Stephan Schlickeiser
Humboldt-Preis für seine Dissertation
Dissertation: ?In vitro und in vivo Charakerisierung tolerogener dendritischer Zellen“
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Zusammenfassung
Dendritische Zellen sind wichtige Entscheidungstr?ger unseres Immunsystems. In peripheren Geweben nehmen zun?chst unreife dendritische Zellen kontinuierlich Antigene auf. Diese werden verdaut und Haupthistokompatibilit?tskomplex (MHC)-Moleküle mit entstandenen Peptidfragmenten beladen. Erfolgt die Antigenaufnahme unter Erkennung von Gefahrensignalen wie bakteriellen Lipopolysacchariden oder Entzündungsmediatoren, wird die Reifung der dendritischen Zellen induziert. Diese erlaubt jetzt das Einwandern in regionale Lymphknoten mit nachfolgender Aktivierung von T-Lymphozyten durch die verst?rkte Pr?sentation von MHC-Peptid-Komplexen auf der dendritischen Zelloberfl?che. Die Reifung der dendritischen Zellen ist also entscheidend für die Initiierung einer vor Krankheitserregern schützenden Immunantwort aber auch von immunpathologischen Prozessen. Dagegen bewirkt die Interaktion mit unreifen dendritischen Zellen eine Tolerierung von Selbst-Antigenen und ungef?hrlichen Fremd-Antigenen. Neuartige Therapieans?tze zielen daher auf die Nutzung unreifer bzw. tolerogener dendritischer Zellen zur Induktion einer spezifischen Toleranz ab, beispielsweise um eine Transplantatabsto?ung zu verhindern. Herk?mmliche Kriterien zur Charakterisierung dendritischer Zellen reichen nicht aus, um eine verl?ssliche Vorhersage über deren F?higkeit zur in vivo Toleranzinduktion zu treffen oder gar den Erfolg dieses Ansatzes garantieren zu k?nnen, wie im ersten Teil der Arbeit anhand eines Mausmodells gezeigt werden konnte.
Der Schwerpunkt der Dissertation lag somit auf dem bisher sehr wenig beachteten Gebiet der Glykobiologie der dendritischen Zellen. Kohlenhydrate erfüllen vielf?ltige Aufgaben im Organismus. Neben ihren Funktionen als Energiespeicher und Grundbaustein von Polymeren, sind sie im Zusammenspiel mit Proteinen wichtige Informationstr?ger. So k?nnen anh?ngende Zuckerketten, sog. Glykane, die Eigenschaften von Glykoproteinen direkt beeinflussen oder als Bindungspartner für zuckerspezifische Rezeptoren fungieren. Glykane k?nnen sich in der Zusammensetzung und Sequenz der verknüpften Zuckerbausteine, ihrer Kettenl?nge und ihrem Verzweigungsgrad unterscheiden. Sie besitzen somit eine au?erordentlich gro?e Strukturdiversit?t. In unserer Arbeitsgruppe wurde bereits gezeigt, dass dendritische Zellen bei Reifung die Genexpression von αMannosidasen ver?ndern, Enzyme die ma?geblich an der Diversifizierung von sog. N-Glykanen beteiligt sind. In dieser Arbeit konnte nun gezeigt werden, dass dendritische Zellen mit verschiedenem Differenzierungs- und Reifegrad tats?chlich anhand der Oberfl?chenexpression bestimmter Zuckerstrukturen unterschieden werden k?nnen.
Mittels verschiedener α-Mannosidase-Inhibitoren konnte dann auf funktioneller Ebene festgestellt werden, dass eine gewisse N-Glykandiversifizierung für die Tumornekrosefaktor-α-vermittelte Aktivierung unreifer dendritischer Zellen essenziell ist. Erstaunlicherweise galt dies weder für die Lipopolysaccharid-induzierte ph?notypische Reifung, noch für die F?higkeit der dendritischen Zellen, in vitro TLymphozyten zu aktivieren oder chemotaktisch ein lymphoides Endothel zu passieren. In einem murinen Transplantationsmodell, das durch eine sehr starke Absto?ungsreaktion gekennzeichnet ist, konnte durch eine pharmakologische α-Mannosidase-Hemmung das Transplantatüberleben signifikant über den Behandlungszeitraum hinaus verl?ngert werden. Zusammengenommen verdeutlichen die Ergebnisse dieser Arbeit das enorme immunmodulatorische Potenzial einer Beeinflussung von glykosylierungsabh?ngigen Prozessen. Deren Aufkl?rung er?ffnet die M?glichkeit zur Entwicklung neuartiger diagnostischer und therapeutischer Strategien.
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