Ha Thi Hoang
Humboldt-Preis für seine Masterarbeit
Chromogranin B Levels are increased at lesions in Experimental Autoimmune Encephalomyelitis
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Zusammenfassung
Chromogranin B (CGB) ist ein Protein, welches im Kalzium (Ca2+)-speichernden Zellorganell, dem endoplasmatischen Retikulum (ER), konzentriert ist und bewirkt durch Interaktion mit dem Inositol-(1,4,5)-trisphosphatrezeptor (InsP3R) einen verst?rkten Ca2+-Ausstrom aus dem ER in das Zytosol. Da Ca2+ einen wichtigen intrazellul?ren Botenstoff (second messenger) darstellt, reguliert dieser physiologische Vorgang eine Vielzahl von zellul?ren Prozessen wie Genexpression, Zelldifferenzierung und – wachstum.
Kürzlich publizierte Studien deuten auf eine ver?nderte CGB-Konzentration im Liquor von Patienten mit Multiple Sklerose (MS). Die MS ist eine verheerende Erkankung des zentralen Nervenssystems (ZNS), welche histopathologisch durch einen ?tiologisch noch ungekl?rten, immunologisch vermittelten Verlust zentralnerv?ser Myelinscheiden charakterisiert ist. Quasi wie die elektrische Isolation eines Kabels gew?hrleisten die Myelinscheiden eine regelrechte Fortleitung von elektrischen Signalen (Akionspotentialen) entlang der Nervenfasern (Axone). Die Demyelinisierung innerhalb entzündlicher MS-L?sionen führt zu einer Verlangsamung oder gar Verlust der axonalen Aktionspotentialfortleitung, wodurch die, oft zun?chst reversiblen Paresen, bei MS-Patienten erkl?rt sind.??
Im Verlauf der Erkrankung kommt es jedoch bei 80% der Patienten zu irreversiblen neurologischen Ausf?llen, deren histopathologisches Korrelat aus einer Sch?digung der Axone selbst mit einhergehender Neurodegeneration besteht. Urs?chlich beruht dies vermutlich auf einer zytosolischen ?berladung der Neuronen mit freiem Ca2+, welche den prorammierten Zelltod (Apoptose) induziert. Bisherige Publikationen deuten auf eine erh?hte Einschleusung extrazellul?rer Ca2+-Ionen durch die demyelinisierte Axonmembran. Apoptose kann aber auch durch eine ?berladung des Zytosols mit Ca2+ aus dem ER induziert werden. Dieser Signalweg blieb bislang im Kontext von MS unerforscht und war thematischer Gegenstand der vorliegenden Arbeit.
In Kenntnis der physiologischen Rolle von CGB sowie dessen ver?nderter Liquorkonzentration in MS wurde die Hypothese gestellt, dass gesteigerte CGB-Konzentrationen zu einer erh?hten InsP3R-vermittelten Ca2+-Ausschleusung und folglich zur Induktion der neuronalen Apoptose in MS führen k?nnten. Als etabliertes MS-Modell wurde das Experimental Autoimmune Encephalomyelitis (EAE)-Mausmodell gew?hlt, welches der MS pathophysiologisch wie klinisch sehr ?hnelt. Ziel der Arbeit war die Identifikation potentieller CGB-Konzentrationsver?nderungen in EAE, deren Korrelation zum klinischen Verlauf sowie deren zellul?re Identit?t.
Unter Verwendung molekularbiologischer, biochemischer und lasermikroskopscher Methoden wurde gezeigt, dass es in EAE zu einer (bis zu 10-fachen) Erh?hung von CGB im ZNS kommt, welche mit dem neurologischen Krankheitsgrad korreliert. Der CGB-Anstieg tritt zeitgleich mit Krankheitsbeginn auf und ist nur in Neuronen und MS-relevanten Immunzellen innerhalb entzündlicher L?sionen detektierbar. In Neuronen ist die CGB-?berladung mit ER-Markerproteinen sowie dem InsP3R co-lokalisiert, sodass eine Interaktion mit letzterem sehr wahrscheinlich ist.
Die vorliegende Arbeit identifiziert CGB als neuen potentiellen Biomarker und Mediator der neuronalen Apoptose in MS. Sie bildet eine deskriptive Ausgangsbasis für neue Wege in der MS-Forschung.
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