Performativer Dilettantismus: Das Pilotprojekt der belarussischen Literatur (1840-50er Jahre)
Auf einen Blick
Literaturwissenschaft
DFG Eigene Stelle (Sachbeihilfe)
![]()
Projektbeschreibung
In den nordwestlichen Provinzen des Russischen Kaiserreichs entstehen in der Mitte des 19. Jahrhunderts einige translinguale polnisch-wei?russische Texte, in denen ein neuer Diskurs – ?Wei?russland“ – zun?chst utopisch und selbstironisch entworfen wird. Das geplante Forschungsvorhaben soll dieses angeblich rein poetische und unterschwellig politische Pilotprojekt einer Noch-Nicht-Literatur als ein paradoxes literarisches bzw. literatursoziologisches Ph?nomen problematisieren. Zur Erschlie?ung der damit verbundenen Fragestellungen kann, so der zu überprüfende terminologische Vorschlag der Untersuchung, die Kategorie des performativen Dilettantismus entscheidend beitragen, die sowohl diverse Modi des (Amateur?)Schreibens als jene des Lesens impliziert. Schlie?lich handelt es sich in den zu untersuchenden Texten, so die Hypothese meiner Forschungsinitiative, um eine Proklamation des Desiderats und somit um eine performative (An?)Stiftung einer defizit?ren Literatur mit ihren (anzuwerbenden) Schriftstellern und Lesern und nicht zuletzt Leserinnen, denn genau eine gebildete, lesende und künftig Wei?russisch dichtende ?Fr?ulein B?uerin“ avanciert zu einer wichtigen Personifikation der gesuchten Literatur.
Bei den zu untersuchenden postromantischen Spannungen zwischen Performativit?t und (Meta-)Dilettantismus, Modellierungen einer (Noch?Nicht?)Literatur und ihrer Leserschaft werden folgende Problemfelder signifikant:
- Biedermeier und Bluff: Libretto-Lizenz des Dilettantismus
- Operetten-Oralit?t: Inszenierungen der Mündlichkeit und Zweisprachigkeit
- Reproduzierbarkeit zwischen Epigonentum und Idiomatik,
- Inflation?re Idylle: Literarizit?t, Literalit?t, Folklorismus,
- Paratextualit?t als Medium der (Selbst-)Reklamation und Reklame
- Postromantisches ?Ich“ zwischen Anonymit?t und Phantomautorschaft,
- Mu?e und Muse: De/Re-Generierungen defizit?rer (Lese-)Subjektivit?t
- Literarischer Alltag zwischen performativer Leserschaft und Zensur.
Die geplante Untersuchung soll nicht nur einen innovativen Zugang zur Entstehung der im deutschen Forschungsraum unterrepr?sentierten Literatur dieser Region etablieren, sondern nicht zuletzt auch einen über slavistische Belange hinausgehenden Beitrag zur Konzeptualisierung der Kategorie des Dilettantismus leisten, einer Kategorie, deren literaturtheoretisches und -historisches Potenzial in der ?sthetisch interessierten Philologie noch ungenügend herausgearbeitet ist.
Projektleitung
02/2020 - 01/2023
Prof. Dr. Susanne Frank
- Sprach- und literaturwissenschaftliche Fakult?t
- Institut für Slawistik und Hungarologie
02/2020 - 01/2023
Yaraslava Ananka
- Sprach- und literaturwissenschaftliche Fakult?t
- Institut für Slawistik und Hungarologie