Benjamin Streim
Humboldt-Preis 2013 für seine Bachelorarbeit
Der Zweck des Wirtschaftens - Elemente einer aristotelischen ?konomie
Getrieben von einem philosophischen Unbehagen an der gegenw?rtig dominierenden ?konomischen Theorie (?Neoklassik“) gehe ich in dieser Arbeit mit Aristoteles auf einen der ersten Denker zurück, der sich im Rahmen einer politischen Theorie mit Fragen der ?konomie besch?ftigt hat. Ziel ist eine philosophische Rückversicherung dessen, was ?konomie eigentlich ist und damit eine systematische Grundlegung zentraler Elemente für eine alternative ?konomische Theorie, die heute von vielen Seiten gefordert wird.
Im ersten Buch seiner Politik trifft Aristoteles die berühmt gewordene Unterscheidung zwischen ?natürlicher“ und ?unnatürlicher“ Erwerbskunst. Diese Unterscheidung aufgreifend arbeite ich den ethischen Kern einer aristotelischen ?konomie heraus, der – entkleidet man ihn von spezifischen, der historisch-sozialen Situation geschuldeten Elementen – systematische Aktualit?t bewahrt. Letztlich ist es die Unterordnung der ?konomie unter die Politik bzw. die Ethik, die Aristoteles die Unterscheidung zwischen ?richtigem“ und ?falschem“ Wirtschaften erlaubt, und die weder an die Existenz von Sklaverei, die für die antike griechische Polis wesentlich war, noch an vormoderne Bedingungen einer ?eingebetteten“ Wirtschaft gebunden ist.
Anhand der ?berlegungen des zeitgen?ssischen Philosophen Friedrich Kambartel zeige ich in einem zweiten Schritt, inwiefern dieser systematische Kern auch unter Vorzeichen einer modernen ?konomie Aktualit?t bewahrt. In seiner Ausrichtung auf das gute Leben als Richtschnur wirtschaftlichen Handelns übernimmt Kambartel die aristotelische Grundintuition, die er anhand der Begriffe ?vernünftige Bedürfnisse“ und ?rationale ?konomie“ ausbuchstabiert. Er erg?nzt Aristoteles allerdings in entscheidender Hinsicht, indem er den Faktor Arbeit und damit überhaupt die Kosten auf der Produktionsseite in die Theorie mit einbezieht.
Die strikte Orientierung am guten Leben des Einzelnen, eine Unterscheidung von richtigem und falschem Wirtschaften aufgrund einer Kritik der faktischen Bedürfnisse und ein Verst?ndnis der ?konomie als praktischer Wissenschaft stellen somit einige Elemente einer aristotelischen ?konomie dar, deren Ausarbeitung eine Alternative zur gegenw?rtigen Wirtschaftstheorie darstellen k?nnte. Sie würde eine Kritik spezifischer Produktionsverh?ltnisse jenseits von makro?konomischen Zielvariablen wie BIP oder Arbeitslosigkeit erm?glichen und damit den normativen Kern der ?konomie Ernst nehmen.