Unterschiede denken II: Struktur - Ordnung - Kommunikation (Deutsch-Franz?siches Doktorandenkolleg)

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01/2013  – 12/2027
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Description

Das Deutsch-Franz?sische Doktorandenkolleg verfolgt eine Fragestellung, die für Geschichts- und Sozialwissenschaften gleicherma?en relevant ist. Wie in den beiden vorangegangenen Arbeitsphasen bilden die Geschichtswissenschaften den Kern, wobei wiederum die exzeptionelle Breite hervorzuheben ist. Das Kolleg ist dezidiert epochenübergreifend ausgerichtet, Medi?vist/inn/en, Vertreter/innen der historischen Frühneuzeit- und der Neuzeitforschung arbeiten gemeinsam mit Zeithistoriker/inne/n an verbindenden Fragestellungen. Die wichtigste Innovation gegenüber den beiden früheren Arbeitsphasen liegt in der erheblich intensivierten Zusammenarbeit mit Ethnolog/inn/en, Anthropolog/inn/en, Geograph/inn/en, Soziolog/inn/en, Rechtswissenschaftler/inne/n und Politikwissenschaftler/inne/n, w?hrend die bew?hrte Kooperation mit der Kunstgeschichte fortgeführt wird. Besonders von der verst?rkten Einbindung der Sozialwissenschaften versprechen wir uns neue Einsichten in die Gegenst?nde der Fragestellung, vor allem aber auch eine Intensivierung methodologischer Diskussionen. Im Zentrum der Arbeit wird weiterhin Europa stehen, doch werden – eine weitere Innovation des Arbeitsprogramms – die Interaktionen Europas mit der übrigen Welt entsprechend der wachsenden globalen Orientierung in den Geschichts- und Sozialwissenschaften ausdrücklich einen zweiten Schwerpunkt des Kollegs bilden. Dafür wurde das Internationale Geisteswissenschaftliche Kolleg "Arbeit und Lebenslauf in globalgeschichtlicher Perspektive" ("re:work", Leitung: Prof. Dr. Andreas Eckert) an der Humboldt-Universit?t als neuer Partner gewonnen. Unter dem Rubrum "Unterschiede denken" hat sich das Kolleg bislang bereits mit Prozessen der Klassifikation, der Differenzierung und der Konstruktion von Unterschieden besch?ftigt. "Unterschiede denken II" greift dies auf und erweitert die Agenda in zweifacher Hinsicht: Das Kolleg thematisiert zum einen in seiner dritten Phase verst?rkt die Konstruktionen Europas und der europ?ischen Gesellschaften in ihren Wechselbeziehungen zur au?ereurop?ischen Welt, was neue Einsichten in konvergierende oder konkurrierende Vorstellungen von Strukturen, Ordnungen und Kommunikation er?ffnet. Zum anderen verspricht der intensivierte Dialog zwischen Geschichts- und Sozialwissenschaften neue Erkenntnisse hinsichtlich disziplin?rer Traditionen und epistemischer Systeme, die obendrein in deutsche und franz?sische, gegebenenfalls auch andere nationale Referenzsysteme einzuordnen sind. Das von den Antragssteller/inne/n vorgeschlagene Thema entspringt ihrem Wunsch nach einer vertieften interdisziplin?ren Durchdringung der überaus dynamischen und komplexen Wechselwirkungen zwischen Strukturen, Ordnungen und Kommunikation. Diese drei Bereiche sind engstens miteinander verklammert; in ihnen und durch sie werden Unterschiede konstruiert, thematisiert und legitimiert. Solche Unterschiede k?nnen historisch gewachsen sein und auf historische Erfahrungen rekurrieren. Aber sie k?nnen auch in der Verschiedenheit von Wissenschafts- und Fachkulturen, von Wissenschafts- und politischer Sprache, ja bisweilen von Alltagssprache(n) beruhen. Und immer werden Unterschiede gedacht in der Auseinandersetzung mit dem Eigenen und dem Anderen, dem Fremden. Das kann, wie im Falle Frankreichs und Deutschlands, die jeweils andere Gesellschaft am anderen Ufer des Rheins sein. Es