Humboldt-Universit?t zu Berlin

Tim Müller

Radikale Krieger, Krieger und Gelehrte. Linksintellektuelle, amerikanische Geheimdienste und philanthropische Stiftungen im Kalten Krieg

Philosophische Fakult?t I, Institut für Geschichtswissenschaften

Zusammenfassung der Dissertation

Diese Dissertation leistet nicht nur einen innovativen, Ma?st?be setzenden und disziplinübergreifenden Beitrag zur politischen Kulturgeschichte, Wissensgeschichte, Philanthropiegeschichte und Intellektuellengeschichte des Kalten Krieges. Sie untersucht ebenso die Geschichte benachbarter Disziplinen wie der Politikwissenschaften, Soziologie und Philosophie und ist zur Selbstverst?ndigung auch dieser F?cher von Relevanz. Um diesen Zielen gerecht zu werden, entwickelt diese Arbeit ein methodisches Instrumentarium, mit dem sich die komplexe Welt des Kalten Krieges, mit ihrer wechselseitigen transnationalen Durchdringung von Politik, Strategie, Geheimdiensten, Kultur, Wissenschaft und Philanthropie, genauer als bisher erfassen l?sst. In Anknüpfung an neuere Forschungen wird eine neue und differenziertere Deutung eines Zeitalters vorgelegt, dessen politische Grundzüge nicht ohne ihre kulturelle und ideologische Dimension begriffen werden k?nnen.

Diese Dissertation unternimmt konsequent den Versuch, die intellektuelle Welt des Kalten Krieges in Amerika und in ihren transatlantischen Zusammenh?ngen radikal zu historisieren und sie so materiell und konkret wie m?glich als integralen Bestandteil der politischen und gesellschaftlichen Geschichte zu beschreiben. Sie fragt im Kern nach dem Zusammenhang von Wissenschaft und Politik im Kalten Krieg. Sie untersucht symptomatisch eine linksintellektuelle Konstellation und er?ffnet auf diese Weise einen neuen Blick auf Diskurse und Institutionen, die für die politische Kulturgeschichte des Kalten Krieges von zentraler Bedeutung waren und die zugleich, wie diese Arbeit zeigt, zur Vorgeschichte von 1968 geh?ren: die Gegnerforschung im Kalten Krieg und ihr Verh?ltnis zur Totalitarismustheorie; die politische Ideengeschichte - als Medium, in dem die Vergangenheit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges sowie die Gegenwart des Kalten Krieges verarbeitet und verhandelt wurden - und ihr Verh?ltnis zu sozialwissenschaftlichen Diskursen wie der Modernisierungstheorie; die strategischen Institutionen, die im Gegensatz zu konkurrierenden Apparaten und vorherrschenden Weltanschauungen Linksintellektuellen und ihrem abweichenden Expertenwissen Gestaltungsr?ume boten und damit erm?glichten, die Entspannungspolitik vorzubereiten; und schlie?lich das eng damit verbundene System der global agierenden philanthropischen Stiftungen, in diesem Fall der Rockefeller Foundation, die zwischen Politik und Wissenschaft operierten und konventionelles ebenso wie unorthodoxes politisches Wissen f?rderten.

Im Mittelpunkt dieser Studie steht die Diskursgemeinschaft um den Philosophen Herbert Marcuse, Vorbild des studentischen Protests von 1968, und seine amerikanischen Freunde und Kollegen. Diese linksintellektuelle Gruppe erf?hrt eine fundamentale Neudeutung, indem sie erstmals in ihrem historischen Kontext im frühen Kalten Krieg dargestellt wird. Zugleich wird diese Gruppe dazu benutzt, die ideenpolitischen Strukturen des Kalten Krieges auf ungewohnte Weise zu beleuchten. Mit dieser Arbeit wird methodisch wie inhaltlich eine neue Sicht auf das Zeitalter des Kalten Krieges in seinen transnationalen Dimensionen er?ffnet. Diese Dissertation überwindet die in der Intellektuellengeschichte immer noch pr?genden Denkmuster des Kalten Krieges und erschlie?t in einer sorgf?ltigen und auf umfassenden Archivstudien beruhenden Argumentation eine intellektuelle Welt, die vielf?ltiger, innovativer und für die heutige kulturelle Selbstvergewisserung viel relevanter war, als es bislang den Anschein hatte.


Lebenslauf

Studium

1998-2001/2002-2004
Studium der Mittleren und Neueren Geschichte, Alten Geschichte, Philosophie, Jüdischen Studien und des ?ffentlichen Rechts an der Ruprecht-Karls-Universit?t Heidelberg

2001-2002
Graduate student, Department of History, Cornell University, Ithaca, N.Y., USA

Akademische Grade

2004
Magister Artium (M.A.), Mittlere und Neuere Geschichte, Alte Geschichte, Philosophie, Ruprecht-Karls-Universit?t Heidelberg (Note: 1,0 mit Auszeichnung; Gutachter der Magisterarbeit: Prof. Dr. Georg Christoph Berger Waldenegg, Prof. Dr. Volker Sellin)

2009
Promotion, Humboldt-Universit?t zu Berlin (Bewertung: "summa cum laude"; Gutachter der Dissertation: Prof. Dr. Wolfgang Hardtwig, Prof. Dr. Gangolf Hübinger, Prof. Dr. Gabriele Metzler)

Wissenschaftliche Laufbahn

2005-2008
Wissenschaftlicher Mitarbeiter (Drittmittel, DFG), Lehrstuhl für Neuere Geschichte (Prof. Dr. Wolfgang Hardtwig), Humboldt-Universit?t zu Berlin

seit 2008
Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Lehrstuhl für Neuere Geschichte (Prof. Dr. Wolfgang Hardtwig), Humboldt-Universit?t zu Berlin

Wissenschaftliche Funktionen und Mitgliedschaften

Mitglied der Redaktion, Zeitschrift für Ideengeschichte (seit 2007, zuvor Mitglied des Gründungskomitees, 2005-2007)

Mitglied des Verbandes der Historiker und Historikerinnen Deutschlands