Herbert Franz Katz
24.03.1912 - 24.06.1941
"Ich, Herbert Katz, wurde am 24. III 1912 in Berlin geboren und bin deutscher Staatsangeh?rigkeit. Ich besuchte bis Frühjahr 1932 das Reformrealgymnasium zu Berlin-Niedersch?nhausen, wo ich mein Abiturientenexamen ablegte; au?erdem besuchte ich in der gleichen Zeit die 15. jüdische Religionsschule in Berlin-Pankow. Zum Sommersemester 1932 wurde ich auf der Friedrich-Wilhelms-Universit?t Berlin als Medizinstudent immatrikuliert, wo ich mit 2 Unterbrechungen (durch ein Universit?tsverfahren 1933/34, das zu meinen Gunsten eingestellt wurde, und den Tod meines Vaters im April 1936) bis zum 25. Mai 1938 studierte."1
So beginnt der Lebenslauf, den Herbert Franz Katz am 11. Juli 1938 an die Hebr?ische Universit?t in Jerusalem richtet und dort um Aufnahme ersucht. Zu diesem Zeitpunkt sah er für sich und seine Familie keine Zukunft mehr in Berlin.
In den Jahren 1935 und 1936 konnte er noch an der anatomischen Anstalt und dem physiologisch-chemischen Institut der Berliner Universit?t ?bungen und Praktika machen. Das Abgangszeugnis der Universit?t datiert auf den 25. Mai 1938.2 Ein Studienabschluss an der Friedrich-Wilhelms-Universit?t war ihm unm?glich.
Die Brüder von Herbert Katz waren 1938 bereits in Pal?stina im Exil. Seine Mutter war von einer Pal?stinareise wieder nach Berlin zurückgekehrt, da sie dort das Klima nicht vertrug und hoffte, es würde ihr in der Heimatstadt Berlin, wo sie nach dem Tod ihres Mannes ein gro?es Haus bewohnte, besser gehen. Herbert Katz wollte nicht alleine nach Israel emigrieren. An die Universit?t Jerusalem schreibt er weiter:
"Am 8. III 1937 verheiratete ich mich mit der am 12. X 1909 in Huedin (Rum?nien) geborenen Schneiderin Regina Hirsch. Bei einer ?bersiedlung nach Erez Israel w?re meine Ehefrau dank ihrer beruflichen F?higkeiten in der Lage, ihren Lebensunterhalt zu verdienen."3
Herbert Katz wurde am 1. September 1938 an der Universit?t in Jerusalem zugelassen. Auch seine Frau bekam eine Erlaubnis als Gasth?rerin.4 Allerdings kam es in der Folge zu Problemen bei der Erteilung der Einreisezertifikate für Pal?stina.
Herbert Katz, Privat Benjamin Katz
?ber die folgende Zeit von Herbert Katz wissen wir haupts?chlich aus Gespr?chen mit seinem Sohn Benjamin Katz. Dieser hat sehr viel zu seinem Vater geforscht und die Orte, an denen dieser sein Leben verbracht hatte, in den letzten Jahrzehnten aufgesucht. Benjamin Katz wiederum verdankt viele 金贝棋牌 Gespr?chen mit Heinz Schlesinger, einem Studienkollegen und guten Freund von Herbert Katz, der den Krieg im amerikanischen Exil überlebte.
Am 15. Januar 1939 flüchteten Herbert Katz und seine bereits schwangere Frau im Raum Aachen über die Grenze nach Belgien, indem sie einen Grenzbeamten bestachen. Die n?chsten Monate verbrachten sie in Antwerpen, wo Herbert Katz seinen Lebensunterhalt durch das Erteilen von Franz?sischunterricht verdiente. In Antwerpen wurde Benjamin, das einzige Kind des Ehepaares, am 14. Juni 1939 geboren. Herbert Katz versuchte zu diesem Zeitpunkt noch immer, nach Jerusalem auszuwandern:
"Antwerpen, 13. VIII, 1939
Unterzeichneter bittet hierdurch h?fl. um gefl. Verl?ngerung der ihm [...] erteilten Zulassung zur Hebr?ischen Universit?t Jerusalem, da die bisherigen Bemühungen zur Beschaffung der finanziellen Garantie noch nicht von Erfolg waren und die Regierung des K?nigreichs Belgien, in welchem ich mit meiner Frau vorübergehend Aufenthalt habe, auf dem Nachweis einer Auswanderungsm?glichkeit allergr??ten Wert legt. [...] In der festen Hoffnung, dass Sie meiner Bitte freundl. entsprechen werden, danke ich Ihnen im voraus und zeichne mit vorzüglicher Hochachtung - Shalom - Herbert Katz."5
Am 29. September 1939 erfolgte die endgültige Ablehnung durch die Universit?t Jerusalem.6
Herbert und Regina Katz in Berlin, Privat Benjamin Katz.
