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?Die Freiheit zu schreiben, was man will, war bei uns schon immer sehr gro?“

Die UnAuf entstand kurz nach dem Mauerfall. Wie sie sich entwickelt hat, berichtet Luisa Jabs

Die Studierendenzeitung UnAufgefordert feiert in diesem Jahr ihr 30j?hriges Bestehen. Sie schreibt auf ihrer Website, sie sei die erste freie Zeitung der DDR gewesen. Wie ist es dazu gekommen?

Luisa Jabs
Luisa Jabs studiert im Master Geschichtswissenschaften und ist
Vorstandsvorsitzende des Freundeskreises e.V. der UnAuf.
Foto: Matthias Heyde

Luisa Jabs: Die Studierenden waren unzufrieden mit der eingeschr?nkten Presse an der Universit?t. Sie haben sich im Oktober 1989 zusammengefunden und eine unabh?ngige Redaktion gegründet. Es war ein günstiger Zeitpunkt, kurz vor dem Mauerfall. Es gab die DDR noch und die SED war noch an der Macht, aber die Studierenden hatten schon ein Gefühl von gr??erer Freiheit und dass sie etwas bewegen k?nnten. Dann haben sie die Grenz?ffnung genutzt, um die fehlende Drucklizenz zu umgehen. Denn ohne die war es in der DDR unm?glich, etwas zu drucken. Die Studierenden der Humboldt-Universit?t wollten so staatliche Eingriffe auf ihre Zeitung verhindern. In der DDR konnten zuvor nur kleine Publikationen im Verborgenen gedruckt werden, etwa Geheimbl?tter der Umweltbibliothek. Die erste Auflage hie? ?Noch Namenlos“ und hatte sechs Seiten. Weil ihre Gründer gute 金贝棋牌e an die TU in West-Berlin hatten, wurde sie dort am 16. November 1989 auf unverd?chtigem Recyclingpapier gedruckt und in den Osten geschmuggelt. Einen Tag sp?ter ist sie in Ost-Berlin das erste Mal erschienen.

Man k?nnte sagen: Die UnAuf wurde vonden Eltern der heutigen Studierenden gegründet, also einer ganz anderen, st?rker politisierten Studentengeneration mit mehr freier Zeit, lange vor der Digitalisierung. Knüpft die UnAuf noch an die Gründungstradition an?

Jabs:?Unsere 金贝棋牌schwerpunkte sind nach wie vor die gleichen: Es geht um die Studierenden, die HU, um die Str?mungen an der?Universit?t, um Berlin. Sogar die Ost-Anbindung ist erhalten geblieben, wie damals liegt auch heute noch ein Fokus auf?Osteuropa. In dem Sinne hat die UnAuf sich sehr an die Tradition gehalten. Aber sie ist sehr viel umfangreicher geworden und hat neue Formate entwickelt. Für die Zukunft haben wir zum Beispiel geplant, auch reine Online-Kolumnen zu ver?ffentlichen. Natürlich bespielen wir auch Social-Media-Kan?le, es gibt Instagram, Facebook, Twitter. Wir haben die Website aufgehübscht und auf den neuesten technischen Stand gebracht. Das alles h?ngt bei uns aber immer davon ab, wieviel Mu?e die Leute haben, denn es wird ja keiner dafür bezahlt. Sie entwickeln bei uns immer viele gute Ideen. Aber manchmal fehlt der?Schritt zur Umsetzung, weil sich dann doch keiner findet.

Die meisten Printmedien haben mit einer schrumpfenden Leserschaft und schwindenden Einnahmen zu k?mpfen. Wie ist das bei einer Studentenzeitung wie der UnAuf?

Jabs:?Die UnAufgefordert wurde bis 2008 vom Studierendenparlament mit Geldern der Studierenden finanziert. Aber als Vertreter aus?Gremien mit dem unabh?ngigen Journalismus der UnAuf nicht l?nger einverstanden waren, kam es zum Bruch. Die Redaktion?entschied sich damals, die UnAufgefordert auf eigene Fü?e zu stellen und unabh?ngig zu werden. Mit der Hilfe von Alumni der?Universit?t, ehemaligen Redakteuren und F?rderern entstand daraufhin der Verein ?Freundeskreis der UnAufgefordert“. Heute ist?das Kuratorium des Freundeskreises e.V. Herausgeber der UnAuf. So finanziert sich die Zeitung über Mitgliederbeitr?ge, Spenden und Projektf?rderungen sowie Anzeigen, also nicht mehr über das Studierendenparlament. Spannungen zwischen Studierendenrat und UnAufgefordert gibt es aber immer noch. Die hohen Wellen, die unser kritischer Artikel von 2017 geschlagen hat, sind immer noch nicht gegl?ttet (in der Oktoberausgabe 2017 ging es um mangelnde Finanztransparenz bei StuPa und Refrat, d. Red.). Unsere Leserschaft beschr?nkt sich seit kurzem auf die Berliner Universit?ten und die Vereinsmitglieder, nachdem wir den kostenlosen Postversand einstellen mussten. Wie für alle Printmedien ist es auch für die UnAuf schwieriger geworden, überhaupt genügend Anzeigen zu akquirieren. Deshalb haben wir in letzter Zeit auch viel darüber diskutiert, wie wir mit einem neuen Design der Zeitung die Leute ansprechen k?nnen und trotzdem erkennbar bleiben.

Wie geht es in der Redaktion der UnAufgefordert zu?

Jabs: An ihr merke ich immer wieder, wie riesig die Humboldt-Universit?t ist. Die Redaktion ist gro?, auch wenn der harte Kern doch klein ist. Denn es schreiben viele Leute mal etwas und dann wieder lange nichts mehr. Die erste Generation hat sich noch h?ufig und viel engagiert für die UnAuf. Heute machen die Leute das sehr viel mehr neben dem Studium. Da f?llt die UnAuf natürlich wegen Klausuren hinten herunter. Es gibt zwar noch Studierende, die sehr viel Zeit und Mu?e hineinstecken, aber für viele bleibt ihr Engagement doch unverbindlich. Der Zugang zu uns ist sehr einfach – jeder kann kommen und für uns schreiben. Das ?ffnet viele Türen, man kann auf Pressekonferenzen und Pressevorführungen gehen und an Workshops von professionellen Journalisten teilnehmen. Die Freiheit zu schreiben, was man will, war bei uns schon immer sehr gro?. Wenn man sich nicht in einer Studierendenzeitung ausprobieren kann – wo dann?

Die Fragen stelle?Vera G?rgen.

Das Interview ist aus der Oktober-Ausgabe der HUMBOLDT-Zeitung.

?ber die UnAuf

Die?UnAufgefordert,?kurz UnAuf, erscheint sechs mal im Jahr mit einer Auflage von?4.000 Exemplaren. Sie liegt kostenlos aus, unter anderem in Instituten und Fachschaften.?Sie wurde 2005 und 2008 mit dem Pro Campus Presse Award für die beste deutschsprachige Studierendenzeitung ausgezeichnet. 2014 hat sie den zweiten Platz belegt, 2017 erhielt sie den Sonderpreis für den besten Artikel und 2018 für die Ukraine-Ausgabe.

Am 18. November 2019 findet eine Podiumsdiskussion statt, die von ehemaligen UnAuf-Redakteurinnen, die nun mit Correctiv zusammenarbeiten,?gemeinsam mit CouchFM und der FU-Studierendenzeitung ?Furios“ durchgeführt wird.

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