Humboldt-Universit?t zu Berlin

Dr. Christoph Sokolowski

Der so genannte Kodifikationenstreit in Japan

Juristische Fakult?t, Fachgruppe Bürgerliches Recht, Zivilprozess- und Insolvenzrecht sowie r?misches Recht

Zusammenfassung der Dissertation

Thema der Arbeit ist der so genannte Kodifikationenstreit (1887-92) im Japan der Meiji-Zeit, der als Geburtsstunde des modernen japanischen Rechtssystems bezeichnet werden kann. Vordergründig drehte sich die Auseinandersetzung um die Frage, ob das In-Kraft-Treten der nach westlichem Vorbild entworfenen zivil- und handelsrechtlichen Gesetzesbücher im Interesse einer grundlegenden ?berarbeitung verschoben werden sollte. Tats?chlich spielte der Widerstand gegen die Einführung des bis dahin in Japan unbekannten subjektiven Rechts die entscheidende Rolle. Die Gesetzesgegner bem?ngelten, dass dieses der einheimischen Moral widerspreche. Zugleich rügten sie die unzureichende Berücksichtigung des einheimischen Gewohnheitsrechts, die ausl?ndische Autorenschaft sowie technische M?ngel bei beiden Kodifikationen. Die Gesetzesbefürworter verwiesen hingegen auf die Bedeutung des schnellen In-Kraft-Tretens der Kodifikationen für die angestrebte Revision der "Ungleichen Vertr?ge", die Japan mit verschiedenen westlichen Staaten in der Vergangenheit abgeschlossen hatte. Wesentliche Bedingung hierfür war eine "Modernisierung", sprich Verwestlichung des japanischen Rechtssystems. Im Ergebnis votierte das japanische Parlament für eine "Verschiebung", die faktisch eine Neuausarbeitung der Gesetze bedeutete. Die Nachfolgegesetze waren ausschlie?lich von Japanern verfasst. Sowohl das Meiji-Zivilgesetz (1898) als auch das Neue Handelsgesetz (1899) orientierten sich an einer Vielzahl ausl?ndischer Vorbilder und waren nicht zuletzt deshalb technisch ausgefeilter und wesentlich moderner. Zugleich respektierten sie aber auch die einheimischen Gebr?uche.

Damit war zwar das subjektive Recht rezipiert, aber noch nicht integriert. Dieser mühevolle Assimilationsprozess vollzog sich erst in den folgenden Jahrzehnten und ist bis heute noch nicht endgültig abgeschlossen.

Der Kodifikationenstreit ist von erheblicher Relevanz für das Verst?ndnis des modernen japanischen Rechts, das zahlreiche westliche Vorbilder und einheimische Vorstellungen zu einem organischen Ganzen verknüpft hat. Au?erdem gew?hrt das Studium dieser historischen Auseinandersetzung einen tiefen Einblick in die geistesgeschichtlichen Unterschiede zwischen dem "Westen" und dem "Osten" und f?rdert so das interkulturelle Verst?ndnis. Schlie?lich lassen sich aus der Analyse der L?sung des Konflikts wertvolle Rückschlüsse für die angestrebte Vereinheitlichung des Zivilrechts in Europa gewinnen. Hier zeigen die nach dem Kodifikationenstreit entstandenen Gesetze, dass ein Kompromiss zwischen unterschiedlichen europ?ischen Rechtssystemen - das englische ausdrücklich mit eingeschlossen! - durchaus m?glich ist.

Lebenslauf

Akademischer Werdegang

Studium der Rechtswissenschaften

1992 - 1994: Universit?t Heidelberg

1994 - 1995: Universit?t Hamburg

1995 - 1999: Humboldt-Universit?t zu Berlin

Abschluss: Erste Juristische Staatsprüfung

Dissertationsverfahren

1999 - 2009
Promotion über das Thema "Der so genannte Kodifikationenstreit in Japan" am Lehrstuhl von Prof. Dr. Christoph G. Paulus, Juristische Fakult?t der Humboldt-Universit?t

2002 - 2003
Forschungsaufenthalt für die Dissertation und erfolgreiche Absolvierung des "One Year Program" (Kultur- und Sprachunterricht) der Ritsumeikan Universit?t in Ky?to, unter der Betreuung von Prof. Dr. Masahisa Deguchi

Vortr?ge

11. September 2009
Vortrag im Max-Planck-Institut für ausl?ndisches und internationales Privatrecht in Hamburg über das Thema "100 Jahre juristischer Austausch mit Japan"

Beruflicher Werdegang

ab 2009
Pressereferent beim Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V. (BLL) in Bonn

1999 - 2009
Fest angestellter Redakteur und Nachrichtensprecher beim H?rfunkdienst der Deutschen Presseagentur (dpa audio & video) in Berlin

1992 - 1999
T?tigkeit als freier Nachrichtenredakteur und -sprecher neben dem Studium bei verschiedenen privaten Radiosendern, u. a. bei Radio Hamburg, Radio Regenbogen (Mannheim), Berliner Rundfunk