Gavier-Pizarro, Yann le Polain de Waroux, María Piquer-Rodríguez, Asunción Semper-Pascual, Tobias Kuemmerle (2021):?Agricultural Expansion and the Ecological Marginalization of Forest-Dependent People,?Proceedings of the National Academy of Sciences, Volume 118, ?https://doi.org/10.1073/pnas.2100436118?

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Dr. Christian Levers
Humboldt-Universit?t zu Berlin & Vrije Universiteit Amsterdam

Tel.: +31 (0)20 59 89525?
christian.levers@vu.nl, (Deutsch & Englisch)

Dr. Alfredo Romero-Mu?oz,
Humboldt-Universit?t zu Berlin?

Tel.: +49 30 2093 9372
alfredo.romero@hu-berlin.de,
(Spanisch & Englisch)

Prof. Dr. Tobias Kümmerle,
Humboldt-Universit?t zu Berlin?

Tel.: +49 30 2093 9372
tobias.kuemmerle@hu-berlin.de,
(Deutsch & Englisch)