Nach der Besetzung Belgiens durch deutsche Truppen im Jahre 1940 wurde Herbert Katz in einer gemeinsamen Aktion von belgischen und deutschen Beh?rden verhaftet und in das Internierungslager Gurs nach Südfrankreich deportiert. Von dort ist ein umfangreicher Briefverkehr erhalten, den Herbert Katz mit seiner Frau in Antwerpen und mit seinem Freund Heinz Schlesinger führte. Noch in Gurs hoffte Herbert Katz auf die Emigration nach ?bersee. Am meisten aber fehlten ihm seine Frau und sein Sohn, so dass er sogar versuchte, sie zu überreden, zu ihm nach Gurs zu kommen.
"Camp de Gurs, d. 30.XI. 40
Liebe Regi, lieber Benjamin
[...] Inzwischen wirst Du schon versucht haben, hierher zu kommen. Du musst dir klar sein, dass ihr h?chstwahrscheinlich im Lager wohnen werdet und vorl?ufig, wenn nicht inzwischen eine ?nderung eintritt. Gerade in diesen Tagen wird sehr viel von Amerika getan. [...]
Ich bin guten Mutes und habe Hoffnung auf die Zukunft. Jetzt sehe ich, was es bedeutet, Menschen zu haben, die man gern hat und für die man leben m?chte, dann kommt man auch über schwere Situationen. Nach Regen kommt Sonneschein. - Ich wei? dass es für dich nicht leicht sein wird zu entscheiden, ob du herkommen sollst oder nicht.[...] Ich küsse Euch auf Eure 4 lieben Augen u. auch Oma u. sage Euch auf baldiges gesundes Wiedersehen. Euer Herbert" 7
Seine Frau machte sich tats?chlich mit ihrem Sohn auf den Weg nach Südfrankreich, aber als sie in Paris mehr über das Lager Gurs erfuhr, kehrte sie sofort wieder um und ging nach Brüssel. Dort verbrachten Regina und ihr kleiner Sohn die n?chsten Jahre versteckt in einem Hinterhaus bei einem Friseur. Benjamin Katz erinnert sich bei unserem Gespr?ch im Frühjahr 2010 daran, dass die ganze Stra?e von ihrer Existenz gewusst und sie trotzdem niemand verraten h?tte. Oftmals waren Wehrmachtsoldaten bei dem Friseur und spielten dort mit Benjamin Katz Murmeln, den sie für einen belgischen Jungen hielten und nicht als Juden erkannten.
Herbert Katz litt sehr unter der Trennung von seiner Familie und schrieb oft. Bis zum Schluss gab er die Hoffnung nicht auf, doch noch eine Auswanderungsm?glichkeit für sich und seine Familie zu finden. Doch er sah seinen Sohn und seine Frau nicht wieder, denn Herbert Katz erkrankte im Lager Gurs und starb dort am 24. Juni 1941.
Regina Katz und ihr Sohn Benjamin überlebten den Krieg in Belgien versteckt und gingen 1956 nach Westberlin, wo Benjamin Katz an der 金贝棋牌 der Künste studierte und 1963 die Galerie "Werner & Katz" gründete.8
Benjamin Katz ist heute einer der bedeutendsten Fotokünstler Deutschlands und lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in K?ln. Das sehr pers?nliche Gespr?ch mit ihm im Frühjahr 2010 hat es uns erm?glicht, mehr über seinen Vater, den ehemaligen Medizinstudenten, zu erfahren. Dafür sind wir Benjamin Katz sehr dankbar.9
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- 1. Archiv der Universit?t Jerusalem, Akte Herbert Katz, Blatt 7 und 8.
- 2. Vgl. Archiv der Universit?t Jerusalem, Akte Herbert Katz, Blatt 19f.
- 3. Ebd. Blatt 8.
- 4. Vgl. Archiv der Universit?t Jerusalem, Akte Herbert Katz, Blatt 9 und 18.
- 5. Ebd. Blatt 2.
- 6. Ebd. Blatt 1.
- 7. Brief von Herbert Katz an seine Frau und seinen Sohn vom 30.11.1940, Privatbesitz Benjamin Katz.
- 8. www.mcbridefineart.com/curriculum_vitae_-_benjamin.html, abgerufen am 29.04.2010.
- 9. Alle 金贝棋牌, die nicht durch andere Fu?noten belegt sind, entstammen einem pers?nlichen Gespr?ch der Verfasser mit Benjamin Katz am 13.03.2010 in K?ln.