k?nnen aber auch die ganz Fremden sein, denen man bei der Erschlie?ung kolonialer R?ume, auf ethnologischen Expeditionen oder touristischen Unternehmungen begegnet. Die Erfahrung solcher Begegnungen wiederum wirkt auf das Denken über Unterschiede zurück, begründet neue Leitdifferenzen, ver?ndert zugleich aber auch die Konstruktionsmodalit?ten von Unterschieden überhaupt. Ein Beispiel: Deutsche und Franzosen m?gen anders über ihre nationalen Unterschiede denken, seit beide Gesellschaften die Erfahrung islamischer Zuwanderung machen. Religi?s-konfessionell-kulturell bestimmte Differenzierungssysteme überlagern politisch-historische. Es hie?e, die besondere intellektuelle Attraktivit?t des Kollegs preiszugeben, würde man in der dritten Arbeitsphase eine grundlegende epistemische und methodische Neuorientierung vollziehen. Der bew?hrte und in der deutsch-franz?sischen Forschungslandschaft weithin positiv beachtete Ansatz des Kollegs, von (sozial- und kulturwissenschaftlich) objektivierten gesellschaftlichen Strukturen auszugehen, dies aber immer zusammenzubringen mit der Erforschung von Repr?sentationen, wird auch für die dritte Arbeitsphase verbindlich sein. Repr?sentationen sind dabei zu verstehen als Kategorien der Wahrnehmung, der Deutung und der Klassifikation, mit denen Menschen der Welt begegnen und in denen sie Welt deuten und in ihr handeln. Die besondere Sensibilit?t für die Bedeutung und die Analyse von Repr?sentationen hilft, eine Brücke zu bauen zwischen "objektiven" Tatbest?nden, wie sie beispielsweise die empirische Sozialforschung untersucht, und "subjektiven" Tatbest?nden, denen etwa das besondere Interesse der Ethnologie oder der Geschichtswissenschaften gilt. Beides, "Objektivit?t" und "Subjektivit?t", ist in der ?berzeugung der Antragsteller gar nicht voneinander zu trennen. Gleichwohl bedeutet dies nicht, dass alle Dissertationsprojekte in diesem Kolleg nach einer für alle verbindlichen Methodik zu arbeiten h?tten, im Gegenteil ist ausdrücklich methodische Flexibilit?t und reflektierte Selektivit?t das Ziel. Allen gemeinsam soll jedoch sein, die ?subjektive“ Dimension ihres jeweiligen Themas immer mit zu reflektieren – wie auch die Historizit?t und kulturelle Vorpr?gung ihres disziplin?ren Zugriffs. Das Kolleg befasst sich nicht allein mit Formen, Akteuren und Wandel von Struktur, Ordnung und Kommunikation sowie ihren Interaktionen, sondern macht immer auch die geschichts- und sozialwissenschaftlichen Diskurse selbst zum Gegenstand der Analyse. Dadurch soll allen Beteiligten die Vorpr?gung der jeweils eigenen Kategorienbildung bewusster werden; soll deutlicher werden, dass Kategorien und Klassifikationen von Unterschieden auf spezifische Bedingungen zurückgehen. Auf diese Weise werden diese Kategorien relativiert und historisiert. In diesem Sinne bleibt das Kolleg seinem h?chst bew?hrten reflexiven Forschungsansatz verpflichtet. Die binationale Perspektive auf unterschiedliche historiographische Traditionen wird innovativ erweitert durch die Einbeziehung der Sozialwissenschaften, die einerseits selbst unterschiedlichen nationalen Traditionen folgen, andererseits durch einen kontrastiven Vergleich die Unterschiede zwischen geistes- und sozialwissenschaftlichen (über nationale Grenzen hinweg) Denktraditionen und Kategorienbildungen erkennbar werden lassen. Dadurch werden all jene Selbstverst?ndlichkeiten radikal in Frage gestellt, die allzu h?ufig einem echten interdisziplin?ren Dialog im Wege stehen: die gel?ufigen Abgrenzungen zwischen Disziplinen und Subdisziplinen, zwischen zentralen und eher marginalen Untersuchungsfeldern.